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Der Absturz der Medien und der Aufstieg einer neuen Aufklärung

Als ich einst als Chef vom Dienst der "Presse" die Redaktion dazu zu bringen hatte, ihre Texte in einen Computer und nicht mehr in eine Schreibmaschine zu tippen, hatte ich in der Redaktion massive Widerstände zu überwinden. Gerade die progressivsten Kollegen wetterten: Das ist ja kein Journalismus mehr, das ist kapitalistische Ausbeutung, wenn man in einen Computer schreiben muss. Nun ja; nach wenigen Wochen wollten sie sich alle gar nicht mehr erinnern an ihren hehren Widerstand gegen die Auswüchse des Kapitalismus. Aber das ist ja meistens so: Die Allerlinkesten sind die Strukturkonservativsten.

Diese Rückblende gibt Anlass zu einigen grundsätzlichen Überlegungen über die Entwicklung der Kommunikation im ganz großen Zeitbogen. Ich halte den Ausdruck Kommunikation übrigens für viel passender als die etwas präpotenten Worte "Medien" oder "Journalismus", die so tun, als ob es da eine besondere und zu Recht privilegierte Klasse von Menschen gäbe, die das exklusive Recht als "Gatekeeper" am Tor zur Wahrheit hätten. Die privilegiert am Schnittpunkt, also als "Medium" zwischen Macht und Bürger, zwischen Bühne und Zuschauerraum, zwischen Akteur und Konsument darüber zu wachen hätten, was die Masse wie erfahren dürfe. Und vor allem, was nicht.

Dabei ist erstens die technische Entwicklung der Kommunikation spannend, also wie ein Lebewesen dem anderen komplizierte und differenzierte Mitteilungen macht, die hinausgehen über ein: "Ich habe Hunger" oder "Ich möchte Geschlechtsverkehr mit Dir betreiben".

Und im zweiten, längeren Teil steht die Interaktion der Art der Kommunikation mit der Welt der Macht  im Zentrum, damit auch umgekehrt die Frage, wie die Macht immer wieder versucht, die Kommunikation unter Kontrolle zu bringen.

Anthropologisch und technisch gibt es vier große historische Entwicklungsschritte der Kommunikation:

  1. Die Entstehung der Sprache. Wann auch immer das genau war.
  2. Die Entstehung der Schrift: Sie begann in den letzten Jahrtausenden vor Christus, in manchen Kulturen aber auch erst lange nachher. Die Erfindung der Schrift bedeutet den ungeheuren Vorteil, dass Äußerungen auch lange nachher empfangen werden können, dass mehrere Menschen sie lesen können.
  3. Der Buchdruck: Seither können Texte tausendfach in völlig gleicher Form produziert werden.
  4. Computer und Internet: Texte, Bilder, Sprache hängen nicht mehr am Papier und dem komplizierten wie teuren Druckvorgang, sondern können via Handy oder PC binnen weniger Sekunden praktisch kostenlos der ganzen Weltbevölkerung zugänglich gemacht werden.

Das sind scheinbar rein technische Fragen. Sie hatten aber jeweils unglaubliche kulturelle Folgen, sie sind jeweils von weltrevolutionärer Bedeutung gewesen. Denn sie sind engst mit Machtfragen, mit Freiheit und Unfreiheit verquickt.

Damit kommen wir zum zweiten Teil, der überschrieben werden könnte: Kommunikation ist Macht, Kommunikation ist die Voraussetzung der Macht, die Macht versucht daher immer, möglichst viel Macht über die Kommunikation zu haben. Die Entwicklung dieses Machtkampfs in mehreren Etappen:

