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Das Jahreswechselgerede von Alexander van der Bellen war kaum erträglich. Ähnlich wird es mit vielem sein, was wir im kommenden EU-Wahlkampf zu hören bekommen. Ständig wird nämlich behauptet, dass die EU das große "Friedensprojekt" sei, gegen das man keinesfalls sein dürfe. Damit versucht man jeden, der Fehlentwicklungen der EU kritisiert, als Kriegshetzer hinzustellen. Manche würden Kritiker der EU wohl am liebsten als Ketzer verbrennen, so wie im 16. Jahrhundert mit Kritikern an Fehlentwicklungen der Kirche umgegangen worden ist. VdB&Co versuchen jedenfalls ständig, jede Kritik an der EU zu unterbinden. Weil man dieser Kritik sachlich meist nichts entgegenzustellen hat, wird sie einfach generell verpönt. Dabei ist das Geschwätz vom "Friedensprojekt" sowohl historisch wie auch in Hinblick auf die Zukunft eindeutig falsch.
Wäre die EU nämlich wirklich für den Frieden essentiell, dann würden wir nach dem Austritt Großbritanniens direkt in Kriegsgefahr schlittern. Dann wäre schon seit langem die Nichtmitgliedschaft wichtiger europäischer Staaten in der EU eine Gefahr für den Frieden.
Das einzige, was an diesem schwülstigen Friedensgerede stimmt: Die Kriegsgefahr dürfte derzeit weit geringer sein als in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und in der gesamten Geschichte davor.
Aber die Hauptursachen des Friedens vor allem in Westeuropa sind ganz andere als die – erst zwölf Jahre nach Ende des Kriegs erfolgte! – Gründung der EU als "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft". Diese bestand lange nur aus sechs Ländern. Sie war und ist als ökonomisches Projekt erfolgreich. Sie war und ist wichtig für den Wohlstand und den Weitergang des schon vorher entstandenen Wirtschaftswunders. Sie ist aber nicht kausal für den Frieden.
Wäre das anders, dann müsste Van der Bellen erklären, warum er nicht spätestens 1994 mit Protest aus der Grünpartei ausgetreten ist, als diese Österreichs EU-Beitritt beim Referendum voller Hass bekämpft hatte. Man kann doch nicht bei einer Partei sein, die gegen den Frieden ist!
Hingegen ist es völlig logisch, dass Linke so lange gegen die EU waren. Denn von Wirtschaft als einzige Quelle des Wohlstands haben sie ja noch nie etwas verstanden. Dementsprechend ist die EU/EWG/EG jahrzehntelang auch auf heftigen Widerstand vieler Sozialisten gestoßen. SPÖ-Chef Bruno Pittermann etwa sprach in den 60er Jahren verächtlich gar von einem "Bürgerblock". Die EU ist erst in den 90er Jahren von der Partei voll akzeptiert worden, als es in den Mitgliedsstaaten erstmals eine Mehrheit linker Regierungschefs gegeben hat. (Diese Mehrheit führte dann ja auch zu den antiösterreichischen Sanktionen.)
Mit dieser Linkswende in Brüssel und Umgebung begann auch der unheilvolle Trend zur Überregulierung bis ins kleinste Alltagsleben (siehe etwa Glühbirnen, siehe Klospülungen, siehe Staubsauger, siehe Dieselautos, siehe Uni-Zugang). Es begann die zynische Missachtung aller vertraglichen Vereinbarungen rund um den Euro (etwa der Maastricht-Kriterien). Und es begann die Unterstützung für die Völkerwanderung durch die EU (die Kommission will ja bis heute die "Flüchtlinge" umverteilen, statt ihre Abschiebung zu organisieren, wie es theoretisch auch der EU-Vertrag vorsieht).
Mit Friedensprojekt hat das alles aber gar nichts zu tun. Vor der Linkswende nicht und nachher schon gar nicht. In den letzten zwei Jahrzehnten ist die EU sogar eher zu einem Faktor der Destabilisierung Europas geworden.
Was aber war wirklich entscheidend, dass nach 1945 in Europa so lange Frieden geherrscht hat wie noch nie in der Geschichte? Das waren mehrere – zum Teil in ihrer Wirkung sehr verblüffende – Entwicklungen:
Wer diese Geschichte nicht kennt und versteht, der begreift auch nicht, was wirklich wichtig ist für den Frieden. Friedensentscheidend ist nicht die Frage, ob die EU noch mehr zentralistisch wird, ob sie sich noch mehr in unser privates oder regionales Leben einmischt oder ob sie ihren Regulierungswahn wieder beendet und sich wieder auf die ursprüngliche Aufgabe einer Wirtschaftsgemeinschaft beschränkt, als welche sie so erfolgreich war. Friedensentscheidend sind vielmehr drei andere Bedrohungen und Gefahren, derer sich auch ein Van der Bellen bewusst werden sollte:
Aber mit den Phrasen des Altgrünen in der Hofburg und den zu befürchtenden Phrasen des nächsten Wahlkampfes werden wir die Zukunft sicher nicht verstehen.
Lernen Sie Geschichte, Herr Bundespräsident. Dazu ist es nie zu spät. Man müsste nur bereit sein dazu.
PS: Noch eine Anmerkung zum Umgang mit Kritikern der EU-Politik: Seltsamerweise wird mit Kritikern der Politik Österreichs völlig anders umgegangen. In Bezug auf Österreich ist Kritik ganz selbstverständlich und wird keineswegs als Megaverbrechen behandelt. Ganz im Gegenteil: Für aufrechte Linke ist sie sogar absolute Pflicht.