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Wackelkandidaten füllen das Sommerloch

Wenn im Sommer(loch) die Schatten lang sind, dann sehen auch Zwergen-Duelle wie ein Kampf der Titanen aus.

In Zeiten der großen Hitze oszilliert das Interesse an Politik verständlicherweise rund um den Nullpunkt. Kein Thema will so richtig zünden – der Kampf der Gewerkschaft und des ORF gegen die Arbeitszeitflexibilisierung wird nur mehr lustlos mangels anderer Themen weitergeschleppt. Auch die Empörung über einen weiteren Fettnäpfchentanz der in Mediendingen offenbar beratungsresistenten Sozialministerin erhitzt nur sehr wenige Gemüter. Es ist eben viel zu heiß.

Wohl weil das Nichts nichtet (© Martin Heidegger), fällt viel stärker ins Auge, was zu Normalzeiten so unbeachtet über die Bühne gebracht werden könnte, wie es sich die Königsmacher in den diversen Parteien wünschen würden: die beabsichtigte Abhalfterung von Christian Kern und die versuchte Verhinderung von David Ellensohn als Grünen-Chef in Wien.

Bei der SPÖ ist Feuer am Dach. Christian Kern kann nicht nur den Oppositionschef nicht, er ist auch beim Kampf gegen die Arbeitszeitflexibilisierung fehl am Platz und daher nicht existent. Schließlich hat er den 12-Stunden-Tag sowohl in seinem Plan A als auch bei den ÖBB gehabt – da klingt sein Protest dann doch nicht übermäßig glaubhaft. Kein Wunder, dass die Gewerkschafter einspringen müssen. ÖGB-Chef Katzian wird deshalb bereits als Herausforderer gefeiert. Allerdings mehr mit dem Ziel, überhaupt eine Entscheidung herbeizuzwingen, als ihn tatsächlich seinen mächtigen Posten gegen die Ohnmacht eines Oppositionsführers tauschen zu sehen.

Vielmehr hofft eine ganze Partei darauf, dass Kerns erlösende Worte von irgendwelchen neuen beruflichen Herausforderungen (endlich wieder mit höherer Gage), zugunsten derer er das Handtuch wirft, bald fallen: Am Parteitag am ersten Oktoberwochenende ist diese Erklärung jedenfalls zu spät.

Denn der Wunschkandidat weiter Kreise in der SPÖ ist kein Gewerkschaftsboss, sondern der Burgenländer Hans Peter Doskozil. Und er muss schon im September die Weichen Richtung Niessl-Nachfolge passieren. Wenig später wieder abzuspringen - und noch dazu zugunsten einer Funktion im Bund – wäre ein Fehlstart, den sich niemand leisten kann.

Und so werden wir Zeugen einer öffentlichen Abhalfterung, die wir vor der Ära Faymann bei der SPÖ noch nie gesehen haben. Diesmal freilich muss es ohne Pfeifkonzert am 1. Mai abgehen, diesmal muss der verglühte Stern am Parteihimmel selbst die Reißleine ziehen: Das ist das letzte Gesetz des Handelns, das Kern noch in der eigenen Hand hat.

Eines freilich darf man als Zaungast dieser öffentlichen Nötigung zufrieden feststellen: Der Kampf um den Oppositionsvorsitz tut vorerst niemandem weh. Anders ist das bei dem offenen Kampf um die Parteispitze der Wiener Grünen, die ja immer noch in der Stadtregierung sitzen.

Da hat Urgestein Maria Vassilakou offensichtlich vor, ihren ewigen Herausforderer und langjährigen Intimfeind David Ellensohn auf Kosten der Bürger kalt zu stellen. Sie bedient ihre Basis in diesem Sommer mit Vorschlägen, die falls sie jemals Realität werden, das absolute Chaos auslösen könnten. Eine City-Maut an der Stadtgrenze, ohne die Tausenden Einpendler mit Ersatzlösungen zu bedienen, ist Politik à la Grün, wie wir sie ständig zu erleiden gezwungen sind. Da tröstet es nicht, dass sich diese Idee nur an die grüne Basis richtet, deren Vision einer autolosen Stadt bedient werden soll. Da die Dame immer noch Verkehrs- und Planungsstadträtin ist, kann sie ihren innerparteilichen Kampf auf unser aller Kosten führen.

Und da wird der sommerliche innerparteiliche Kampf von Wackelkandidaten um ihre Posten schon um einiges weniger lustig.

 

 

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