  1. Über alle körperlichen Entwicklungen hinaus war ganz sicher Sprache, also kommuniziertes Denken der entscheidende Faktor, weswegen sich der Mensch so dramatisch über das Tier hinaus entwickeln konnte.
  2. Die Entstehung der Schrift hat nicht nur einen weiteren Qualitätssprung der menschlichen Rasse bedeutet. Sie hat auch eine Zweiteilung der menschlichen Gesellschaft zur Folge: zwischen jenen, die schreiben konnten, und der breiten Masse, die es nicht konnte. Das hat Kulturen mindestens genauso geteilt wie Sieg und Niederlage in Kriegen. Die Sieger im Krieg hielten sich – wenn sie nicht selber schreiben konnten – jene, die es konnten. Die sie aber für die Ausübung der Macht brauchten. Nur mit deren Hilfe konnten sie Rechtsprechung, Verwaltung und wirtschaftliche Abläufe, aber auch die gesamte Geschichts-Schreibung, also das Zeugnis über sich selbst und ihre Vorgänger unter Kontrolle bringen und beherrschen. Das brachte eine enge Symbiose zwischen den Mächtigen, etwa den Kaisern und den des Schreibens Fähigen, den "Schriftgelehrten". Diese konnten freilich auch umgekehrt die Mächtigen sehr oft in ihrem Sinn steuern: Das waren etwa die griechischen Sklaven im Dienste der Römer, Priester und Mönche im Dienste der ägyptischen Pharaonen oder deutschen Kaiser, studierte Juristen wie etwa ein Goethe im Dienste fast aller Fürsten.
  3. Der Buchdruck hat dann das Elitäre des Lesens und Schreibens signifikant reduziert. Umgekehrt hat aber auch mit dem Buchdruck der Kampf der Mächtigen gegen unbotmäßige Schreiber und gegen für sie gefährliche Texte erst so richtig begonnen. Früher hat man zwar bisweilen Dokumente, ein Privilegium mit mehr oder weniger Erfolg fälschen können.
    Aber ab dem Buchdruck wurde potenziell in allem Gedruckten eine explosive Waffe gesehen.
    Fürsten und Päpste begannen, für sie gefährliche Bücher zu verbieten, auf einen Index zu setzen, ja auch sie zu verbrennen. Man denke etwa an die erbitterten Kämpfe um die Übersetzung der Bibel in die Muttersprache, durch die elitäre Wissens- und damit auch Interpretationsmacht zerstört worden ist.
    Das erinnert übrigens auch an den heutigen Kampf fundamentalistisch-islamischer Richtungen, dass der Koran nur in der arabischen Sprache gültig wäre. Deshalb wären alle Vorwürfe, die man in anderen Sprachen dem Koran und seinem Inhalt macht, illegitim und falsch. Auch das ist ein ähnlicher Machtkampf wie innerhalb der Christen, wenn auch ein halbes Jahrtausend zu spät.
  1. Vom Buchdruck führt eine zwingende logische Linie zur allgemeinen Schulpflicht, also dazu, dass plötzlich nicht mehr nur die Machtelite, sondern alle das Lesen und Schreiben lernten. Diese Pflicht ist bei uns ja interessanterweise von der konservativ-katholischen Maria Theresia eingeführt worden. Diese Pflicht konnte im Übrigen lange nicht zu hundert Prozent durchgesetzt werden. Manche Grundherren hielten das lange für überflüssig: Die Menschen sollten arbeiten und nicht auf dumme Gedanken kommen.
    So habe ich selbst noch einen analphabetischen Großvater gehabt, der den Erwerb eines übrigens heute noch im Familienbesitz befindlichen steirischen Bergbauernhofs nur mit drei Kreuzen signieren konnte (Meine Söhne meinen in ihrer freundlichen Art übrigens gerne, dass man die Gene dieses Großvaters heute noch bei mir merkt …).
