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Der Arbeitsmarkt wird immer widersprüchlicher. Insgesamt sinkt ja die Arbeitslosigkeit. In etlichen Berufen – solchen, die eine Lehre, ein Medizin- oder Technik-Studium voraussetzen – gibt es dramatischen Mangel, der auch zum würgenden Problem für die volkswirtschaftliche Entwicklung wird. Zugleich aber gibt es in vier ganz unterschiedlichen Bereichen das gegenteilige Problem. Der Widerspruch wird jedoch nie offen diskutiert.
Öffentlich am meisten bekannt ist die erhöhte Arbeitslosigkeit im Bereich der schlecht Qualifizierten, zu denen vor allem Migranten gehören. Da wird etliches versucht: diverse Kurse, Ausbau der Sprach-Ausbildung schon im Kindergartenalter, oder auch die Reform der Mittelschulen. Der Erfolg ist vorerst mäßig.
Ebenfalls erhöhte Arbeitslosigkeit gibt es im höheren Lebensalter, bei Menschen ab dem 50. Lebensjahr. Wer da einmal – etwa als Folge einer Krise seines Arbeitsgebers – den Job verliert, der hat schlechte Chancen, einen neuen zu finden. Aber nicht etwa, weil er nicht mehr arbeitsfähig wäre, oder weil die Arbeitgeber prinzipiell etwas gegen ältere Mitarbeiter hätten – auch wenn manche von ihnen Probleme mit neuen Technologien haben, was sie aber oft wieder durch Erfahrung und Verlässlichkeit ausgleichen –, sondern vor allem aus einem anderen Grund: Weil Arbeitnehmer in diesem Alter einfach zu viel kosten. Wenn jemand mit 55 doppelt so teuer kommt wie ein 25-Jähriger, dann können oder wollen sich viele Arbeitgeber das schlicht nicht leisten. Daran schuld sind all jene Kollektivverträge, die die Lohnhöhe nach Zeit der Berufstätigkeit staffeln, woran wiederum die Gewerkschaften schuld sind. Um doch einen Job zu finden, hilft es Älteren nicht einmal, wenn sie sich mit dem Arbeitgeber auf einen niedrigeren Gehalt einigen – denn schon am zweiten Arbeitstag können sie ja einen höheren Bezug rechtlich durchsetzen. Das will kein Unternehmen riskieren.
Ein drittes potenzielles Arbeitskräfte-Reservoir wären die noch Älteren, vor allem Frauen. Sie werden durch Österreichs antiquiertes Pensionsrecht viel zu früh in Pension gezwungen.
Am wenigsten öffentlich bekannt ist die signifikant erhöhte Arbeitslosigkeit einer vierten Gruppe, nämlich von Universitätsabsolventen. Das verblüfft, haben doch OECD- und andere Studien empfohlen, den Akademikeranteil zu erhöhen. Jedoch stellt sich das heute als Akademisierungswahn heraus, der weit übers Ziel hinausgeschossen ist. Das zeigt etwa die Zahl von 11,6 Prozent: So viele Absolventen einer tertiären Ausbildung (insbesondere eines Studiums) sind heute in Wien arbeitslos.
Das ist auch kein Wunder: Ist doch in den letzten zehn Jahren die Akademikerquote unter den 25- bis 29-Jährigen von 16 auf 40 Prozent gestiegen! Für Tausende jährlich fertig werdende Politologen, Publizisten & Co wäre es weit besser, sie hätten eine ordentliche Lehre gemacht. Und für Österreich erst recht.
Aber das alles wagt niemand laut zu sagen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".