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Asyl: Union behauptet "Alles gerettet" – oder was

Die Süßigkeit der Macht ist stärker als alle anderen Süchte. CDU und CSU haben sich auf einen Kompromiss geeinigt, von dem man ab der ersten Sekunde weiß, dass es ein Formelkompromiss ist, der nicht halten wird. Geschweige denn, dass auch nur eines der Migrationsprobleme irgendwie einer Lösung näher käme, die mehrheitlich ja außerhalb des Forderungspapiers von Innenminister Seehofer liegen. Hauptsache, man bleibt an der Macht. Hauptsache, Regierungschefin Merkel und Seehofer behalten ihre Ämter.

Zumindest bis zur nächsten Krise, die wohl eher in Wochen als in Monaten vor der Tür steht. Jedenfalls ist der Kompromiss, den die beiden Unionsparteien gefunden haben, alles andere als eine Lösung (Hier habe ich die einzige Chance auf einen echten Stopp der Völkerwanderung bereits skizziert). Selbst die drei dürren Sätze des Kompromisses sind untereinander total widersprüchlich. Sie lauten im O-Ton:

  1. Wir vereinbaren an der deutsch-österreichischen Grenze ein neues Grenzregime, das sicherstellt, dass wir Asylbewerber, für deren Asylverfahren andere EU-Länder zuständig sind, an der Einreise hindern.
  2. Wir richten dafür Transitzentren ein, aus denen die Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden (Zurückweisung auf Grundlage einer Fiktion der Nichteinreise). Dafür wollen wir nicht unabgestimmt handeln, sondern mit den betroffenen Ländern Verwaltungsabkommen abschließen oder das Benehmen herstellen.
  3. In den Fällen, in denen sich Länder Verwaltungsabkommen über die direkte Zurückweisung verweigern, findet die Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Republik Österreich statt.

Dieses Kompromisspapier lässt also fast so viel unklar, wie schon zuvor unklar gewesen ist – außer eben, dass alle ihre Posten behalten, und dass CDU und CSU sich nach einer schweren Ehekrise bewusst geworden sind, dass sie ohne die jeweils andere Unionspartei nicht überlebensfähig sind, dass keine von ihnen Neuwahlen wünscht.

Das Papier, vor allem Punkt 1 mit dem "An der Einreise hindern" klingt so, als ob sich die CSU durchgesetzt hätte. Jedoch Punkt 2 nimmt das alles wieder zurück.

Die Asylwerber werden also doch nicht sofort an der Grenze zurückgewiesen, sondern kommen zuvor in deutsche Transitzentren. Erst von dort sollen sie dann möglichst an die "zuständigen" Länder (also offensichtlich jene, mit denen es Rücknahmeübereinkommen gibt) zurückgewiesen werden. Zu diesem Zweck "wollen" die Deutschen Abkommen schließen.

Weicher geht es kaum mehr.

Was aber ist, wenn es diese von Merkel gewünschten Übereinkommen nicht gibt, weil die anderen Länder nicht daran denken, ebenfalls zu wollen? Dann werden die Menschen an der österreichischen Grenze gleich zurückgewiesen, heißt es in dem Unions-Text.

Wie bitte soll das gehen? Wer aus einem Land kommt, wo die rasche Rückschiebung vereinbart ist, muss sofort gehen? Wer von wo anders kommt, darf bleiben? Das schickt ja völlig verkehrte Signale an die anderen Länder aus!

Dieses Papier ist skurril. Dieses Papier erzeugt nur völliges Chaos: Kein Mensch kennt sich aus, ob nun ein Migrant gleich zurückgewiesen wird oder erst in ein solches Lager – pardon: "Transitzentrum" – kommt.

Ebenso ist völlig unklar, ob die illegalen Migranten solche Transitzentren überhaupt verlassen dürfen. Wenn sie das dürfen, ist aber eines gewiss: In der Stunde einer schließlich vielleicht doch versuchten Abschiebung wird dann – so ein Pech – der allergrößte Teil der Abzuschiebenden ganz zufällig nicht anzutreffen sein. So wie schon bisher.

Hauptsache, man kann sich mit einem solchen unklaren und unzureichenden Papier noch einmal an der Macht halten. Ob auch die Polizisten an der Grenze damit etwas anfangen können, ist doch der Politik egal. Und was mit einem illegalen Migranten passiert, der sich nicht an der Grenze, sondern erst in München oder einer anderen Stadt bei den deutschen Behörden meldet, ist ihnen erst recht egal.

