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Es gibt sie ja doch noch, die Dinge, die Freude machen

So ein Tagebuch ist ein Platz, wo man täglich viel Ärger ablädt. Aber darob sollte man die positiven Entwicklungen in der Welt nicht ganz vergessen. Gerade weil auch die zu lobenden Dinge meist mit einem Tropfen Bitterkeit versetzt sind. Sie reichen von Malaysia bis Mexiko, von Dänemark bis zur Schweiz, von den Gerichtssälen bis ins Wiener Bundeskanzleramt (mit nachträglicher Ergänzung).

Im Wiener Landesgericht dürfen keinerlei Fotos vom Mordprozess gegen einen Soldaten gemacht werden, der einen anderen Rekruten während der Wache erschossen hat. Es wird nicht einmal die entwürdigenden Bilder geben, wo ein Angeklagter krampfhaft sein Gesicht hinter einem Akt zu verbergen sucht. Damit soll "eine ruhige und sachliche Abwicklung des Verfahrens" ermöglicht werden. Man glaubt es kaum: Auch im Wiener Landesgericht kehren endlich moderne Standards ein, die in den meisten anderen westlichen Ländern üblich sind. Mit ein paar Jahrzehnten Verspätung hat man erkannt, wie schädlich für ein sachliches Verfahren Kameras im Gerichtssaal sind. Die nichts anderes als der mittelalterliche Pranger sind. Die nur dem Voyeurismus des Boulevards und der Eitelkeit mancher Richter, Staatsanwälte und Strafverteidiger gedient haben. Traut sich jetzt endlich auch der Justizminister, das Fotoverbot generell zu regeln?

Eine offizielle Untersuchungskommission hat jetzt jene einstigen österreichischen Golan-Soldaten komplett reingewaschen, die ohne einzugreifen Augenzeugen eines Rebellen-Überfalls auf eine syrische Militärpatrouille gewesen sind. Denn sie hätten auf Grund der Befehlslage gar nicht anders handeln dürfen. Genau das war auch schon von allem Anfang an in diesem Tagebuch zu lesen gewesen. Die ärgerliche Randerscheinung dabei ist nur, wie sehr sich die Nation – von den Medien bis zur Opposition – wieder einmal ein paar Tage lang vom "Falter" aufhussen hat lassen, obwohl von Anfang an völlig klar war, dass den UNO-Soldaten eindeutig nichts vorzuwerfen ist. Ein wirklich großes Ärgernis wäre es, wenn jetzt nicht auch die Staatsanwaltschaft raschest den Akt "Golan" schließen sollte. Oder sieht sie sich wirklich als Ersatz-Speerspitze der maroden Linken (wo man halt auch pflichtgemäß jeden Uniformträger zu hassen hat)?

Zwar hat die deutsche Staatsanwaltschaft viel länger gebraucht als diese U-Kommission, aber auch dort ist jetzt ein von Anfang an absurdes Verfahren eingestellt worden. Das ganze dabei untersuchte "Delikt": Ein AfD-Politiker hatte die Worte "Kümmeltürken" und "Kameltreiber" verwendet. Das sind Beschimpfungen, die seine Partei zu deutlichen Konsequenzen veranlasst haben. Aber solche Geschmacklosigkeiten sollten in einem aufgeklärten Rechtsstaat nie und nimmer zu einem Strafverfahren führen dürfen. Denn sie sind, wie die Dresdner Staatsanwaltschaft zu Recht - jetzt -festgehalten hat, von der Meinungsfreiheit erfasst, solange damit kein Aufruf zu Gewalt verbunden ist. Was hierzulande die Justiz noch lernen muss.

Da ist jetzt in Malaysia erstmals ein Christ (ein indischer Thomas-Christ) zum Generalstaatsanwalt ernannt worden – gegen heftigen Protest vieler Moslems. Auch wenn malaysische Personalentwicklungen normalerweise nicht den Weg ins Tagebuch finden, sei doch diese überaus erfreuliche und in der islamischen Welt sehr einsame Entwicklung vor den Vorhang geholt. Hat doch auch Malaysia bisher oft Anlass zur Sorge gegeben – etwa weil man dort einen Oppositionspolitiker wegen angeblicher islamischer Empörung über seine Homosexualität mehrfach ins Gefängnis geworfen hat. Aber nach 60 Jahren ist dort endlich eine islamistische (und schwer korrupte, was dem Generalstaatsanwalt noch viel Arbeit bereiten dürfte) Regierung abgewählt worden. Malaysia ist derzeit eine absolute Sensation, noch dazu da letztlich der Machtwechsel friedlich abgelaufen (und deshalb von den meisten Medien nicht zur Kenntnis genommen worden) ist.

Mexiko hat eine Liste von US-Produkten veröffentlicht, die ab sofort als Vergeltung für auf die von Donald Trump verhängten Strafzölle mit höheren Zöllen belegt sind. Wir sehen: Mexiko ist viel schneller und damit klarer mit seiner Reaktion, als die EU es ist, obwohl die neuen US-Zölle schon monatelang angekündigt waren. Gratulation an Mexiko! Um nicht missverstanden zu werden: Ich sehe weiterhin viel Schuld an der Eskalation in Europa, weil es vielfach höhere Zollsätze hat als die USA, und weil es den TTIP-Vertrag aus Angst vor der Chlorhühner-Panikmache des Boulevards fallen gelassen hat, der alle Zölle rechtsverbindlich reduziert und damit den jetzigen Streit überflüssig gemacht hätte. Aber davon unabhängig sollte Europa jetzt wirklich sofort Gegenmaßnahmen gegen die einseitigen US-Maßnahmen ergreifen, will es noch weiter ernst genommen werden. Erst dann sollte Europa als gleichgewichtiger Partner mit Washington verhandeln.

