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Die Intrigen einer Koalition oder: Personalpolitik auf Österreichisch

Der gestrige Eintrag im Tagebuch über die Neubesetzung der Spanischen Hofreitschule hat den Vorhang ein wenig lüften können, wie wenig harmonisch es hinter der Konsensebene der Regierung oft zugeht. Er hat gleichzeitig wieder einmal die - seit Jahrzehnten übliche - Verlogenheit bei Stellenbesetzungen im öffentlichen Bereich aufgezeigt.

Ich habe über die Besetzung der Reitschulen-Leitung durch die dafür wenig qualifizierte Society-Berühmtheit Sonja Klima berichtet (zu deren ehemaligen Ehemännern auch der einstige SPÖ-Bundeskanzler zählt, der bald nach seinem Abgang zum absoluten Minusmann der SPÖ geworden war). Diese Besetzung gehe auf das Interesse des FPÖ-Vizekanzlers Strache und seiner Frau an Klima zurück. Diese Information stammt von einer honorigen und sowohl partei- wie ministeriums-unabhängigen Persönlichkeit, die unmittelbar mit der Entscheidung zu tun hatte.

Der Beirat der Reitschule hatte sich davor jedenfalls ebenso wie ein unabhängiger und renommierter Personalberater (Korn-Ferry) geschlossen gegen Klima ausgesprochen. Beide wurden aber vom Aufsichtsrat beiseitegeschoben, der Klima ins Amt beförderte.

Diese Rolle Straches wird nun von FPÖ-Seite vehement zurückgewiesen. Das Ehepaar Strache habe Frau Klima lediglich ein einziges Mal die Hände geschüttelt (ausgerechnet bei einer Gala in der Reitschule). Es müsse sich vielmehr um eine von der ÖVP ausgehende Intrige handeln. Mir wurde von der FPÖ auch ein Mail eines freilich nicht identifizierten Mannes weitergeleitet, der ein Bekannter Straches aus der Reitschule sei.

Der Wortlaut dieses Mails an Strache: "Lieber HC, ich weiß warum Unterberger so einen Unsinn schreibt. Kurz und Köstinger haben diesen Unsinn nämlich dem Beirat selbst gesagt, dass Du es entschieden hättest, da Kurz Dir die Entscheidung übertragen hätte, obwohl Sonja Klima ausdrücklich der Wunsch von Sebastian war und die Dame nicht nur bei seinem Kanzlerfest getroffen hat und beide sich exzellent verstehen. Ein Bekannter von mir sitzt im Beirat und hat es mir gestern in der Nacht noch erzählt. Anscheinend hat sich die VP mit ihrem Personalwunsch, welcher im VP-Ressort von Köstinger im Auftrag des BKA umgesetzt wurde, (Offenbar fehlt hier noch das Wort "versucht") an Dir abzuputzen. Schäbig!"

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was da jetzt stimmt. Es gibt keine unwiderlegbaren Beweise. Allerdings erscheint mir am Mail dieses nichtgenannten Informanten aus der Reitschule manches seltsam, wie etwa die Bezeichnung des Bundeskanzlers als "Sebastian" oder seines Amtes als "BKA", oder die Aussage, dass nicht nur Köstinger, sondern auch Kurz mit den Beiratsmitgliedern selbst gesprochen haben soll (das würde ganz seiner sonstigen Vorsicht widersprechen), oder auch das Wissen des Autors, dass sich Kurz und Klima "exzellent verstehen". Aber vielleicht ist man ja in der Reitschule so intim mit den Machtträgern, dass man so formuliert ...

Andererseits hat sich Sonja Klima schon einmal in einem Wahlkampf für die ÖVP exponiert.

Was ich aber eindeutig weiß: Die Zuständigkeit und damit Hauptverantwortung für die Entscheidung liegt bei Elisabeth Köstinger als Ressortchefin. Und ausgerechnet sie hat bis zur Stunde noch keinerlei Begründung für die Klima-Bestellung abgegeben.

