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Türkei, Argentinien, Amerika: Die globalisierten Nachbarn

Pfui Globalisierung! Über kaum einen Slogan sind sich fast alle Linken ebenso wie viele Rechtspopulisten so einig wie über diesen. Er ist freilich ebenso sinnvoll wie der Ruf, in den wir bald wieder ausbrechen werden: Pfui Winter! Auch der findet dennoch völlig ungerührt und – meist im Wortsinn – eiskalt statt.

Man sieht es wieder in diesen Wochen: Wenn in den USA die Zinsen steigen und die Wirtschaft boomt, fließt viel Geld dorthin. Es wird vor allem aus als instabil geltenden Ländern abgezogen. Erstes Opfer ist die Türkei – wenig überraschend bei einem Staatspräsidenten, der an den Koran zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme glaubt. Zweites Opfer ist Argentinien. Beide Länder liegen nur auf dem Globus weitab, in der Welt des Kapitals sind sie hingegen geradezu kommunizierende Gefäße mit den USA.

Wie auch fast alle anderen Länder, die hohe Verschuldung in fremden Währungen haben. Auch sie werden bald in den Abwärtsstrudel kommen und mit Bittgängen zum Internationalen Währungsfonds sowie exorbitanten Zinserhöhungen verzweifelt nach Halt suchen. Das wieder werden vor allem Schwellenländer sein, die zuletzt ein scheinbar ermutigend hohes Wachstum hatten.

Jedoch: Wenn dieses Wachstum durch allzu viele fremde Gelder befeuert worden war, hatte man auch das Risiko befeuert. Das trifft nicht auf alle Schwellenländer zu. Etwa China hat sich nicht im Ausland verschuldet. Sein Wachstum baut auf der Ausbeutung der eigenen Arbeiter seit den 80er Jahren auf. Das ist nur in einer rigiden kommunistischen Diktatur möglich. China hat so einen Exportmarkt nach dem anderen erobert. Es hat sein Wachstum freilich auch mit extensivem Diebstahl an ausländischen Investoren erzielt, die in China oft einige Patente ärmer und Erfahrungen reicher geworden sind. Deshalb wäre übrigens der Kampf des Donald Trump gegen Chinas Knowhow-Diebstahl einer der wenigen Punkte, wo Europa eigentlich die gleichen Sorgen hat und daher auch gemeinsam vorgehen sollte.

Zurück zu den ersten Strauchlern. Die Türkei versucht ihre Finanzprobleme derzeit durch getarnte politische Bittgänge zu lösen, nach Deutschland, Russland, Katar. Der Erfolg ist zweifelhaft.

Argentinien geht den klassischen Weg: Es hat sich an den Internationalen Währungsfonds gewendet. Das ist durchaus pikant: Hat das Land doch vor 13 Jahren diesen IWF hochmütig hinausgeworfen. Zugleich ist Argentinien ein doppelt trauriges Beispiel. War es doch Mitte des 20. Jahrhunderts eines der reichsten Länder der Welt. Hat es doch in der allerletzten Zeit einige sinnvolle Reformen begonnen.

Jedoch sind diese halt noch überhaupt nicht ausgereift. Und vor allem hat Argentinien durch die jahrzehntelange Misswirtschaft des Peronismus jedes Vertrauen verspielt. Nach diesen Erfahrungen glaubt kein Investor, dass das – stark italienisch geprägte! – Land die Ausdauer zu längerer Disziplin und Einschränkungen hat, damit es endlich wieder aus eigener Kraft wachsen kann.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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