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Es herrscht Krieg zwischen Rapid und der Polizei

Zwischen den Rapid-Anhängern und der Polizei ist offener Krieg ausgebrochen. Das ist für einen Rechtsstaat bedenklich. Wie so oft in Konflikten haben dabei beide Seiten, aber insbesondere auch der Verein selbst, üble Grenzüberschreitungen begangen.

Es ist völlig unakzeptabel, dass die Polizei mehr als 1300 Anhänger des Klubs, darunter auch ein paar Familien mit Kindern, sechs Stunden lang einkesselt hat, die eigentlich zu einem Fußballspiel wollten, für das sie schon Karten gekauft hatten. Das grenzt bei den gegenwärtigen Temperaturen an Folter. Und wenn dann die Polizei selbst als Ergebnis der Aktion bloß eine einzige Festnahme und eine "verwaltungsrechtliche" Festnahme meldet, dann ist das mehr als blamabel: Bei jeder U-Bahnstation hätte die unangekündigte Kontrolle von so vielen Menschen mehr Fahndungserfolge gebracht.

Besonders schlimm ist, dass die Fußballfans direkt neben der Südosttangente eingekesselt worden sind. Das macht auch die Behauptung absurd, dass die Einkesselung nur erfolgt sei, weil Gegenstände auf die Autobahn geflogen sind.

Wenn das der Grund war, hätte man die Menschen sogar möglichst rasch von der Autobahn wegbringen müssen. Und gegen jene Magistratsabteilungen Strafanzeige einbringen, die beim Bau des Stadions ausgerechnet entlang der Autobahn den Zugang der Zuschauermassen genehmigt haben. Aber die Autobahn wurde nur zehn Minuten gesperrt, während die Eingekesselten stundenlang direkt neben der Autobahn stehen mussten – und bei einer Massenflucht auf die Autobahn gelaufen wären.

Der Verdacht ist daher mehr als offenkundig, dass die gesamte Polizeiaktion eine getarnte Revanche dafür war, dass der harte Kern der Rapid-Anhänger im letzten Spiel auf Transparenten eine verschlüsselte Beschimpfung der Polizei gezeigt hat. Was der Exekutive natürlich aufgefallen ist (auch wenn es die diversen Sportredaktionen verheimlicht haben).

Diese Polizeiaktion schreit geradezu nach Konsequenzen für die verantwortlichen Polizeioffiziere. Die Polizei eines Rechtsstaats muss, müsste souverän genug sein, Kollektivbeschimpfungen zu ertragen. Wenn aber Polizeioffiziere und -Präsidenten nicht die nötigen Nerven für diesen Job haben, sollten sie sich halt besser um den Posten eines Nachtportiers in einem Altersheim bewerben.

Es ist durchaus in Ordnung, wenn jeder einzelne Besucher eines Spiels am Stadioneingang(!!) kontrolliert wird, ob er keine verbotenen, etwa pyrotechnischen Gegenstände bei sich trägt. Aber nach ihrer Kontrolle sind alle durchsuchten Menschen ins Stadion zu lassen. Und bei großen Spielen hat es eben ausreichend Kontrollstellen zu geben. Auf Flughäfen beispielsweise ist man ja auch dazu imstande. Wenn jedoch die Menschen auch noch Stunden nach dem Spiel eingekesselt worden sind, dann ist das ein eindeutiger Beweis, dass es nicht um die Verhinderung von Pyrotechnik, sondern etwas ganz anderes gegangen ist.

Soweit zur Polizei.

Aber zumindest genauso kritisch muss man sich dem Fußballklub Rapid und den österreichischen Fußballbehörden widmen.

Es ist völlig unakzeptabel, dass

  • speziell nach Spielen von Rapid die Benutzung der U-Bahn oder ÖBB zu einem Hochrisikounternehmen wird;
  • der Verein nichts unternimmt gegen Großtransparente dieses harten Anhängerkerns mit Beschimpfungen, unerträglichen Stolz-und-Ehre-Slogans und seltsamen Fraktur-Schriften, die offensichtlich an problematische Vergangenheiten erinnern; der Verein ist wohlgemerkt verantwortlich für alle Transparente, werden diese doch vorher genehmigt und in die Stadien gebracht;
  • die Bundesliga nicht konsequent genug Vereine für das Verhalten ihrer Anhänger bestraft, was am besten dadurch geschehen würde, dass diese Vereine vor leeren Stadien antreten müssen;
  • die unglaublichen Informationen zwar nicht bewiesen sind, aber aus sehr seriösen Quellen stammen, dass einzelne verwaltungsrechtlich mit einem Stadionverbot belegte Zuschauer von Rapid dann halt als Ordner(!) beschäftigt werden, damit sie wieder ins Stadion hineinkönnen;
  • Spieler, Trainer und Funktionäre gerade den aggressivsten Teil der Anhänger ständig demütig hofieren, ohne auch nur das geringste Wort der Kritik zu äußern.

Fast noch widerlicher sind die dichten Verbindungen zwischen Politik und gerade den beiden Wiener Großvereinen (deren sportliche Erfolge allerdings im Vergleich zu denen von Salzburg sehr klein sind, wo nicht Steuergelder, sondern privates Geld an den Fußball fließen!).

So hat die Gemeinde Wien beiden Wiener Großvereinen um Steuergeld schöne neue Stadien hingebaut – während es kaum Möglichkeiten in Wien gibt, wo man mit Halbwüchsigen Freizeit-Fußball spielen kann.

So waren beide Wiener Großvereine von prominenten SPÖ- beziehungsweise Gewerkschaftsbossen als Präsidenten geleitet worden.

So hat Rapid ganz offensichtlich, um die SPÖ zu "überzeugen", vier Millionen von Eurofighter bekommen.

So sind zugunsten beider Vereine von diesen Politikern im mehrheitlich öffentlichen Eigentum stehende Energiefirmen ("Wien Energie" beziehungsweise "Verbund") "motiviert" worden, als Hauptsponsoren das Geld der Strombezieher an die Vereine weiterzuleiten; und zwar in Millionendimensionen (was auffälligerweise noch nie ein Staatsanwalt oder ein Gericht untersucht hat, während die schon mehrfach seltsam aufgefallene Richterin des Grasser/Telekom-Prozesses aus einer 20.000 Euro-Bandenwerbung für den einem ehemaligen ÖVP-Politiker nahestehenden Klub Sierning neuerlich ein großes Thema gemacht hat).

Im Fußball sind offenbar zu viele Millionen und zu viele Emotionen unterwegs, als dass dort noch Vernunft, Anstand und Korrektheit einkehren könnten. Jedenfalls werden sich nach diesem Wochenende wieder Tausende gedacht haben: Nein, so spannend Fußballspiele auch sind – mit Kindern oder Frauen gehe ich zumindest bei Vereinsspielen lieber nicht mehr hin und gebe mein Geld anderswo aus.

Und der Wiener Polizeipräsident sollte sich eigentlich einer Untersuchungskommission stellen, um zu erklären, warum er gegen Fußballfans aus offensichtlicher Revanche so massiv vorgehen lässt, während Teilnehmer von christlichen Demonstrationen oder (korrekt angemeldeten) Identitären-Kundgebungen oder freiheitlichen Bällen oft völlig ungeschützt bleiben.

Interessant ist aber auch das Schweigen zweier Minister: Während die ganze Fußball- und Polizeiwelt über die Vorfälle rund um das Rapid-Match spricht, hört man vom Sportminister auf der einen Seite und vom Innenminister auf der anderen trotz oder gerade wegen ihrer Parteifreundschaft nur eines: nämlich dröhnendes Schweigen …

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