Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Das in mehrfacher Hinsicht verunglückte "Haus der Geschichte" ist jetzt einer geistigen Teilsanierung unterzogen worden. Dadurch wird nun wenigstens ein grundlegender Konstruktionsfehler saniert. Aber an den grundlegenden Katastrophen ändert sich gar nichts.
Eine teilweise Behebung der völlig verfehlten Konstruktion erfolgt dadurch, dass aus dem "Haus der Geschichte" jetzt ein "Haus der Republik" wird. Damit hat das Ganze wenigstens von der Bezeichnung her erstmals eine gewisse Logik. Ist es doch nur logisch, eine Museumkonstruktion, die sich fast nur mit den 100 Jahren der Republik befassen sollte, gleich ganz nach dieser zu benennen.
Das bisherige Konzept war ja eine reine Absurdität, da es die Geschichte Österreichs mitten im 19. Jahrhundert anfangen lassen wollte. Im 19. Jahrhundert tritt aber lediglich die Sozialdemokratie – und treten indirekt auch die anderen heutigen Parteien – in die Geschichte ein. Das war nun gewiss nicht "der" strahlende Höhepunkt der Geschichte Österreichs. Nicht nur weil sich die Mehrheit der Österreicher nicht mit einer solchen Geschichtssicht identifizieren kann, sondern weil sogar das Wort "Österreich" schon vor etlichen Jahren den tausendsten Geburtstag gefeiert hat. Wobei natürlich auch schon vor dem zehnten Jahrhundert der Raum des heutigen Österreich viel Interessantes erlebt hat.
Ein Haus der Republik, das sich auf die 100 Jahre der Republik beschränkt, ist wenigstens nicht mehr ein Widerspruch in sich, obwohl klar ist, dass ein echtes Haus der gesamten österreichischen Geschichte wichtiger gewesen wäre. Wie es – sparsam, aber mit einigen guten Ansätzen – seit einiger Zeit in St. Pölten besteht. Aber natürlich bleibt es unbefriedigend, wenn Niederösterreich die ganze Geschichte Österreichs gleichsam usurpiert. Hat doch fast jedes Bundesland eine durchaus eigenständige und sich von Niederösterreich und seiner alten Hauptstadt Wien unterscheidende Geschichte. Eine ungarische, eine bayrische, eine slawische, eine selbständige …
Und natürlich würde seriöse Geschichtsarbeit auch nicht umhin können, das "Haus Österreich", also die Habsburger, und die Schöpfer von Rot-Weiß-Rot, also die Babenberger, gebührend in die Geschichtsschreibung einzubeziehen.
Dass ein "Haus der Republik" weiterhin in der einst kaiserlichen Burg untergebracht bleibt, ist nun doppelt seltsam und verzerrend. Auch wenn schmerzhaft klar ist, dass in diesen hundert Jahren kaum mehr etwas gebaut worden ist, was von dauerhafter Bedeutung ist und einem solchen Museum angemessen wäre. Wahrscheinlich könnte nur – so wie etwa in Bonn – ein spannender Neubau dem zweifellos großen Anspruch gerecht werden. Dafür ist aber das reservierte Budget viel zu klein. Wofür man freilich als Steuerzahler Verständnis hat.
Worin die Bedeutung liegen mag, dass das Ganze nun nicht mehr dem staatlichen Museumskomplex, sondern dem Parlament angedockt worden ist, entzieht sich meinem Verstand. Die Vermutung ist groß, dass das lediglich dem Machtspiel der Politiker und vor allem der eifersüchtig wetteifernden Museumsdirektorinnen dient und halt damit begründet wird, dass der derzeitige Parlamentspräsident ein Historiker ist. Wenn dann ein nächster Präsident kommt, der das nicht ist, wird dann wohl wieder eine neue Wanderungsdiskussion beginnen …
Aber gewiss: Diese Wanderung ist auch keine sonderlich aufregende Katastrophe. Das ist jedoch sehr wohl die jetzt beginnende Start-Ausstellung über 100 Jahre Republik. Diese ist doppelt bedeutend und wegweisend geworden, weil ja diese eigentlich befristet gedachte Ausstellung nach der nunmehr verkündeten Umpolung weitgehende Kongruenz mit der künftigen Museumsrolle hat.
Denn sie zeigt als eines ihrer schon räumlich größten Stücke das sogenannte Waldheim-Holzpferd. Dieses zur Verhöhnung des einstigen Bundespräsidenten gedachte Werk eines kommunistischen Bildhauers symbolisiert aber die größte Denunziations- und Lügenaktion der gesamten zweiten Republik. Und steht keineswegs wie behauptet für eine korrekte Aufarbeitung der Vergangenheit.
Denn dieser Kurt Waldheim, dessen Präsidentschaftskandidatur von der SPÖ damals mit einer massiven, auch über internationale Banden gespielten Verleumdungsaktion diskreditiert werden sollte, war zwar ein typischer diplomatischer Opportunist und kein Widerstandskämpfer, aber er war mit Sicherheit auch kein Nazi, zu dem ihn die SPÖ wahltaktisch stempeln wollte. Selbst wenn Waldheim in seiner Biographie den grausamen Balkankrieg verwischt hat, so ist es einfach absurd, jemanden ohne einen einzigen konkreten Beweis in eine Schlüsselrolle des NS-Systems zu rücken, der in sechs Jahren Soldat lediglich den Sprung vom Leutnant zum Oberleutnant geschafft hat. War das doch ein Krieg, in dem andere den Weg von ganz unten bis zum General genommen haben.
Und es ist auch eine glatte Geschichtslüge, wenn man die Waldheim-Kampagne als Beginn der österreichischen Vergangenheits-Bewältigung darstellt. Genau das versuchen aber die Sozialisten seither, um sich selbst in die Rolle der sauberen Vergangenheitsaufarbeiter zu rücken. Aber erstens war Österreich in den späten 40er Jahren weit aktiver als etwa Deutschland bei der Bestrafung, Verurteilung und auch Hinrichtung von NS-Tätern gewesen. Und zweitens war es gerade die SPÖ selber, die sich auch nach 1945 schuldig gemacht:
Es ist einfach eine ungeheuerliche Geschichtslüge, wenn man durch das Holzpferd die sozialistische Geschichts-Umschreibung in eine offizielle Republiks-Ausstellung aufnimmt, ohne all das zu erwähnen. Es ist ja auch kein Zufall, dass diese Geschichtsfälschung genau in den 80er Jahren begonnen hat, als die letzten Ehemaligen in die Pension gewechselt, also unbrauchbar geworden waren (wenn sie überhaupt noch am Leben waren). Was sie als billigen Opportunismus entlarvt.
PS: Fassungslos hat unlängst auch ein Vortrag der Leiterin dieses Museums gemacht. Sie hat darin zum Entsetzen aller anwesender Ökonomen behauptet, dass das österreichische Wirtschaftswunder auf der in der Nazi-Zeit erfolgten Entwicklung der Grundstoffindustrie und auf den Leistungen der Zwangsarbeiter beruht hätte. Ein kapitaler Unsinn: Denn 1945 war Österreich nach allen seriösen Studien das ärmste Land Europas. In den Jahren danach hat es aber weder Zwangsarbeiter gegeben noch irgendeine Aufbauleistung von Nazis. Was es gegeben hat, waren vielmehr durchgreifende marktwirtschaftlich-liberale Reformen, ein Marshall-Plan und eine großartige Anstrengung aller Österreicher. Das Ganze beweist: Je ahnungsloser, umso eher macht man in Österreich als Historiker Karriere.