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Wie Gernot Blümel das Internet und die Meinungsfreiheit vertreibt

Es gibt viele Österreicher, denen Meinungsfreiheit eines der allerwichtigsten Anliegen ist, die wissen, wie grundlegend diese für alle anderen Freiheiten ist. Sie alle haben gehofft, dass die schwarz-blaue Regierung wieder ein Stück mehr Meinungsfreiheit ermöglichen wird. Diese ist ja von der rot-schwarzen Koalition durch ein an Orwell erinnerndes Hassverbots-Gesetz massiv eingeschränkt worden. Allein: Diese Hoffnungen zerschlagen sich. Statt mehr frischen Wind der Freiheit zu ermöglichen, bastelt man an noch strengeren Gesetzen zu deren Einschränkung, wie jetzt erstmals offiziell zugegeben worden ist.

Fast hat man den Eindruck, der Medienminister Blümel möchte seinen Namen in eine Reihe mit den Herren Gentz und Metternich bringen, deren Spione einst in vielen Wirtshäusern saßen, um böse Bemerkungen über den Kaiser aufzuschnappen und dann zu verfolgen. Böse Bemerkungen über die Mächtigen (etwa den Kaiser Ferdinand, der – nun ja, sagen wir es höflich: nicht gerade der allerintelligenteste gewesen ist) gab es natürlich auch damals reihenweise.

Diese Zensur des Vormärz – die etwa auch von einem Nestroy scharf thematisiert worden ist – war dann eindeutig kausal für den Ausbruch der Revolution im März 1848 mit ihrem lauten Ruf nach Meinungsfreiheit. Konkret hieß die Forderung damals "Preßfreiheit!", also Freiheit der Druckmedien, der damals noch wichtigsten Kommunikationsform.

Langsam scheint es wieder soweit zu sein. Die erste Stufe der Freiheitsknebelung war ja schon mit dem unter Rot-Schwarz durchgesetzten Verhetzungsparagraphen 283 des Strafgesetzes erreicht worden. Neben (zweifellos strafwürdigen) Aufrufen zur Gewalt wird seither durch diesen Paragraphen auch die Aufstachelung "zu Hass" bestraft.

Freilich weiß kein Mensch, was "Hass" eigentlich genau ist, außer einem Gefühl, das man nicht nachweisen kann. Fast genau so unklar ist das ebenfalls extrem seltsame Wort "aufstacheln". Durch die Bestrafung lauter nebuloser Gummi-Vokabel ist ein solcher Paragraph das ideale Werkzeug für jede Diktatur, ohne Gesetzesänderung jeden Kritiker wegen der Aufstachelung zu "Hass" einsperren zu können. Kann doch "Aufstachelung zu Hass" bei kritischen Äußerungen immer behauptet werden.

Hass-Bestrafung ist ein genauso universal einsetzbares Diktatur-Instrument, wie es etwa in der Türkei der schon gegen hunderttausende Menschen mit schlimmen Folgen erhobene Vorwurf ist, Anhänger des Predigers Gülen zu sein. Als Basis für diesen Vorwurf genügt es schon, Kunde bei einer von Gülen einst (als er noch enger Freund des jetzigen Diktators Erdogan gewesen war) gegründeten Bank gewesen zu sein oder ein Internet-Programm Gülens benutzt zu haben.

Zurück zur ähnlich anmutenden österreichischen Gesetzeslage: Wer zu Hass "aufstachelt", kann zu zwei Jahren Haft verurteilt werden. Wenn dies etwa im Internet erfolgt, sogar zu drei Jahren!

Noch schlimmer: Man wird auch bestraft, wenn man Verbrechen, die ein "internationales" Gericht "festgestellt" hat, leugnet. Damit hat Österreich sogar ausländischen Gerichten eine unglaubliche Macht eingeräumt – es gibt nicht einmal eine Einschränkung, wie diese Gerichte beschaffen sein müssen.

Noch schlimmer: Aussagen, die zu Hass aufstacheln, sind auch dann strafbar, wenn sie wahr sind. "Verhetzung" ist ein lupenreines Meinungsdelikt, das in einem liberalen und demokratischen Rechtsstaat absolut nichts verloren haben sollte (genausowenig wie übrigens ein weiterer Meinungs-Paragraph, die "Herabwürdigung religiöser Lehren", nach dem Menschen von österreichischen Richtern erst unlängst verurteilt worden sind, weil sie den Geschlechtsverkehr des Islam-Gründers Mohammed mit einer Neunjährigen als das bezeichnet haben, was er für uns eigentlich eindeutig ist).

Noch schlimmer: Zu Hass gegen Unternehmer, Bauern, Jäger oder Pfarrer auf- und anstacheln, darf man weiterhin ungestraft! Geschützt sind nämlich nur Gruppen, die zu den Liebkindern der linken Political-Correctness-Diktatur gehören: Also etwa Schwule oder Türken …

Wer's nicht glaubt, lese diesen Paragraphen selbst. Und schaue Wahlanalysen an, die zeigen, dass der Großteil dieser solcherart diskriminierten Gruppen schwarz oder blau wählt. Aber weder ÖVP noch FPÖ unternehmen etwas dagegen.