  2. Vom Reichsvolksschulgesetz und der ebenfalls untrennbar mit dem Buchdruck verbundenen Aufklärung führt eine unaufhaltsame Kausallinie zur Forderung nach Meinungsfreiheit und ihrer zumindest theoretischen Durchsetzung. Diese Entwicklung kulminierte in Österreich in den Jahren 1848 und 1867. Wer sich alte Stiche aus 1848 anschaut, der wird dort ganz zentral auf den Plakaten, Schildern und Transparenten die Forderung nach "Pressfreiheit" finden, wie es damals hieß. Mit anderen Worten: Die Freiheit des gedruckten Wortes, der Presse, der Meinung und des Rechts, sie frei ausdrücken zu dürfen, war die wichtigste Grundrechts-Forderung der Bürger gegen den Absolutismus. Nur ein Beispiel: 1848 entstanden über 300 Periodika, von denen zumindest eine, die "Presse" – nach einer turbulenten Geschichte – noch heute am Leben ist. Noch älter ist in Österreich nur die seit 1703 als weltälteste Zeitung erscheinende "Wienerzeitung", die aber meist unter Regierungskontrolle gestanden ist.
  3. Vom Reichsvolksschulgesetz und vom Grundrecht der Meinungsfreiheit führt wiederum eine zwingende logische Linie zum allgemeinen Wahlrecht: Wenn alle lesen und schreiben können, dann sollen alle auch politisch mitbestimmen können. Und nicht mehr nur eine Elite.
  4. Diese konnte sich nun weder durch ihre kriegerische Überlegenheit legitimieren, wie vielleicht in Zeiten der Völkerwanderung, noch durch ihre Herrschaft über alles Geschriebene. Und das Gottesgnadentum wurde noch viel fraglicher. Damit wurde der Machtanspruch von Fürsten und Aristokraten hohl und kollabierte schließlich.
    Dass diese letzten Etappen jeweils über Jahrhunderte liefen und dass sie sich keineswegs in allen Kulturen und Regionen gleichzeitig abspielten und abspielen, ändert nichts an den Zusammenhängen.
    Erkennt man sie aber, so kommt man zu der fast zwingenden Annahme, dass sich auch in der islamischen Welt Ähnliches abspielen wird. Und dass vor allem jene islamische Kultur, die bildungsmäßig am weitesten ist, auch jene sein wird, wo die sich religiös abstützende Feudalherrschaft als erste dauerhaft stürzen wird. Und das ist Persien, der Iran. Ob das dort und dann irgendwann im Rest der islamischen Welt freilich friedlich oder blutig passieren wird, ist völlig offen. Es waren ja auch in der christlichen Welt die skizzierten kulturgeschichtlichen Umwälzungen nicht gerade glatt abgegangen. Diese Anmerkung ist freilich ganz und gar nicht eine Empfehlung, dass man die Hände in den Schoß legen soll, dass die so bedrohliche Entwicklung des Islam ohnedies einmal zu einem guten Ende führen würde, und dass sich Europa nicht schützen müsse.
  5. Zurück zum Satz: Kommunikation ist Macht und jede politische Macht will die Kommunikation beeinflussen: Die politische Macht hat sich nämlich keineswegs kampflos durch die Ausbreitung der Kommunikation zurückdrängen lassen. Sie hat mit harmloseren und weniger harmloseren Mitteln um die Herrschaft über die Kommunikation gekämpft. Einige Beispiele für die harmloseren Mittel:
    - Ich hatte einmal in Alpbach die stellvertretende Kabinettschefin von Bill Clinton zu moderieren. Sie machte klar: "90 Prozent unserer Arbeit ist nicht, was der Präsident, was die Administration tut, sondern wie es verkauft, wie es kommuniziert wird."
    - Das war also schon lange vor den berühmten Tweets des Donald Trump so.
    - Aber auch Bruno Kreisky dürfte fast 90 Prozent seiner Zeit damit verbracht haben, zu kommunizieren, mit Journalisten zu reden, Interviews zu geben (Geschrieben hat er übrigens erstaunlich wenig).
  6. Es gibt aber auch weniger harmlose Mittel der politischen Macht, um die als bedrohlich empfundene Medien- und damit Meinungsfreiheit wieder einzuschränken. Denn auch nach 1867 unterlag die Presse- und Meinungsfreiheit mehr oder weniger großen Einschränkungen. In den totalitären Systemen, Nationalsozialismus, Kommunismus oder Islamismus gab und gibt es sie natürlich überhaupt nicht. Ebensowenig in allen Diktaturen. Da gab es nur gleichgerichtete Propaganda und meist strenge Strafen für jede wirklich freie Meinungsäußerung.
    Aber auch in scheinbar demokratisch-rechtsstaatlichen Zeiten gab und gibt es viele Ausnahmen:
