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Festspiele: Dickes Ende, dünner Anfang

Der alljährliche Festspielsommer wogt. Hauptsächlich bietet er Gewohntes: Der Bundespräsident stößt ein Eröffnungsmahnen aus, dann werden keine Kosten und Mühen gescheut, allen zu gefallen – von den Kunstfreunden bis zur Seitenblicke-Schickeria. Heuer aber war doch etwas anders: Die Festspiele Erl fanden ein dickes Ende, die Salzburger Festspiele einen dünnen, aber ärgerlichen Anfang.

Irgendwie hat die #metoo-Kampagne in Österreich nie so wirklich abgehoben. Jetzt endlich haben sich sechs Künstlerinnen hervorgewagt und die seit langem – allerdings nur anonym – kursierenden Anschuldigungen gegen den Erfinder der Festspiele Erl mit Brief und Siegel belegt. Die Staatsanwaltschaft wurde tätig, Gustav Kuhn stellte die Leitung des Festivals ruhend.

Aber Erls Festspiel-Präsident Hans-Peter Haselsteiner wollte offensichtlich zeigen, dass er aus dem Fall Pilz gelernt hat – der kehrte nämlich nach Einstellung der Ermittlungen (u.a. wegen Verjährung) ins Parlament zurück, als ob seine Unschuld bewiesen wäre. Eine solche Bigotterie wollte Haselsteiner im Fall Kuhn nicht zulassen – und beging selbst eine.

Er verlangt nämlich als Voraussetzung für eine weitere Zusammenarbeit mit Kuhn auch eine Absolution durch die Gleichbehandlungskommission. Die ist auch zuständig bei sexueller Belästigung – und sieht die Beweislastumkehr vor. Der Belästiger muss glaubhaft machen, dass er unschuldig ist. Wie das bei all den Unappetitlichkeiten, die Kuhn zur Last gelegt werden, gehen soll, steht in den Sternen. Da wäre es ehrlicher gewesen, Haselsteiner hätte den Mut zu einem klaren Schnitt aufgebracht – in welcher Unschuld er seine Hände waschen will, indem er die Gleichbehandler einschaltet, ist rätselhaft. Das Concertgebouw Orchester war da geradliniger und feuerte bei gleicher Faktenlage seinen international viel berühmteren Chefdirigenten Daniele Gatti ohne Wenn und Aber. Hierzulande sind Lösungen halbherzig. Kuhn wird - ob entlastet oder nicht – in Erl jedenfalls weiterhin tätig sein, wenn schon nicht als Intendant, so doch als Dirigent. Ein schlampiges dickes Ende in Erl also.

Dem steht ein ärgerlicher Salzburger Anfang gegenüber. Nun gehört es ja mittlerweile zum zweifelhaften österreichischen Brauch, Festredner nach Kriterien wie der Auftrittshäufigkeit in Talkshows oder der Produktion leichtverdaulicher Publizistik auszusuchen. So kam der Märchenerzähler Köhlmaier wohl zu der Einladung, Festredner im Parlament zu werden, wo er dann viel beachtet die Regierung beschimpfen durfte. Das hätte ihn eigentlich hierzulande für weitere Festrede-Auftritte empfohlen.

Aber Salzburg entschied sich für den Historiker Philipp Blom, weltberühmt in Österreich als sanftstimmig säuselnder Oe1-Moderator. Für Salzburg war ja vor einigen Jahren der französische Philosoph André Glucksmann nicht gut genug, also durfte man von Blom schon Großes erwarten.

Dass er die Aufklärung thematisch in den Mittelpunkt stellen wollte, hätte ja zu schönen Hoffnungen Anlass gegeben. Schließlich sind die Salzburger Festspiele schon durch die Konzeption ihrer Gründerväter das europäischste Festival schlechthin. Und dass viele Errungenschaften der Aufklärung, die Europa ausmachen, durch die Völkerwanderung zunehmend bedroht sind, ist bedauerlicherweise spürbar.

Doch was festredet Herr Blom? Der Satz "Wir sind Kinder der Aufklärung" solle angeblich immer öfter bedeuten: Wir sind "keine Moslems, keine kulturfremden Eindringlinge, denn diese sind nicht wie wir, sie sind unaufgeklärt, nicht integrierbar.." Wo er Recht hat, hat er Recht? Nein, denn Herr Blom meint das vorwurfsvoll. Wer nicht multikulti bewillkommnet, dem spricht er das Aufgeklärtsein ab und bezichtigt ihn des Egoismus: "Wir wollen behalten, was wir haben, wir bleiben, wie wir sind. So wird die Aufklärung zur Waffe zum Erhalt des Status quo der Reichen und der Mächtigen...."

So böse und unaufgeklärt also ist dieses Europa nach Blom - als ob es nicht Tatsache wäre, dass vieles in unserer europäischen, westlichen Lebenswelt den muslimischen Zuwanderern ständig Anlass zu oft tätlicher Ablehnung wird. Nein, Herr Blom findet bei den "Reichen und Mächtigen" – die notabene im Publikum saßen und freudig klatschten – den Verrat an der Aufklärung: sie hätten längst ein Zwei-Klassen-Menschenrecht eingeführt, Rationalität durch Rationalisierung, Gleichheit durch statistische Normierung und Universalismus durch globalen Markt ersetzt.

Das Geschwurbel wurde dann auch noch als "Plädoyer für riskantes Denken" verkauft – statt offen zu sagen, was da in Salzburg als Festvortrag tatsächlich gefeiert wurde: Gemeinplätze einer von der Realität abgehobenen Linken, die wohl situiert längst keine Ahnung mehr vom tatsächlichen Leben der Menschen hat, die täglich mit den Auswirkungen der Massen-Zuwanderung konfrontiert sind.

Nun, der Masochismus der Salzburger Kultur-Schickeria ist wohl befriedigt worden, denn Blom beschimpfte sie in jedem Satz. Damit kann man halt in Österreich berühmt werden – und Festredner sowieso.

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