Dieser Paragraph ist hingegen fast noch nie gegen islamische Prediger eingesetzt worden, die in Predigten zu Hass (und mehr) gegen Christen oder Juden aufrufen, die einschlägige Gewaltaufrufe des Korans gegen Angehörige dieser Religionen zitieren oder publizieren. Dabei haben mutige Autoren, die sich dort eingeschlichen haben, publiziert, was in Moscheen so gepredigt wird. Aber den seit Jahren schnarchenden Verfassungsschutz und die linken Staatsanwälte hat das nie interessiert.

Dieser Paragraph ist eine massive und eindeutige Verletzung der in Menschenrechtskonvention und Verfassung garantierten Meinungsfreiheit. Aber angesichts der erfolgreichen Unterwanderung insbesondere der europäischen Höchstgerichte durch ideologisch und nicht rechtsstaatlich denkende Juristen besteht wenig Hoffnung, dass diese ihrer Pflicht nachkommen und ihn aufheben, beziehungsweise auf das legitime Ausmaß beschränken (also dort, wo es um Gewalt geht).

Und auch die Wiener Koalition, die das genauso könnte, scheint nicht daran zu denken. Statt dessen kündigte der offenbar für alles Mögliche zuständige Minister Gernot Blümel jetzt eine weitere und gleich mehrfache Umdrehung der Zensurschraube an. Er will ein "digitales Vermummungsverbot". Das bedeutet de facto eine Klarnamenpflicht im Internet.

Wieder wird so getan, als ob sich das gegen Beschimpfer rechter Politiker richtet (aktuell etwa des neuen Kindes von H.C. Strache). Aber in Wahrheit wird es sich so wie schon die Verhetzung vor allem gegen Islamkritiker richten. Gibt es doch zahllose linke NGOs, die Tag und Nacht nichts anderes tun, als solchen nachzujagen. Und die bei der Staatsanwaltschaft viele gleichgesinnte Partner finden.

Überdies plant Blümel nach Vorbild des linkssozialistischen deutschen (Ex-)Justizministers Maas ein "Netzdurchsetzungsgesetz". Dieses verpflichtet alle Plattformen, angebliche Hass-Beiträge (was auch immer das ist) binnen 24 Stunden zu entfernen. Sonst drohen Millionenstrafen. Das ist auch deshalb infamer Obrigkeitsstaat, weil das "Delikt" keineswegs genau definierbar ist. 

Das würde etwa dieses Tagebuch zwingen, die schon mehr als eine halbe Million Mal genutzte Kommentar- (Posting-) Plattform zu schließen. Was nicht gerade ein Zeichen von Meinungsfreiheit ist. Es braucht ja nur ein diese Plattform nicht liebender Provokateur sich einzuschleichen und dort irgendwo - versteckt oder an einem Wochenende - einen nach "Hass" riechenden Text zu publizieren, und schon ist das Tagebuch in Konkurs getrieben.

Was noch schlimmer ist als die Ermordung unabhängiger Meinungs- und Analyse-Plattformen: Blümel macht sich – und damit die ganze Koalition – durch sein Vorhaben, die Republik in ein strenges Mädchenpensionat des 19. Jahrhunderts zu verwandeln, zugleich schlicht lächerlich.

Denn damit werden letztendlich nur noch mehr Internet-Aktivitäten ins Ausland verdrängt. Denn damit wird den eigentlich in letzter Zeit zunehmend schon von den Usern gemiedenen großen Plattformen wie Facebook mit großer Dynamik neues Leben eingehaucht. Diese werden zum Unterschied von heimischen Plattformen für Österreichs Polizei, Justiz und Politik nicht wirklich greifbar sein. Sie werden halt in Österreich keinerlei Präsenz mehr haben, sobald einmal solche Paragraphen eingeführt sind. Aber weiterhin Millionen User.

Wer das bezweifelt, soll sich einmal anschauen, was sich in China und anderen Diktaturen abspielt. Auch dort hat ja ein Regime der freien Meinungsäußerung im Internet den Kampf angesagt. Dort haben die kreativen Köpfe der IT-Generation aber gezeigt, dass sie immer wieder Wege finden, über dunkle Netze, Internet-Tunnele und das Ausland alle Zensur-Bemühungen des Regimes zu umgehen. Wege, von denen Blümel & Co offenbar keine Ahnung haben, die jedoch meist ans Ziel führen, also ins Internet.

Ja, aber ist es nicht wirklich unerfreulich, was da in manchen Postings steht? Ja, das ist es, bisweilen sogar ganz und gar widerlich. Es ist genauso widerlich, wie so manche Schmähungen von Kaiser und Metternich im Vormärz waren.

Ab 1848 und spätestens ab dem Staatsgrundgesetz 1867 war man sich jedoch in Österreich einig: Die Meinungsfreiheit mit all ihren Auswirkungen ist für die Gesellschaft und ihre freie Entwicklung tausendmal wichtiger als die Eliminierung von Schimpfen, Stänkern oder zu Hass "Aufstacheln". 