    - so etwa den Schutz des Kaiserhauses vor Kritik und unziemlichen Bemerkungen;
    - in Italien etwa gibt es so etwas heute noch im Interesse des Staatspräsidenten;
    - so gab es auch in Kriegs- und Besatzungszeiten immer zusätzliche Einschränkungen;
    - so gab und gibt es bis heute allerlei Einschränkungen im angeblichen nationalen Interesse;
    - so gab und gibt es Limitierungen durch Ehrenbeleidigungs- und Medienrecht;
    - so gab es lange Beschlagnahmungen von gerade erschienen Zeitungen;
    - so gab es lange die Lasserschen Paragraphen, die die mediale Strafrechtsberichterstattung einschränkten.
  7. In der jeweils zweiten Hälfte der letzten beiden Jahrhunderte gab es Phasen der Liberalisierung. Im neuen Jahrtausend gewinnen aber wieder die Einschränkungen Oberhand.
    Insbesondere durch Gesetze der Political-Correctness, wie es die sogenannten Verhetzungs-Paragraphen sind, die so etwas Diffuses wie "Hass" verfolgen. Besonders schlimm daran ist: Das Erregen von Hass wird nur dann verfolgt, wenn dieser gegen bestimmte privilegierte Gruppen gerichtet ist, nicht aber beispielsweise gegen Unternehmer, Bauern oder Pfarrer. Das ist gerade in seiner Nicht-Greifbarkeit ein typischer Gummiparagraph, der von totalitären Regimen zur Knebelung jeder Meinungsfreiheit verwendet werden kann, ohne dass sie neue Gesetze erlassen müssten.
  8. Eine besonders üble Einschränkung der Meinungsfreiheit ist der Zwangsgebührenrundfunk, also das Recht eines staatlich kontrollierten Monopolsenders, von jedem Besitzer eines Radio- oder Fernsehgeräts satte Zwangsgebühren einheben zu können, selbst wenn man diesen Sender nie konsumiert. Das ist vor allem eine schlimme Einschränkung, wenn etwa die staatlichen Fernsehprogramme nur noch einen Marktanteil von unter 30 Prozent haben (und nicht mehr von fast 100 Prozent wie einst bei Einführung der Gebühren).
  9. Genauso schlimm ist aber auch die Einflussnahme der politischen Macht in Österreich durch die Bestechungsinserate. Alljährlich werden mindestens 150 bis 200 Millionen zur Beeinflussung der Berichterstattung und Kommentierung von Medien durch aus Steuergeldern bezahlte Inserate und Kooperationen ausgegeben.
    Das Allerschlimmste daran ist wohlgemerkt nicht so sehr der Inhalt der Inserate, sondern dass dieses Geld völlig freihändig ohne Kontrolle und Ausschreibung nach Belieben der jeweils herrschenden Politiker vergeben wird, um willfährige Medien zu finanzieren und kritische auszuhungern. Das ist genau so, wie einst die Monarchen Goldmünzen unter eine jubelnde Menge geworfen haben. Weitaus am meisten Steuergeld wirft die Gemeinde Wien unter die jubelnden Medien. Aber auch der Bund tut dies seit der Ära Faymann, wenn auch in niedrigerem Umfang. Leider hat die neue Regierung da den Fluss der Gelder nur umgelenkt, nichts Grundlegendes geändert.
    Das ist eindeutig der größte Korruptionsskandal dieses Landes. Wenn man diese Zusammenhänge und Dimensionen westlichen Kollegen beschreibt, sind die fassungslos. Aber dennoch unternimmt die freilich auch in anderer Hinsicht immer problematischer werdende Staatsanwaltschaft nichts.
  10. Noch schlimmer: Aus dem Wiener Justizministerium ist schon ein erster Vorstoß gekommen, jetzt auch noch ein Diskriminierungsverbot durchzudrücken. Das ist vorerst im Parlament gescheitert.
  11. Und noch schlimmer: Angela Merkel hat jetzt erstmals angeregt, politische Parteien zu bestrafen, die "Desinformation" betreiben. So als ob irgend jemand im Besitz der absoluten Wahrheit wäre, der unterscheiden kann, was Information und was Desinformation ist. So als ob Merkel und die anderen Parteien der Macht selbst immer objektiv informieren würden.
