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Österreich, die Diktaturen und ein abbruchsreifes „Haus der Geschichte“

Das "Haus der Geschichte Österreich" hat schon eine erstaunliche Geschichte, bevor es überhaupt eröffnet ist. Diese Geschichte ist im Grund eine einzige Blamage. Und diese Blamage hat jetzt durch eine Aussage der Direktorin dieses "Hauses" eine neue Steigerung erfahren.

Um nur die wichtigsten Etappen dieser peinlichen Blamagenserie zu nennen:

  1. Da wollte man ursprünglich die in Wahrheit mehr als tausendjährige Geschichte Österreichs (mit einer noch viel längeren und hochinteressanten Vorgeschichte des Raumes zwischen Boden- und Neusiedlersee) erst im Jahr 1918 beginnen lassen. Das erweckte ganz den Eindruck, dass man das "Haus Österreich", also die seit dem 13. Jahrhundert hier regierenden Habsburger, aus den Geschichtsbüchern ausradieren wollte.
  2. Dann hat man sich auf das Jahr 1848 als Beginn umentschieden. 1848 war zwar durch die damalige bürgerlich-nationalliberale Revolution mit der erstmals laut vertretenen Forderung nach Meinungsfreiheit zweifellos ein wichtiges Jahr gewesen, aber dennoch nur eine von vielen österreichischen Etappen. Wahres Motiv für die Wahl von 1848 war, dass rund um jenes Jahr auch Marxismus und Sozialismus in die Geschichte eingetreten sind. Was manche ja noch immer für eine positive Entwicklung halten, weshalb sie meinen, Geschichte wäre erst ab diesem Zeitpunkt relevant.
  3. Besonders schlimm war, dass die früher zuständigen SPÖ-Minister die Anfangsphase ganz in die Hände des sozialistischen Parteihistorikers Rathkolb gelegt haben, der geistig noch dazu stark auf die parteiideologisch einseitige Aufarbeitung der NS-Zeit reduziert ist.
  4. Aus dieser Fehlentscheidung entspross gleich die nächste: nämlich die Entscheidung, sich ganz auf den Balkon des Heldenplatz-Bogens als Mittelpunkt zu konzentrieren, den man zugleich auf die Rolle eines "Hitler-Balkons" reduzierte. Dadurch machte man nun auch optisch die NS-Zeit zur wichtigsten Epoche der Geschichte dieses Landes.
  5. Aus dieser Fehlentscheidung erfolgte wiederum die Zurückdrängung und Kastrierung anderer rund um diesen Balkon untergebrachter und sehr bedeutender Museen, die aber außerhalb des Interesses sozialistischer Geschichtsumschreiber stehen. Und die halt keine publizistische oder parteipolitische Lobby haben.
  6. Schlimm für das Konzept des Hitler-Balkon-Museums wurde auch die Tatsache, dass inzwischen in Sankt Pölten (als Hauptstadt des Ostarrichi-Bundeslands) ein Museum der österreichischen Geschichte in Betrieb gegangen ist, das durchaus interessant, wenn auch zweifellos alles andere als perfekt ist. Damit scheint es absurderweise endgültig eine rote und eine bürgerliche Geschichte dieses Landes zu geben.
  7. Ebenfalls ein Rückschlag für dieses Konzept war dann auch das Regierungsprogramm von Schwarz-Blau, in dem ausdrücklich eine "Evaluierung" des gesamten Projektes nach einem Jahr angekündigt worden ist, womit also ein Ende des "Hauses der Geschichte Österreich" für möglich erklärt worden ist.
  8. Ein weiterer Rückschlag war vor wenigen Wochen der offiziell annoncierte Rückzug zweier linker Kuratoriumsmitglieder. Diese begründeten ihr Ausscheiden aber überraschenderweise nicht mit einer Kritik an Schwarz-Blau, sondern mit dem Verhalten der Museumsdirektorin.

