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Die seltsame Entscheidung über die Übernahme der Spanischen Hofreitschule durch Sonja Klima legt gar keine gute Visitenkarte für die Regierung ein. Vor allem ihre wahren Hintergründe tun das nicht (mit nachträglicher Ergänzung).
Daran sind gleich mehrere Aspekte seltsam, einer jedoch nicht: Dass die Dame einst mit dem SPÖ-Kanzler verheiratet gewesen ist. Diese Bindung besteht längst nicht mehr. Und man könnte es sogar als lobenswerte Souveränität der Koalition ansehen, dass sie keine Sippenhaftung betreibt.
Schon viel problematischer ist, dass die Dame praktisch nur als Bestandteil der Seitenblicke-Gesellschaft in Erscheinung getreten ist. Sie hat hingegen keinerlei Erfahrungen als Managerin, die sie für die Leitung eines sensiblen und für die globale Präsentation Österreichs wichtigen Unternehmens qualifizieren würde. Selbst dem für diese Bestellung verantwortlichen Aufsichtsrat fiel zu ihr primär nur ein, dass die Dame für "Öffentlichkeitsarbeit", "Marketing" und "Verkauf" qualifiziert sei. Das mit der Öffentlichkeitsarbeit stimmt, aber verkauft hat sie sich bisher nur selber – und das eben praktisch nur an die Klatschspalten.
Dass sie, wie viele andere, interessanterweise vor allem Frauen, Pferde liebt, ist nett, aber auch noch kein Qualifikationsausweis. Auch die Vorgängerin, Elisabeth Gürtler, war zweifellos eine Pferde-Närrin. Aber Gürtler war – und ist – vor allem eine exzellente und erfolgreiche Managerin einer der traditionsreichsten Hotelketten der Welt. Und die Gesellschaft, in der sie verkehrt, ist halt ein bisschen eine andere als die der Sonja Klima und hat viel besser zu der imperialen Erbschaft gepasst. Sie war die absolute Idealbesetzung. Und hat das auch viele Jahre bewiesen.
Noch problematischer ist die Vorgangsweise. Da hat das für die Reitschule zuständige Landwirtschaftsministerium einen eigenen Beirat für die Hofreitschule eingesetzt. Dieser hat auch intensive Hearings veranstaltet und hat sich am Ende eindeutig für einen Mann aus dem Team der Hofreitschule entschieden. Aber dann hat der vom Köstinger-Ministerium dominierte Aufsichtsrat nicht diesen Mann, sondern Frau Klima genommen. Mit nur sehr fadenscheinigen Begründungen.
Das zeigt wieder einmal, wie lächerlich überhaupt die Bestellung solcher Beiräte und ähnlicher Institutionen ist. Am Schluss kommen dann völlig sachfremde politische Entscheidungen heraus. Traurig. Irgendwie hat man nämlich geglaubt, in dieser Regierung ginge es in diesen Dingen sauberer zu als bei früheren, diese Regierung würde, wenn man schon Beiräte beschäftigt, dann auch ihr Urteil ernst nehmen.
Traurig und demotivierend ist das auch für all jene Menschen, die in der Hofreitschule und in ähnlichen Staatsbetrieben arbeiten. Ihnen wurde wieder brutal vermittelt: Letztlich sind nicht ihre Leistung und ihr Können interessant, sondern politische Hinterzimmer-Gespräche, Netzwerke (in diesem Fall eindeutig Frauennetzwerke, die ja viel realer sind als die oft phantasierten Männernetzwerke) sowie die Seitenblicke-Schiene.
Forscht man näher, dann stößt man freilich noch auf zwei ganz andere Aspekte, die da im Spiel gewesen sind und eine viel größere Rolle gespielt haben als der Wert der Bussi-Bussi-Wichtigmacherei vor Fernsehkameras.
Der eine Aspekt ist, dass heute in allen politischen Lagern immer öfter das bloße Frau-Sein zum entscheidenden Bestellungsfaktor geworden ist. Und Ministerin Köstinger liebt diesen Faktor ganz besonders.
Freilich dürften sich die Ministerin und die von ihr bestellten Aufsichtsräte nicht ganz im Klaren sein, dass sie sich noch bessere Gründe als die bisher genannten einfallen lassen müssen, um ihre Entscheidung wider die Sachexpertise des Beirats öffentlich wie rechtlich zu verteidigen. Dann das Gleichbehandlungsgesetz gilt auch für Männer. Und es widerspricht diesem Gesetz glatt, wenn eine Frau ohne erkennbaren und offengelegten Grund zum Zuge kommt, obwohl ein sich ebenfalls bewerbender Mann weit besser bewertet worden ist. Dieses Spiel hat man ja in den letzten Jahren schon bei vielen attraktiven Funktionen gesehen, von Schuldirektoren bis zu Universitätsprofessoren. Es wird daher noch spannend werden, ob der aus dem Rennen geworfene Gegenkandidat jetzt alle rechtlichen Möglichkeiten des Protestes ergreift, was für die Republik noch sehr teuer kommen könnte. Oder ob er sich in schlechte alte österreichische Beamtenfrustration zurückzieht.
Der zweite, noch viel wichtigere Aspekt ist einer, wo sich Politisches mit Allzumenschlichem kreuzt. Die Entscheidung ist letztlich nämlich sogar auf der Ebene der Regierungsspitze gefallen. Und sie war ein ganz persönlicher Wunsch von Vizekanzler H.C. Strache. Er wiederum wollte damit einen ganz persönlichen Wunsch seiner neuen Frau erfüllen, die gerade erst Mutter eines gemeinsamen Kindes geworden ist. Die wiederum ist eng befreundet mit Frau Klima, die ihrerseits den ganz persönlichen Wunsch hatte, die Reitschule zu bekommen. So schließt sich der Kreis.
Beschädigt ist die Reitschule, aber auch das Image der Koalition. Vor allem Strache sollte dringend erkennen: Gerade in einer so exponierten Position sollte man extrem vorsichtig sein mit dem allzu vordergründigen Einbringen persönlicher Interessen. Seine Wähler haben ihn jedenfalls für wichtigere Anliegen gewählt als für unsachliche personalpolitische Interventionen, oder damit er sich für die Raucher einsetzt. Falls er es vergessen hat, sei er an einige der Dinge erinnert, die im Wahlkampf weit wichtiger waren: etwa mehr Meinungsfreiheit, etwa ein wirksames Islamgesetz, etwa die direkte Demokratie, etwa eine echte Reform der ORF-Gebühren, etwa ein Ende der Bestechungsinserate. Oder etwa die Entpolitisierung und Objektivierung von Personalentscheidungen.
Langsam bekommen die FPÖ-Wähler das Gefühl, dass sich außer Innenminister Kickl keiner der nun in hohe Staatsämter Gekommenen für das einsetzt, wofür er eigentlich gewählt worden ist. Genau deswegen steht Kickl ja auch als einziger Freiheitlicher unter vollem Artillerie-Beschuss der linken Opposition.
Nachträgliche Ergänzung: H.C.Strache weist ausdrücklich und energisch jeden Zusammenhang und jede Verwicklung in die gesamte Causa zurück. Die Information stammt allerdings von unmittelbar damit befassten Personen. Es täte mir sehr leid, wenn diese Informationen falsch gewesen sein sollten - wofür ich aber nach wie vor keinen Grund erkennen kann.