  12. Immer mehr gerät also das so wichtige philosophische Grundprinzip wieder in Vergessenheit, das der gesamten Meinungs- und Redefreiheit zugrunde gelegen ist, das der große Aufklärer Voltaire so formuliert hat:
    "Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könnte, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht kommt uns von Grund auf zu; und es wäre abscheulich, dass jene, bei denen die Souveränität liegt, ihre Meinung nicht schriftlich sagen dürften."
    Mit "denen, bei denen die Souveränität liegt," meint der Philosoph des 18. Jahrhunderts wohlgemerkt die Bürger in ihrer Gesamtheit und nicht etwa die Monarchen, die sich noch lange für den Souverän hielten!
  13. Auf der anderen, der positiven Seite der Entwicklung findet sich aber ebenfalls enorm Gewichtiges, was dem Kampf von Merkel&Co seine Bedrohlichkeit nehmen dürfte. Das ist der sensationelle Durchbruch des Internets während der letzten 10 bis 20 Jahre. Das Internet wird mit Sicherheit eine so dramatische gesellschaftliche und politische Umwälzung zur Folge haben, wie sie wirklich nur mit dem Buchdruck und all seinen beschriebenen Auswirkungen zu vergleichen ist.
    Denn das Internet, die Möglichkeit, dass jeder de facto ohne technische Schranken publizieren, dass jeder seine Meinung in Text oder Video kundtun kann, dass er ebenso unbeschränkt die Meinungen anderer hören kann, hat ungeheure revolutionäre Bedeutung. Viele ahnen die wahre Bedeutung erst, die das Internet für die Welt der Medien wie aber auch die gesamte Gesellschaft haben wird.
  14. Es hat absolut revolutionäre Bedeutung, dass erstmals nicht mehr nur eine Elite Herr der Kommunikation ist: die Schriftkundigen, die Druckereien, die Zeitungsherausgeber, die Fernsehintendanten und die zugehörige Journalistenklasse.
    Jetzt ist völlig gleichberechtigt jeder Erdenbürger dazu imstande, zu sagen, zu schreiben, zu hören, zu lesen, was er will. Damit verliert zwangsläufig die Elite ihre Macht, die Gatekeeper, aber auch die Politik, die es immer wieder verstanden hat, sich dieser Gatekeeper zu bedienen. Wenn alle Zäune umgerissen sind, dann ist es egal, wer am Tor Wache hält.
    Damit haben die Medien ein für allemal ihrer Schlüsselrolle als Torwächter verloren, und die Macht zu kontrollieren, welche Informationen an die Bürger dringen und welche nicht. Wie die Informationen gefärbt und manipuliert werden.
    Man sieht es ja schon längst: Die Zeitungen wie das traditionelle Fernsehen verlieren massiv an Auflage und Bedeutung. Bei den unter 30-Jährigen nimmt schon die absolute Mehrheit nie mehr eine Zeitung in der Hand. Bei den Über-60-Jährigen tun das zwar noch mehr als 80 Prozent. Aber die Perspektive geht steil nach unten. Das ist so wie die Ablösung des Pferdefuhrwerks durch das Auto.
  15. Damit verliert aber auch die politische Macht zunehmend die Möglichkeit, ihrerseits durch Manipulation oder Bestechung der klassischen Medien auch die Bürger zu manipulieren. Macht und Medien haben sich ja in einem Kartell der politmedialen Machtteilung arrangiert. Das wird nun zerstört.
  16. Natürlich nehmen sowohl klassische Medien wie auch politische Macht das nicht kampflos hin. Sie versuchen alle möglichen rechtlichen Regeln zur Bekämpfung der Konkurrenz, die das Internet für beide darstellt. Manche dieser Regeln sind auch durchaus legitim. Viele, wie beispielsweise die nur für Print reduzierte Mehrwertsteuer, diskriminieren aber jetzt schon das Internet.
    Sie versuchen auch die Konkurrenz aus dem Internet mit allen Mitteln zu denunzieren. Eines davon ist die Propaganda, dass das Internet voll von Gerüchten, Geheimdienst-Desinformationen, russischer Schleichpropaganda, Fake News und aggressiven Tönen ist. Das stimmt sogar. Jedoch: All das finde ich genauso auch in klassischen Medien.
