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Österreich hat ein neues, noch dazu völlig überflüssiges Problem am Hals. Dank der EU. Diese – konkret ihr Gerichtshof und die Kommission – mischt sich mit fanatischem Eifer in immer mehr Dinge ein, die sie eigentlich absolut nichts angehen, die eigentlich rein auf der Ebene der Mitgliedsstaaten gelöst werden sollten. Die nunmehrige Entscheidung des EuGHs zu einem österreichischen Halbfeiertag hat absolut nichts mit der einzigen wichtigen Seite der EU zu tun, nämlich dem Binnenmarkt. Trotz solcher Entscheidungen wundert man sich in Brüssel, Luxemburg und Straßburg noch immer darüber, dass die Kritik an der Union und ihrem Macht- und Überregulierungsdrang immer lauter wird, dass EU-kritische Parteien immer mehr Zulauf haben.
Tatsache ist: In den 28 EU-Ländern gibt es völlig unterschiedliche Feiertagsregime, gibt es völlig unterschiedliche religionshistorische Entwicklungen. Und es gibt keinen einzigen Vertrag, keine Richtlinie, keine Verordnung, die das jeweilige Staatskirchenrecht der Mitgliedsstaaten zu einem EU-Thema gemacht hätte.
Dass der Europäische Gerichtshof sich jetzt mit der österreichischen Karfreitagsregelung befasst und diese als gleichheitswidrig hinstellt (weil der Tag bisher nur für Protestanten, Methodisten und Altkatholiken arbeitsfrei ist), ist daher eine reine Machtanmaßung der Luxemburger Richter. Wie sie das ja schon oft getan haben.
So haben sie etwa einst auch das österreichische Universitätssystem in provozierender Art ausgehebelt und sich dort ebenfalls ohne irgendeine Rechtsgrundlage eingemischt (das Bildungssystem ist laut EU-Vertrag rein nationale Kompetenz!). Der Gerichtshof hat erzwungen, dass seither in Österreich auch jene Deutschen studieren dürfen, die das nicht einmal in der eigenen Heimat dürfen, weil dort ihre Abitur- (Matura-)Noten nämlich oft für das Numerus-Clausus-System zu schlecht sind. Aber um in Österreich zu studieren, reicht es allemal. Meint der EuGH.
Juristen finden immer und überall eine Argumentationskrücke, auf gut österreichisch: einen Schmäh, um sich wichtig machen zu können. Nur drohen sie sich dabei irgendwann zu überheben und damit den ganzen Rechtsstaat auszuhebeln. Im Fall der EU führt das vor allem dazu, dass immer mehr Menschen sich von ihr abwenden – siehe etwa die Briten. Es ist daher extrem dumm, wenn der EU-Gerichtshof seine Lust an der Machtanmaßung weiterhin voll auslebt.
Aber ist es nicht wirklich ungerecht und unbefriedigend, dass in Österreich Protestanten, Altkatholiken und Methodisten einen Feiertag mehr haben als alle anderen? Verletzt das nicht den Gleichheitsgrundsatz? Ist das nicht – mit leicht anderem rechtlichen Hintergrund – in Hinblick auf einen anderen religionsspezifischen Feiertag auch bei den Juden so?
Gewiss, das kann man mit gutem Grund so sehen. Aber es gibt auch etliche starke Gegenargumente. Und vor allem: Zur Klärung dieser eben rein innerösterreichischen Frage gibt es rein innerösterreichische Institutionen, nämlich den Verfassungsgerichtshof und den demokratisch gewählten Gesetzgeber, also das Parlament. Die österreichische Karfreitagslösung sollte also nur von diesen beiden behandelt werden. Und nicht von einem fernab liegenden Gericht, das keine Ahnung von all den religionspolitischen Implikationen hat, mit denen diese Frage in Österreich zu tun hat.
Besonders ärgerlich: Der EuGH macht damit aus einer Frage ein Problem, die von den Österreichern nie als Problem empfunden worden ist (und von den Dänen, Deutschen oder Portugiesen schon gar nicht). Es kann überhaupt keine Frage sein, dass jener Mann, der die Causa zum EuGH hinaufgetrieben hat, nicht ein verbreitetes Bedürfnis vertritt, welches Menschen aus Protest gegen die Karfreitags-Ungerechtigkeit schon zu Petitionen und Demonstrationen, oder die Zeitungen zu Leitartikeln veranlasst hätte.
Der EuGH realisiert ununterbrochen das genaue Gegenteil dessen, was seit einiger Zeit sogar ausdrücklich im EU-Vertrag steht, nämlich des Subsidiaritätsprinzips. Er schadet damit neuerlich massiv dem Ansehen der EU.
Besonders provozierend: Er tut dies noch dazu nur wenige Wochen vor dem nächsten Karfreitag, sodass Österreich nicht einmal die Zeit für eine gut durchdachte Debatte bleibt, die alle ökonomischen, religiösen, sozialen, historischen Aspekte ordentlich durchdiskutiert, bevor quasi automatisch die teuerste aller Lösungen in Kraft tritt.
Denn auch wenn die formale Gleichheitswidrigkeit des partiell arbeitsfreien Karfreitags eindeutig ist, sind doch die Argumente zu seiner Verteidigung gewichtiger:
Der ÖGB und die SPÖ können sich freuen, weil sie schon wieder eine teure wie populistische Forderung vorbringen können, mit der sie überdies hoffen können, die Koalition zu spalten. Jeder vernünftige Österreicher muss sich hingegen fragen: Warum versuchen die EU-Institutionen ständig zu beweisen, dass sie derzeit überflüssig wie ein Kropf sind? Warum zeigen sie ständig, dass sie weniger an den (großen!) Errungenschaften des Binnenmarkts interessiert sind, als an der eigenen Wichtigmacherei?
PS: Übrigens: Selbst im katholischen Italien gibt es weniger katholische Feiertage als in Österreich. Dort wird etwa Fronleichnam halt an einem Sonntag begangen.
PPS: Und in Österreich hatte einst Maria Theresia die Zahl der Feiertage glatt halbiert, obwohl sie zweifellos die frommste alle Regenten des Landes gewesen ist.