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Die Süßigkeit der Macht ist stärker als alle anderen Süchte. CDU und CSU haben sich auf einen Kompromiss geeinigt, von dem man ab der ersten Sekunde weiß, dass es ein Formelkompromiss ist, der nicht halten wird. Geschweige denn, dass auch nur eines der Migrationsprobleme irgendwie einer Lösung näher käme, die mehrheitlich ja außerhalb des Forderungspapiers von Innenminister Seehofer liegen. Hauptsache, man bleibt an der Macht. Hauptsache, Regierungschefin Merkel und Seehofer behalten ihre Ämter.
Zumindest bis zur nächsten Krise, die wohl eher in Wochen als in Monaten vor der Tür steht. Jedenfalls ist der Kompromiss, den die beiden Unionsparteien gefunden haben, alles andere als eine Lösung (Hier habe ich die einzige Chance auf einen echten Stopp der Völkerwanderung bereits skizziert). Selbst die drei dürren Sätze des Kompromisses sind untereinander total widersprüchlich. Sie lauten im O-Ton:
Dieses Kompromisspapier lässt also fast so viel unklar, wie schon zuvor unklar gewesen ist – außer eben, dass alle ihre Posten behalten, und dass CDU und CSU sich nach einer schweren Ehekrise bewusst geworden sind, dass sie ohne die jeweils andere Unionspartei nicht überlebensfähig sind, dass keine von ihnen Neuwahlen wünscht.
Das Papier, vor allem Punkt 1 mit dem "An der Einreise hindern" klingt so, als ob sich die CSU durchgesetzt hätte. Jedoch Punkt 2 nimmt das alles wieder zurück.
Die Asylwerber werden also doch nicht sofort an der Grenze zurückgewiesen, sondern kommen zuvor in deutsche Transitzentren. Erst von dort sollen sie dann möglichst an die "zuständigen" Länder (also offensichtlich jene, mit denen es Rücknahmeübereinkommen gibt) zurückgewiesen werden. Zu diesem Zweck "wollen" die Deutschen Abkommen schließen.
Weicher geht es kaum mehr.
Was aber ist, wenn es diese von Merkel gewünschten Übereinkommen nicht gibt, weil die anderen Länder nicht daran denken, ebenfalls zu wollen? Dann werden die Menschen an der österreichischen Grenze gleich zurückgewiesen, heißt es in dem Unions-Text.
Wie bitte soll das gehen? Wer aus einem Land kommt, wo die rasche Rückschiebung vereinbart ist, muss sofort gehen? Wer von wo anders kommt, darf bleiben? Das schickt ja völlig verkehrte Signale an die anderen Länder aus!
Dieses Papier ist skurril. Dieses Papier erzeugt nur völliges Chaos: Kein Mensch kennt sich aus, ob nun ein Migrant gleich zurückgewiesen wird oder erst in ein solches Lager – pardon: "Transitzentrum" – kommt.
Ebenso ist völlig unklar, ob die illegalen Migranten solche Transitzentren überhaupt verlassen dürfen. Wenn sie das dürfen, ist aber eines gewiss: In der Stunde einer schließlich vielleicht doch versuchten Abschiebung wird dann – so ein Pech – der allergrößte Teil der Abzuschiebenden ganz zufällig nicht anzutreffen sein. So wie schon bisher.
Hauptsache, man kann sich mit einem solchen unklaren und unzureichenden Papier noch einmal an der Macht halten. Ob auch die Polizisten an der Grenze damit etwas anfangen können, ist doch der Politik egal. Und was mit einem illegalen Migranten passiert, der sich nicht an der Grenze, sondern erst in München oder einer anderen Stadt bei den deutschen Behörden meldet, ist ihnen erst recht egal.
Abgesehen von dieser nur notdürftigen Zukleisterung des Unionszwistes hat das Papier einige ebenfalls seltsame und zumindest auffällige Konsequenzen:
Wir sehen also wieder einmal einen typischen politischen Kompromiss, der zwar vorerst allen Politikern eine notdürftige Wahrung des Gesichts erlaubt. Der aber massiv durch die Judikatur der linken Richter bedroht ist. Der vor allem die vielen anderen Fälle überhaupt nicht berührt, die nach Deutschland oder Österreich als angebliche "Flüchtlinge" kommen, ohne vorher anderswo registriert worden zu sein.
Solche "Flüchtlinge" werden künftig zweifellos sogar noch zahlreicher werden und die Mehrzahl der Fälle bilden. Denn Italiener wie Griechen haben absolut Null Interesse, selbst die Migranten zu registrieren, wenn sie damit Gefahr laufen, diese eines Tages von Deutschland oder Österreich zurückgeschickt zu bekommen. Und Spaniens Linksregierung holt sie derzeit aus naivem Gutmenschtum, Ahnungslosigkeit einer neuen Regierung oder gar in der zynischen Absicht, sie gleich weiter nach Nordosten abzuschieben, sogar bewusst ins Land.
Aber vorerst können wieder einmal alle Merkel-frommen Medien ein paar Stunden jubeln: "Alles gerettet!" Koalition gerettet, Union gerettet, Migrationsfrage gelöst. Oder was.
Nur zur Erinnerung: "Alles gerettet" hatte es einst nach dem Ringtheaterbrand auch offiziell geheißen. Dieser hat freilich (mindestens) 384 Tote gefordert ...