  17. Aber letztlich werden weder schikanöse Regeln noch Denunziationen helfen. Es wird der Macht und den alten Medien nichts nutzen – vor allem weil das Internet eine globale, grenzübergreifende Sache ist.
    Überdies ist das Internet auch voll von einer noch nie dagewesenen Vielfalt an Fakten und Wahrheiten, die die Manipulationen, Schlagseiten und Korruptions-Deformationen der klassischen Medien mehr als ausgleichen. Das Internet ermöglicht eine größere Breite und Vielfalt denn je.
    Berühmtestes, aber keineswegs einziges Beispiel für die wahrheitsfördernde Funktion des Internets ist der Kölner Silvester 2015, als die klassischen Medien 5 Tage lange die Hunderten kriminellen Vorfälle durch "Flüchtlinge" und andere Migranten aus politischer Korrektheit heraus verschwiegen, bis sie erst dann den unzähligen elektronischen Berichten nachgeben mussten. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Dennoch versuchen die klassischen Medien in ihrem Selbstzerstörungsdrang weiterhin Verbrechen, brutalste Massenvergewaltigungen oder Messerstechereien im Migrantenmilieu möglichst zu verschweigen, weil sie ja selbst durch ihre infantile "Welcome"-Berichterstattung Mitschuld an der Massenmigration tragen.
  18. Letztlich ist das Feld der Kommunikation eine Frage des Vertrauens. Welcher Quelle vertraue ich? Welchem Menschen, welchem Autor, welcher Zeitung, welcher Fernsehstation, welchem Internetportal?
    Um diesen Denkaufwand kommt man auch im Internet-Zeitalter nicht herum. Einst musste man nur entscheiden, ob man der Volksstimme oder der "Presse" mehr vertraut, dem "Economist" oder der "Prawda". Heute muss man unter vielen Quellen entscheiden. Nicht dass Internet-Quellen automatisch seriöser werden. Aber sie haben einen großen Vorteil: Sie können jedenfalls nicht kollektiv bestochen sein.
  19. Es wird der politischen Macht nicht gelingen, das Internet zum Schweigen zu bringen. Gelingt das doch nicht einmal in China. Das Internet hat bei allen damit verbundenen Problemen und Herausforderungen jedenfalls eine gewaltige Befreiungs-Funktion. Wie etwa 1848 die Bauernbefreiung.
  20. Was aber bedeutet das für die Zukunft des politischen Systems, unserer Verfassung? Haben doch alle Kommunikations-Revolutionen der Vergangenheit auch diese umgewälzt. Es spricht jedenfalls viel dafür, dass so wie der Buchdruck zum Lesen-Können, zur Preßfreiheit, zu Verfassungen und zum allgemeinen Wahlrecht geführt hat, dass nun die globale Demokratisierung sämtlicher Kommunikationsflüsse zur nächsten Stufe der Demokratie führen muss: nämlich von der repräsentativen Demokratie, wo man nur alle 4 oder 5 Jahre seine Stimme im Wortsinn abgeben kann, zur direkten Demokratie, wo die Bürger die Entscheidung über alle wichtigen Sachfragen an sich ziehen können.
    Wir sind ja nicht nur mit dem beschriebenen dramatischen Sprung in der gesamten Informations- und Kommunikationswelt konfrontiert. Wir erleben gleichzeitig auch eine enorme Veränderung der Bildungswelt: Nicht mehr Lesen und Schreiben ist die Schwelle, sondern die Mehrheit absolviert heute tertiäre Studien, macht also nach der Matura noch etwas. 
    In dieser Welt wäre es absurd, wenn man weiterhin einer Partei auf vier oder fünf Jahre einen Blankoscheck geben müsste, obwohl man beispielsweise mit drei Parteien zu jeweils einem Drittel in jeweils anderen Fragen einer Meinung ist.

Doch freilich: Hier wird sich die politische Elite noch sehr wehren. Ähnlich wie es heute die abstürzende mediale Elite in letzten Krämpfen versucht.

Aber irgendwann wird sich, so bin ich überzeugt, so wie die Aufklärung auch die zweite Welle der bürgerlichen Emanzipation und der Demokratisierung durchsetzen.

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