Abgesehen von dieser nur notdürftigen Zukleisterung des Unionszwistes hat das Papier einige ebenfalls seltsame und zumindest auffällige Konsequenzen:

  1. Eigentlich gibt es in der deutschen Bundesregierung ja noch einen dritten Koalitionspartner, also die bisher immer zuwanderungsfreundliche SPD. Hat sie so viel Angst vor Neuwahlen, dass sie den CDU-CSU-Formelkompromiss akzeptiert oder höchstens ein paar Stunden Widerstand heuchelt? Das ist zwar wahrscheinlich, macht aber die SPD endgültig zur lachhaften Witzfigur der deutschen Politik.
  2. Die allergrößte innerdeutsche Unbekannte sind aber gar nicht die Koalitionsparteien, sondern wieder einmal die Richter. Diese haben schon mehrfach die Speerspitze der linken "Welcome Refugees"-Bewegung gebildet und auch schon bisher in vielen Fällen Abschiebungen verhindert. So haben sie etwa bei Abschiebungen nach Ungarn "einzelfallbezogene Zusicherungen über eine rechtskonforme Behandlung überstellter Asylsuchender" verlangt.
  3. Ungarn hat solche Zusicherungen natürlich bisher nie gegeben. Alles andere wäre ja eine Selbstdemütigung Ungarn gewesen, hätte ja das Eingeständnis Budapests bedeutet, dass in Ungarn Menschen nicht automatisch rechtskonform behandelt würden. So blöd können wirklich nur linke Richter sein, so etwas zu fordern. Ihre Blödheit führt jedenfalls dazu, dass auch weiterhin kaum Abschiebungen stattfinden werden. Was aber wahrscheinlich ohnedies schon bisher die Absicht dieser linken Richter gewesen ist.
  4. Ähnlich im Fall Griechenland, wo die deutschen Richter ebenfalls solche Erklärungen verlangen: Dorthin wollte Deutschland allein im heurigen Jahr zwar schon 1714 Mal abschieben. Aber lediglich in 5 Fällen ist dies gelungen, also in 5 von 1714 Fällen! Griechische Behörden haben nur 36 Mal solche absurden Einverständnis-Erklärungen abgegeben. Sie sind ja nicht blöd. Sie denken primär natürlich nicht an die deutschen, sondern die griechischen Interessen, die eindeutig sagen: Wir Griechen wollen die illegalen Migranten keinesfalls zurückhaben. Daher werden wir auch nichts dazu beitragen, dass sie kommen können. Das sagen wir freilich als Land nicht so offen, weil Griechenland ja finanziell nach wie vor am deutschen Tropf hängt.
  5. Es gibt jedenfalls auch nach dem Unions-Kompromiss oder dem jüngsten EU-Gipfel absolut Null Anzeichen, dass die deutschen Richter künftig auf ihre linken Blödheiten verzichten würden. Oder dass die Griechen solche Erklärungen künftig öfter und rascher ausstellen werden.
  6. Punkt drei des Unionskompromisses und damit die sofortige Zurückweisung an der österreichischen Grenze würden also nur dann überhaupt relevant werden, wenn die deutschen Gerichte einer sofortigen Zurückweisung wider ihre bisherige extrem immigrationsfreundliche Judikatur zustimmen würden. Einmal angenommen, dieser unwahrscheinliche Fall tritt ein. Und angenommen, Österreich würde diese "Vereinbarung" mit Deutschland tatsächlich akzeptieren.
      • Was hat dann zu geschehen? Für diesen Fall hat Österreich zweifellos zu Recht angekündigt, dass es selbst sofort all jene Migranten Richtung Süden weiterreichen wird, die es von Deutschland mit dem Stempel "Zurück nach Griechenland" oder "Zurück nach Italien" oder "Zurück nach Kroatien" bekommt.
      • Das ist aber eben nur in all jenen Fällen möglich, wo die Migranten in Italien oder einem Balkanland bereits einen registrierten Asylantrag gestellt haben, sonst würden die deutschen Gerichte ein Rückschiebung nach Österreich schon gar nicht erlauben.
      • Falls aber Italien oder Slowenien die Rückschiebung dieser Menschen nicht akzeptieren, müsste Österreich sofort eine hundertprozentige Kontrolle aller Einreisen aus diesen Ländern einführen. Das wäre für den italienischen oder kroatischen Adria-Tourismus gar nicht gesund. 

Wir sehen also wieder einmal einen typischen politischen Kompromiss, der zwar vorerst allen Politikern eine notdürftige Wahrung des Gesichts erlaubt. Der aber massiv durch die Judikatur der linken Richter bedroht ist. Der vor allem die vielen anderen Fälle überhaupt nicht berührt, die nach Deutschland oder Österreich als angebliche "Flüchtlinge" kommen, ohne vorher anderswo registriert worden zu sein.

Solche "Flüchtlinge" werden künftig zweifellos sogar noch zahlreicher werden und die Mehrzahl der Fälle bilden. Denn Italiener wie Griechen haben absolut Null Interesse, selbst die Migranten zu registrieren, wenn sie damit Gefahr laufen, diese eines Tages von Deutschland oder Österreich zurückgeschickt zu bekommen. Und Spaniens Linksregierung holt sie derzeit aus naivem Gutmenschtum, Ahnungslosigkeit einer neuen Regierung oder gar in der zynischen Absicht, sie gleich weiter nach Nordosten abzuschieben, sogar bewusst ins Land.

Aber vorerst können wieder einmal alle Merkel-frommen Medien ein paar Stunden jubeln: "Alles gerettet!" Koalition gerettet, Union gerettet, Migrationsfrage gelöst. Oder was.

Nur zur Erinnerung: "Alles gerettet" hatte es einst nach dem Ringtheaterbrand auch offiziell geheißen. Dieser hat freilich (mindestens) 384 Tote gefordert ...

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