Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
"Das ist der Fluch von unserm edeln Haus: Auf halben Wegen und zu halber Tat mit halben Mitteln zauderhaft zu streben." Was Franz Grillparzer einst über das Haus Habsburg gedichtet hat, scheint auch bei den heute in Österreich Regierenden noch zu stimmen. Der Hang zu durchdachten, nachhaltigen und mutigen Entscheidungen ist derzeit nicht zu sehen (vielleicht weil dieser Mut gerade zwischen Südkorea und Amerika unterwegs ist?). Ebenso gewiss ist freilich: Angesichts der jämmerlichen Performance der Opposition wird das der Regierung nicht schaden.
Dennoch seien die jüngsten Enttäuschungen angemerkt:
In der Liste der halbgaren Entscheidungen steht zweifellos die Erfindung eines "halben Feiertags" am Karfreitag aktuell an der Spitze. Diese Lösung ist absolut unsinnig.
Woran die Tatsache nichts ändert, dass die Karfreitags-Debatte nur durch die absolut überflüssige Einmischung des EU-Gerichtshofs in Österreichs Feiertagsregelungen überhaupt erst notwendig geworden ist. Dieser EuGH hatte Anstoß daran genommen, dass Protestanten, Altkatholiken und Methodisten am Karfreitag arbeitsfrei haben und dadurch gegenüber allen anderen bevorzugt sind, die an diesem Tag arbeiten müssen. Niemand kann aber beantworten, was diese Regelung die EU angeht, ist doch kein anderes Mitgliedsland irgendwie dadurch betroffen.
Daran dass die Regierungs-Lösung als unsinnig bezeichnet werden muss, ändert auch eine weitere Tatsache nichts, nämlich dass die Vorschläge der Linksparteien noch dümmlicher sind (Sie wollten gleich für alle Arbeitnehmer einen ganzen Feiertag mehr).
Die nun von der Regierung vorgeschlagene Lösung ist aber jedenfalls auch selbst unsinnig, weil:
Da hätte es bessere Alternativen gegeben. Beispielsweise hätte man den Angehörigen jeder Religionsgesellschaft den rechtlichen Anspruch geben können, an einem für jede Religion definierten Tag (etwa am Karfreitag oder zu Jom Kippur oder am Tag des katholischen Landespatrons oder für Religionslose an einem bei Jobantritt zu definierenden Tag) einen Urlaubstag nehmen zu können. sind wir doch das Land mit einer der global großzügigsten Urlaubsregelungen. Eventuell hätte man auch den (religiös ja völlig irrelevanten) Pfingstmontag gegen einen zusätzlichen Urlaubstag für alle eintauschen können.
Überhaupt nicht geprüft und diskutiert wurde bisher – wohl aus Feigheit – etwas noch viel Gravierenderes: Wie verhält es sich rechtlich eigentlich mit jenen praktizierenden Muslimen, die ihre Arbeit täglich drei Mal zum Gebet unterbrechen (wollen)? Wenn sie es wirklich tun, summieren sich ihre täglichen Gebetszeiten auf 30 Minuten. In vielen Berufen lässt sich die Arbeit nach dem Dienstschluss aber gar nicht mehr nachholen – etwa weil sie nur im Team erfolgen kann.
Das ergibt dann aber wöchentlich zweieinhalb Stunden – und im Jahr zweieinhalb Wochen. Das macht die Karfreitagsdebatte schon rein zeitlich zu einer unbedeutenden Fußnote. Und das ist angesichts der Tatsache, dass wir schon weit mehr Muslime haben als Angehörige der Karfreitags-Religionen, auch quantitativ ein viel größeres und eben aus der Gleichheitsperspektive nie ausjudiziertes Problem.
Müssten dann nicht alle anderen Religionen gleich zweieinhalb Wochen mehr Urlaub haben? Oder trauen wir uns, das Beharren auf dem täglichen Gebet zumindest dort, wo es den Arbeitsablauf stört, als Entlassungsgrund zu behandeln? Oder wird es bei uns eines Tages so zugehen, wie in Saudiarabien, wo sogar die Kaufhäuser zu den Gebetszeiten unterbrechen müssen?
Ein mindestens ebenso großes und zusätzliches Problem ist der Ramadan. Wenn strenggläubige Moslems einen Monat lang ab Sonnenaufgang nichts mehr essen und auch nichts mehr trinken(!!), dann wird in der zweiten Tageshälfte ihre Leistung extrem problematisch! Vor allem, wenn der Ramadan in den Sommer fällt. Ich bin einmal an einen Taxifahrer geraten, der mich am Abend vom Bahnhof heimgebracht und dabei erzählt hat, dass er seit der Früh nichts konsumiert hat. Ich hätte eigentlich aus Sorge um die eigene Sicherheit angesichts seiner Fahrweise die Fahrt abbrechen müssen - wollte aber auch nicht mit dem Koffer auf offener Straße bleiben.
Weder der EuGH noch die Koalition haben sich all diesen explosiven Themen bisher gestellt. Sie haben sich dafür durch die Karfreitags-Farce lächerlich gemacht.
Verpatzt hat die Regierung auch die Neuregelung der e-Card. Wohl ist es absolut richtig, dass man Sicherungsmaßnahmen dagegen trifft, dass nicht befugte Personen und Ausländer diese Karte benutzen, um von der österreichischen Allgemeinheit bezahlte Gesundheitsleistungen gratis zu konsumieren. Aber dafür bloß Lichtbilder zu verwenden, ist eine Technologie des vorigen Jahrhunderts.
Hat doch sogar die EU jetzt ganz offiziell vorgeschrieben, dass auf Personalausweisen Fingerabdrücke gespeichert werden. Es kann ja in der Tat längst nicht mehr bestritten werden, dass nur solche biometrische Daten Sicherheit in Hinblick auf die Identität einer Person bieten. Mit bloßen Fotos wird man die Schwindeleien nicht substanziell reduzieren können.
Gewiss, diese zwei aktuellen Entscheidungen betreffen nicht die allerwichtigsten Probleme der Nation. Aber sie zeigen, dass Kreativität und Entscheidungsmut selbst bei bloßen technischen Fragen vielfach auch nur das Niveau der rot-schwarzen Jahre haben.
Dasselbe Phänomen zeigt sich aber auch in jenen Bereichen, wo wirklich große Entscheidungen dringend notwendig wären:
Wenigstens rund um die Schule gibt es einige eindeutig positive Maßnahmen, was ausdrücklich anerkannt sei. Da gibt es:
Bei anderen zentralen Anforderungen ist freilich auch im Bildungsbereich der eingangs angesprochene "Fluch" der halben Tat mit halben Mitteln zu konstatieren: