Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Sozialisten aller Schattierungen in allen Ländern haben viel Negatives gemein: Sie führen allesamt mittel- oder langfristig die von ihnen regierten Länder durch eine utopische Sozial- und hemmungslose Schuldenpolitik wirtschaftlich gegen die Wand. Sie ruinieren die Länder auch in ihrer kulturellen Identität durch ihre Gender-, Anti-Familien-, Pro-Schwulen- und "Welcome-Refugees"-Politik. In einer wesentlichen Frage jedoch verhalten sie sich regelmäßig vernünftiger als die meisten rechten Parteien. Und das sollte man auch offen anerkennen.
Das ist die viel größere Bereitschaft der Linken, nationale Prestige-Haltungen aufzugeben, oft sinnlose Konflikte mit anderen Nationen zu deeskalieren und zu regeln.
So ist es keineswegs ein Zufall, dass es ausgerechnet zwei linke Regierungen in Griechenland und Mazedonien waren, die jetzt – zumindest auf Regierungsebene – den Durchbruch in der lächerlichen Namensfrage geschafft haben. Dabei geht es darum, dass Athen seit vielen Jahren die Annäherung Mazedoniens an internationale Gemeinschaften verhindert hat, weil es selbst ein Exklusivrecht auf den Namen "Mazedonien" beansprucht.
Das historische Makedonien Alexanders des Großen hatte sich im vierten vorchristlichen Jahrhundert über mehrere Länder erstreckt, insbesondere eben über die beiden streitenden Länder. Der große Eroberer war kein Slawe wie die heutigen Mazedonier, sprach vermutlich eine dem Griechischen ähnliche Sprache (wie der halbe Mittelmeerraum in jener Zeit), aber er hat die klassischen griechischen Stadtstaaten erst von Makedonien her für sich "gewinnen" müssen, die Makedonier waren von den Griechen damals als "Halbbarbaren" angesehen worden.
Es gibt also gar keine eindeutige Antwort, wem der Begriff Mazedonien "gehört". Umso absurder ist es, was in beiden Ländern darob aufgeführt wird. Sowohl an internationaler Rumpelstilz-Haltung wie auch an nationaler Inszenierung. Im griechischen Teil des mazedonischen Raumes hat man – natürlich ganz zufällig – vor einigen Jahren das Grab von Philipp II., dem Vater Alexanders, entdeckt; und man hat diese Stätte in Vergina sofort zu einem nationalen Heiligtum aufgebaut.
Der aus dem zerbrechenden Jugoslawien entstandene Staat Mazedonien (der für die Griechen immer nur "Fyrom" gewesen ist: "Die frühere jugoslawische Republik Mazedonien") wiederum hat trotz seiner Armut das gesamte Zentrum von Skopje in ein angeberisches Alexander-Denkmal verwandelt, hat Autobahnen und Flughäfen nach dem Eroberer benannt. Man tat das freilich nicht primär, um die Griechen zu ärgern, sondern um überhaupt die eigene Existenz auf irgendetwas aufbauen zu können, nehmen doch Serben wie Bulgaren die Eigenständigkeit Mazedoniens nicht wirklich ernst; und fühlt sich der junge Kleinstaat überdies von einer großen albanisch-moslemischen Minderheit bedroht.
Einem Österreicher kommt der Streit freilich vor, wie wenn die Alpenrepublik und Ungarn um die Bezeichnung "Pannonien" rittern würden. Also um den Namen der Provinz des Römischen Reiches, die einst Teile der beiden heutigen Staaten umfasst hatte.
Auch für die sonstige Außenwelt war der Streit immer absurd. Aber offenbar halten auch heute noch gleich zwei Länder einen historischen Eroberer – der ja nicht gerade friedlich vorgegangen ist – für eine tolle Identifikationspersönlichkeit. Selbst nach fast zweieinhalbtausend Jahren.
Und man kann, man muss den beiden Regierungen zugute halten, dass sie den Streit jetzt auf ihrer Ebene geregelt haben. Jetzt wird Mazedonien halt offiziell "Nord-Mazedonien" heißen. Aber natürlich wird man im Alltagsgebrauch außerhalb Griechenlands auch weiterhin nur "Mazedonien" sagen, da es ja kein Land "Südmazedonien" gibt, von dem man den Staat unterscheiden müsste. "Süd"-Korea sagt man ja auch nur, weil es eben ein "Nord"-Korea gibt.
Völlig offen ist freilich, ob nicht da wie dort nationalistische Scharfmacherei das ganze Projekt noch sprengen wird. Dabei sollten beide Länder eigentlich weit wichtigere nationale Interessen haben: Mazedonien sollte endlich aus seiner auch ökonomisch bitteren Isolation ausbrechen (diesen Ausbruch hätte es sich eigentlich schon längst verdient, vor allem seit es einst unter der Rechtsregierung – in Kooperation mit Sebastian Kurz – den Migrantenstrom recht wirkungsvoll unterbrochen hat). Und Griechenland sollte den Miteuropäern zeigen, dass es sich doch auch einmal verantwortungsbewusst verhalten und nicht nur Schulden machen kann (aus dem oft angekündigten selbständigen Gang zur Finanzierung des Landes an die Finanzmärkte wird es ja wohl auch in diesem Sommer nichts).
Vorerst ist jedenfalls den beiden sozialistischen Regierungen zu gratulieren, während die rechten Parteien viel zu stark auf die nationale Karte gesetzt haben. Die alles andere als ein Joker war.
Ganz ähnlich hat in Spanien die plötzliche Übernahme der Regierungsmacht durch eine Linksregierung zu einer eindeutigen Entspannung in der Katalonienfrage geführt. So schwach diese Minderheitsregierung auch ist, so wenig man sich auch wirtschaftlich von ihr erwarten darf, so schlimm die Öffnung einer spanischen Pforte für die Völkerwanderung auch ist – so positiv ist die Dämpfung des kastilisch-spanischen Herrschafts-Nationalismus (man könnte auch sagen: Kolonialismus) gegenüber Kastilien.
Das ist zu loben, auch wenn es hier nur um ein paar Nuancen geht, auch wenn die Katalanen noch weit weg von der Chance auf eine faire Ausübung des Selbstbestimmungsrechts sind.
Ähnliches ist tendenziell in Italien zu beobachten: Die Vertretung der Südtiroler hat im Schnitt bei linken Regierungen fast immer etwas mehr Gehör gefunden als bei rechten.
Gewiss gibt es auch Gegenbeispiele, nämlich in den angelsächsischen Ländern. So war es in Großbritannien kein Sozialist, sondern der Konservative John Major, der Nordirland ausdrücklich das Selbstbestimmungsrecht eingeräumt hat, und der damit einen langen Bürgerkrieg beendet hat.
Und in den USA ist es derzeit der rechte Präsident Donald Trump, der erstaunlich friedensorientiert zu agieren versucht. Und es sind die linken Demokraten, die vor allem in Sachen Dialog mit Russland derzeit jeder Verständigung Hölzer in den Weg werfen (wenngleich Trump zugleich auch von rechts, vom Republikaner John McCain, wegen jedes Versöhnungsversuchs attackiert wird).
Die Regel "Die Linke ist wenigstens für die Entschärfung nationaler Konflikte gut" stimmt also nicht immer, in Europa aber tendenziell schon.