Und genau darum geht es heute wieder: Es ist ohnedies schon heute so weit, dass die Mehrheit der Menschen bei Umfragen sagt, man könne in Österreich nicht mehr frei seine Meinung sagen.

Diese Entwicklung ist ein ganz schlimmes Alarmsignal. Sie ist viel bedrohlicher als das, was linke Journalisten derzeit Hand in Hand mit den Neos schnappatmend "aufdecken", nämlich dass der Verfassungsschutz schon seine Ohren spitzen soll, bevor ein Verbrechen passiert ist. Das einzige, was daran aufregt, ist der Umstand, dass das BVT nicht genau das schon längst tut.

Zurück zum Schimpfen im Internet: Ja, man kann es aushalten, beschimpft zu werden. Und wenn man eine Person des öffentlichen Lebens ist, muss man es sogar aushalten. Ich habe gar nicht gezählt, wie oft ich selbst von Linken und anderen Geisteskranken auf das Mieseste beschimpft worden bin. Telefonisch legt man halt auf (oder repliziert vorher mit dem Götzzitat). Mails oder Postings ignoriert man und liest nach dem ersten Satz gar nicht weiter. Und wenn man etwa bei einer Podiumsdiskussion Beschimpfungen ins Gesicht gesagt bekommt und der Moderator sorgt nicht für Ordnung, dann geht man einfach.

Die Zeiten sind zum Glück vorbei, wo man wegen einer Ehrverletzung jemanden zum Duell fordert, geradezu fordern musste. Und es ist auch wenig sinnvoll, die Gesellschaft jetzt auf Volksschulniveau zu degradieren: "Frau Lehrer, bitte der hat zu mir gesagt ..."

Im Internet-Zeitalter kann man Beschimpfungen gar nicht völlig verhindern. Es gibt viel zu viele Wege, sie ins Netz zu bringen. Und je verbotener sie sind, umso interessanter werden sie für die Community.

Unabhängig davon wäre es viel wichtiger, Politik, Polizei und Justiz würden sich mit allem befassen, was irgendwie mit Gewalt zu tun hat. Nicht nur weil man nicht zu rätseln und interpretieren braucht, was eine Anstiftung zur Gewalt ist, sondern weil Gewalt ein viel größeres gesellschaftliches Übel ist.

Die offenbare Ahnungslosigkeit der Minister von der Welt des Internets zeigt sich auch bei einem zweiten Vorhaben: Österreich will jetzt im Alleingang eine Digitalsteuer einführen. Das wird mit absoluter Sicherheit nur einen Erfolg haben: Digital- und Internet-Aktivitäten werden noch mehr ins Ausland abwandern. Geld wird die Republik dadurch nicht viel einnehmen.

Die großen Netz-Giganten wie Facebook & Co wird man erst recht nicht erwischen. Die sind ein bisschen kreativer als österreichische Steuerrechtler. Sie werden halt in Österreich keine Geschäfte mehr abschließen. Werbeaufträge werden halt nur noch übers Ausland laufen. Was will man dann bitte in Österreich besteuern?

Erwischen wird man nur die paar dummen Kleinen, die in Österreich geblieben sind (die heute übrigens schon den im Vergleich zu den Uraltmedien doppelten Mehrwertsteuersatz abführen müssen). Zehnmal klüger wäre es, alle nötigen rechtlichen und steuerlichen Bedingungen zu schaffen, damit sich auch in Österreich mehr IT-Dynamik entwickeln kann.

Das wäre durchaus möglich. So macht das extrem vorbildlich und auch erfolgreich im Nachbarland Tschechien die Firma "Seznam". Diese handelt nach dem Prinzip: "Google ignorieren und das eigene Ding durchziehen." Mit Kreativität und der Konzentration auf das eigene Land erreicht sie 95 Prozent der tschechischen Online-Nutzer. Täglich. Freilich: Tschechien ist im Vergleich zu Österreich ein sehr neoliberales Land. Mit viel niedrigeren Steuern, mit weniger Regulierung und mehr Meinungsfreiheit.

Angesichts ihrer Digitalisierungs-Vertreibungsaktionen möge uns die österreichische Regierung bitte jedenfalls künftig mit einem verschonen: mit dem ständigen Gerede von einem Schwerpunkt "Digitalisierung"!

PS: Was mir wirklich ein großes Rätsel ist: Warum betätigt sich der eigentlich intelligente und sympathisch wirkende Blümel ständig als Vorkämpfer der illiberalen Linken? Zuerst zugunsten der Zwangsfinanzierung für die zu 90 Prozent als linke Antiregierungskämpfer aktive ORF-Redaktion auch durch alle jene, die dem ORF längst den Rücken zugekehrt haben. Und jetzt zugunsten einer auch nicht gerade bürgerlichen oder liberalen oder freiheitlichen Political-Correctness-Zensur. Glaubt Blümel ernstlich, mit dieser Positionierung Wahlen gewinnen zu können, zu denen er ja in absehbarer Zeit antreten muss? Oder passt er in Wahrheit ohnedies nicht in diese Regierung? Ist er dort nur auf Grund seiner persönlicher Freundschaft mit Sebastian Kurz?

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