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Man wagte es kaum noch zu hoffen: Aber die Chance, dass Angela Merkel bald nicht mehr Regierungschefin des größten und mächtigsten europäischen Landes ist, nimmt von Stunde zu Stunde zu. Und es ist nicht die CSU und es sind auch nicht die immer zahlreicher gewordenen Unzufriedenen innerhalb der Stiefschwesternpartei CDU, denen es zu verdanken ist, dass diese Hoffnung größer ist denn je seit dem Katastrophenherbst 2015. Dafür ist ganz jemand anderer verantwortlich.
Das ist eindeutig der deutsche Wähler. Er wird mit Sicherheit der bayrischen CSU bei den bevorstehenden Wahlen eine donnernde Ohrfeige geben, sollte sie noch einmal vor Merkel beim Kampf gegen die Völkerwanderung in die Knie gehen. Und bei aller Feigheit der politischen Klasse: Das, was sie am allermeisten fürchtet, ist zweifellos der Machtverlust. Der aber würde der CSU bei einem neuerlichen Nachgeben gegen Merkel drohen.
Übrigens ist es mehr als symbolträchtig, dass diese Wahlen am 14. Oktober stattfinden werden. Das ist nur 24 Stunden vor dem ersten Jahrestag des großen Erfolgs des Sebastian Kurz in Österreich, der genau auf jene zentrale Frage zurückzuführen war, die jetzt CDU und CSU zerreißt.
Wären nicht diese Wahlen, könnte man sicher sein, dass die CSU neuerlich der CDU nachgeben würde, wie sie es ja schon oft gemacht hat. Sonst könnte man auch sicher sein, dass es in der Migrationsfrage wieder einen verwaschenen Kompromiss geben würde, und weiterhin kein starkes Signal gegen die Migration, wie es die diesmal völlig geschlossen hinter ihrem Parteichef und Innenminister Seehofer stehende CSU verlangt.
Was aber um Himmels Willen treibt Merkel dazu, da so militant dagegen zu sein? Warum hält sie so sehr an der Öffnung der Grenzen für illegale Migranten fest? Warum schwadroniert sie seit Jahr und Tag von einer "europäischen Lösung" der Umverteilung der Flüchtlinge, obwohl es diese mit tausendprozentiger Sicherheit nicht geben wird? Warum nimmt sie in Kauf, dass zahlreiche Länder Ostmitteleuropas lieber die EU verlassen würden, bevor sie zwangsumverteilte Massen aus Afrika und Asien akzeptieren? Weiß sie nicht, dass diese lieber auf das westliche Geld verzichten würden, statt eine Entwicklung hinzunehmen, wie die Osteuropäer sie in etlichen westlichen Ländern sehen können?
Absolut erschreckend: Immer öfter hört man in Deutschland als Antwort auf all diese Fragen klassisch psychiatrische Diagnosen über Merkel. Ihr Verhalten ist in den Augen der meisten Menschen einfach nicht mehr rational.
Denn wenn Merkel schon nicht das donnernde Nein der Osteuropäer hört, wenn sie schon nicht das ebenso donnernde Nein aus Österreich und Italien zu Völkerwanderung und Islamisierung hören will, dann sollte sie doch wenigstens die Stimme der eigenen Bevölkerung hören. Zumindest, wenn sie noch bei klarem Verstand ist und nicht nur noch wie ein trotziges Kind vor sich hin plärrt: "Nein, diese Suppe ess ich nicht. Nein ich gebe diesen ,Menschen, die schon länger hier in Deutschland leben‘ nicht nach, weil ich es eben anders will."
Die Stimmung der Deutschen – der "länger hier Lebenden" – ist jedenfalls eindeutig und will etwas ganz anderes als Merkel, wie eine gerade durchgeführte Meinungsumfrage zeigt:
Fast in keiner politischen Frage – geschweige denn in einer solchen Existenzfrage – ist die Meinung der deutschen Bürger so massiv und einhellig. Dennoch erweckt Merkel den Eindruck, dass sie lieber die Koalition platzen lassen und die Marginalisierung der eigenen Partei hinnehmen will, als den Plan Seehofers zu akzeptieren, der allen illegalen Migranten schon an der Grenze Fingerabdrücke abnehmen und alle jene zurückweisen will, die schon im europäischen Fingerabdruck-Computer drinnen sind, weil sie in einem anderen Land Asyl verlangt haben. Merkel will es offenbar nicht einmal tolerieren, dass Seehofer das als ohnedies zuständiger Innenminister quasi im Alleingang macht.
Man kann nicht einmal mehr die Angst vor dem dritten Koalitionspartner SPD als ausreichende Erklärung für Merkels Verhalten ansehen. Die SPD steht zwar sicher nicht auf der Seite der Bayern. Sie liegt aber bei Meinungsumfragen schon so schlecht, dass sie auf keinen Fall einen großen Krach oder gar baldige Neuwahlen riskieren will. Und sie ist daher entsprechend leise.
Selbst in der CDU schütteln immer mehr auch hohe Funktionäre den Kopf über ihre verbohrte Chefin. Das ist besonders auffällig. Denn bisher bestand die Stärke Merkels darin, dass sie sich als alternativlos verkaufen hat können, weil sie jeden potenziellen Konkurrenten totgebissen oder totgestreichelt hat, von Friedrich Merz bis Wolfgang Schäuble.
Inzwischen aber setzt sich auch in der CDU die Überzeugung durch, dass wirklich jede Alternative besser ist als die ehemalige DDR-Jugendfunktionärin und ihre Politik. Denn fast alle wissen: Mit Merkel und ihrem Kurs sind die nächsten Wahltriumphe für die AfD (auch) auf Kosten der Union absolut unvermeidlich geworden.
Klar muss freilich noch etwas ganz anderes sein: Auch wenn sich Seehofer mit seinem jetzigen Projekt durchsetzen sollte, ist das Anwachsen des Problems noch lange nicht gelöst. Deutschland, Europa werden noch viel, viel mehr tun müssen.
Aber Europas Linke und Linksliberale, insbesondere Frau Merkel in Berlin und Herr Macron in Paris, haben genau diesen Weg vermauert. Bisher.
PS: Wäre nicht die Abweisung Zehntausender "Flüchtlinge" durch Deutschland an der bayrisch-österreichischen Grenze für Österreich ein wachsendes Problem? Prinzipiell ja, aber Österreich müsste dann halt seinerseits an all – all! – seinen Südgrenzen haargenau das gleiche praktizieren. Das würde auf dem Balkan einen positiven Dominoeffekt früherer Kontrollen ausüben. Das würde in Italien dazu führen, dass man die Reise solcher Schlepperboote wirklich unmöglich macht.