Und jetzt erfolgte in einem Interview eben dieser Direktorin der nächste Fehler. Dieser Fehler macht sie und ihr Projekt endgültig unerträglich. Denn er bedeutet eine skandalöse Tendenz zu Uminterpretation der Geschichte, und letztlich zu einer Relativierung des Nationalsozialismus.

Die Direktorin Monika Sommer stellte darin die als Test und Vorspiel des Museums geplante Ausstellung zu den Jahren seit der Republiksgründung 1918 vor. Und dabei sagte sie wörtlich, dass sie "die beiden Diktaturen, die Österreich in diesem Jahrhundert erlebt hat," zu einem der Schwerpunkte der Ausstellung machen werde. Sie setzt also mit dieser Formulierung ohne jeden Zusatz und jede Relativierung den Ständestaat mit dem Nationalsozialismus gleich. Das entspricht ganz der sozialdemokratischen Geschichtsumschreibung, die Wien seit Jahren mit Denkmälern an die "Opfer des Faschismus 1933 – 1945" zupflastert. So eine Formulierung kommt einer Historikerin nicht zufällig in den Mund.

Gewiss: Der Ständestaat war keineswegs eine Demokratie. Aber er ist dennoch in keiner Weise mit dem Hitler-Staat gleichsetzbar. Dieser Vergleich verharmlost vor allem Holocaust, Totalitarismus und Entfachen eines Weltkrieges. Diese Gleichsetzung ist mindestens ebenso absurd, wie wenn ich mein Fußballspielen mit den Enkelkindern zu folgender Formulierung hochschrauben würde: "Die Fußballer Unterberger, Ronaldo, Modric, Mbappe und Messi" ...

Falls Frau Sommer sie nicht kennen sollte, in Kürze ein paar Fakten, die einen nicht nur quantitativen, sondern auch qualitativen Unterschied gewaltigen Ausmaßes zwischen den von ihr gleichgesetzten "beiden Diktaturen" zeigen:

  • Im Ständestaat gab es keinerlei rassischen Verfolgungen.
  • Es gab keine Massenmorde, geschweige denn die industriell organisierte Vernichtung von Millionen Menschen.
  • Im Ständestaat gab es zwar einige vollzogene Todesurteile, aber durchwegs nur gegen Menschen, die in einem Gerichtsverfahren konkreter Gewalttaten überführt worden sind. Und Todesurteile sind in jenen Jahren auch in Demokratien ohne Zögern vollzogen worden.
  • Die Regierung jener Jahre stand neben den Nationalsozialisten einer Sozialdemokratie gegenüber, die sogar im offiziellen Parteiprogramm die Forderung nach einer "Diktatur des Proletariats" erhoben hat, die also selbst ebenfalls alles andere als eine Ansammlung eindeutiger Demokraten war. Die Sozialdemokraten werden auch dadurch nicht zu Demokraten, dass sie 1934 einen von ihnen selbst angezettelten Bürgerkrieg gegen den undemokratischen Ständestaat geführt und verloren haben.
  • Der Ständestaat stand einer mehrfach zur Gewalt greifenden (wenn auch nie offen zugegebenen) Kooperation vieler Sozialdemokraten mit den Nazis gegenüber, die Tatsache ist, auch wenn sie von den Sozialisten gerne verwischt wird.
  • Der Ständestaat hat keine Angriffskriege geführt, und schon gar keinen Weltkrieg ausgelöst.
  • Der Ständestaat kämpfte bis zuletzt, wenn auch vergeblich und wenn auch (leider) ohne Waffeneinsatz für die Eigenständigkeit Österreichs.

Kann irgendjemand jetzt noch ernstlich meinen, ein "Haus" mit dieser Geschichte und einer solchen Direktorin könnte für das Bemühen um eine objektive und differenzierte Annäherung an die zweifellos schwierige und viele Wendungen aufweisende Geschichte dieses Landes und dieses Raumes bringen? Kann irgendjemand außerhalb des SPÖ-Parteisekretariats auch nur einen einzigen Steuereuro dafür rechtfertigen?

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