Was jedenfalls nicht geht, ist: Dass man sowohl einen (zweifellos nicht gerade billigen) Personalberater beauftragt, wie auch einen eigenen Beirat für die Reitschule unterhält, und dass dann so lapidar über beide drübergefahren wird, wenn sie eine andere als die gewünschte Empfehlung äußern.

Und was schon gar nicht geht: Dass sich Minister immer wieder hinter einem von ihnen bestellten Aufsichtsrat verstecken, der dann angeblich völlig unabhängig und unbeeinflusst – es darf kurz gelacht werden – solche Entscheidungen trifft. In diesem sechsköpfigen Aufsichtsrat sitzen neben zwei Belegschaftsvertretern zwei Beamte des Landwirtschafts-, beziehungsweise Finanzministeriums, sowie zwei Unternehmer, von denen einer massiv von Regulierungen und Förderungen des Landwirtschaftsministeriums abhängig ist. Der andere jedoch - der langjährige ehemalige Minister Martin Bartenstein - ist nach dieser Entscheidung demonstrativ zurückgetreten, wenn auch kommentarlos. Da normalerweise Personalvertreter bei solchen Personalentscheidungen kein Stimmrecht haben, muss also die Köstinger-Entscheidung mit 3 zu 1 durchgedrückt worden sein. 

Aber die Landwirtschaftsministerin findet nur ein paar völlig nichtssagende Worte dazu. Sie hat ja mit dem nichts zu tun …

Was auch immer der genaue Ablauf und die genaue Interventionskette ist: Es widert an, wenn sich Politiker nicht zu ihren Entscheidungen bekennen und diese nicht öffentlich begründen, sondern sich hinter von ihnen selbst eingesetzten Gremien verbarrikadieren. Und wenn sie dann über diese drüberfahren, sobald nicht in ihrem Sinn entschieden wird.

Die Öffentlichkeit kann mit jeder Begründung besser leben, als mit diesem Verantwortungs-Verstecken – selbst wenn Köstinger sagen würde: "Für mich ist halt der Seitenblicke-Faktor entscheidend." Oder: "Ich nehme einfach immer eine Frau, sobald sich irgendeine anbietet." 

Es wäre ja in der Tat nicht das erste Mal, dass der blinde Feminismus-Fanatismus alle Qualitätserwägungen aus dem Felde schlägt. Politiker (übrigens beiderlei Geschlechts) glauben ja in ihrer erstaunlichen Weltfremdheit oft, dass ihnen solche Entscheidungen nach dem Muster "Frau ist wichtiger als Qualität" Gutpunkte bei den Wählern brächten. Das ist aber in keiner Weise nachweisbar; das schlägt sich lediglich bei den immer irrelevanter werdenden Mainstreammedien und ein paar Tausend Berufsfeministinnen nieder.

Letztlich muss es eine unabhängige Wahrheitssuche offen lassen, in welchem Blatt sich der Schwarze Peter, also die entscheidende Druckausübung in Sachen Klima-Hofreitschule, verbirgt: in dem von Kurz, in dem von Strache, oder in dem von Köstinger.

Feststeht aber: Wer auch immer das war: Es ist gar keine feine Art, hinter den Kulissen die Verantwortung anderen zuzuschieben. Und das ist von irgendjemandem eindeutig geschehen.

PS: Ich habe vor 25 Jahren selbst einmal diesen intensiven Interventionsmechanismus österreichischer Art aus nächster Nähe miterleben können. Ich hatte mich damals – wenige Monate vor dem EU-Beitritt – um die Funktion als erster Botschafter der EU in Österreich beworben. Ich hatte das damals außer meiner Frau niemandem in Österreich erzählt, aber mit Interesse die Dichte an bekanntwerdenden Interventionen anderer Kandidaten beobachten können. Nach einem vertraulichen Hearing in Brüssel bekam ich dann ein paar Tage später einen Anruf mit zwei Nachrichten: Erstens, ich bekomme den Job. Zweitens, mitentscheidend sei der Ärger über die österreichische Interventionitis gewesen, während für mich niemand interveniert habe, was man mir positiv anrechne. Ich nahm dann die Funktion nicht an, weil ich genau am Vortag dieses Anrufs das Angebot bekommen habe, "Presse"-Chefredakteur zu werden …

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