Die allerpositivsten Nachrichten dringen aus Kopenhagen und Wien. Da ja die EU in Sachen Migranten-Abschiebung und Druck auf die Herkunftsländer, die eigenen Bürger wieder zurückzunehmen, völlig versagt (obwohl diese Kompetenz sogar im EU-Vertrag steht), da Brüssel und Berlin statt dessen noch immer die Flüchtlingsmassen auf ganz Europa umverteilen wollen, versuchen Dänemark und Österreich zusammen mit nicht genannten anderen Ländern nun auf nationaler Ebene eine Lösung. Zwischen ihnen laufen geheime Gespräche über die Errichtung von "Zentren in sicheren Drittstaaten", in die illegale Migranten gebracht werden sollen, die nicht freiwillig wieder ausreisen. Das ist aber nun genau das australische Modell, von dem Sebastian Kurz einst mehrfach geredet hat. Im letzten Jahr hat man freilich glauben müssen, dass das aus seiner ToDo-Liste wieder verschwunden wäre – umso größer ist die Freude, dass dem doch nicht so ist. Auch wenn das Projekt zweifellos mit Hilfe Brüssels und Berlins viel effektiver funktionieren würde, auch wenn es noch viele große Schwierigkeiten zu überwinden gelten  wird, so ist es doch sehr positiv, dass daran gearbeitet wird. Und vor allem: außerhalb der Öffentlichkeit.

Noch einmal Sebastian Kurz: Der österreichische Bundeskanzler hat binnen weniger Monate eine unglaubliche internationale Euphorie ausgelöst. Gipfelpunkt ist der neue US-Botschafter in Berlin(!!), der Kurz nicht nur zum Essen während seines offiziellen Deutschland-Aufenthalts eingeladen hat (was Merkel und die deutsche Linke maßlos ärgert), sondern ihn auch als "Rockstar" der internationalen Politik bejubelt hat. Und auch die deutsche "Welt" schreibt unter Bezug auf den soeben zu Ende gegangenen Putin-Besuch in Wien: Kurz könne angesichts der Müdigkeit von Angela Merkel und des Dilettantismus von Emmanuel Macron "der Brückenbauer werden, der Europa so sehr fehlt". Derzeit herrscht also wirklich ein absolut phantastischer Hype um Kurz, der einem Österreicher Freude machen muss. Deretwegen man fast einige in langjähriger Erfahrung wurzelnde Hinweise unterdrücken möchte: dass jeder Hype einmal zu Ende geht; dass solche Wellen der Begeisterung in der sich rasch drehenden Medienwelt nie dauerhaft sind; dass gerade auch Rockstars bald wieder verglühen; dass einst auch Macron und Merkel einen solchen Hype ausgelöst haben.

Und noch ein drittes Mal Kurz: Wie clever der Bursche ist, hat man an einem Halbsatz bei seiner Presskonferenz mit Wladimir Putin gemerkt. Der Bundeskanzler erwähnte ausdrücklich, dass auch Vizekanzler Strache bei dem Gespräch dabei war. Ein solcher Satz kostet Kurz nichts, ist aber hervorragend für das Ego von Strache und damit das Koalitionsklima. Wie anders haben doch die roten Bundeskanzler zwischen 2007 und 2017 agiert: Sie haben alles getan, um die schwarzen Vizekanzler abzuwerten, um sie möglichst gar nicht vorkommen zu lassen. Sie waren mehr am eigenen Ego interessiert und haben – auch zum eigenen Schaden – nie begriffen, wie wichtig den Österreichern ein harmonisches Klima in der Regierung gewesen wäre.

Ähnlich initiativ wie Dänemark und Österreich wird Bayern. Da in Deutschland auf Bundesebene durch den schleppenden Widerstand der drei Linksparteien die Abschiebungen nur viel zu langsam vor sich gehen können, werden die Bayern selbst aktiv: Sie organisieren nun auf eigene Faust Abschiebeflüge und errichten im eigenen Bundesland nicht weniger als sieben "Ankerzentren" (wie man jetzt statt "Lager" zu sagen hat) zur raschen Behandlung solcher Flüchtlinge. Klingt eindrucksvoll – auch wenn es drei Jahre zu spät kommt. Das ist jedenfalls lobenswert – auch wenn man weiß, dass in vier Monaten in Bayern gewählt wird und die große Angst der CSU drei Buchstaben hat: AfD. Damit hat die neue Partei Wirkung im Sinne der großen Mehrheit der Bürger erzielt, ohne auch nur in eine einzige Regierung eingezogen zu sein.

Bei der letzten Positiv-Meldung ist die Beigabe an Bitterkeit freilich schon sehr groß: Der Schweiz ist es in den zehn Jahren seit Ausbruch der großen Finanzkrise erstaunlicherweise gelungen, die eigene Gesamtverschuldung zu reduzieren. Bei uns hingegen hat die Krise ständig als Ausrede für die signifikante Erhöhung der Staatsverschuldung dienen müssen. Und als angeblicher Beweis, wie katastrophal wir ohne EU und Euro dastehen würden. Wie machen das nur die Schweizer ohne EU und ohne Euro? Die Antwort ist eindeutig: Sie sind zwar nicht genetisch klüger als die Österreicher, aber sie haben eine bessere Verfassung, nämlich eine direktdemokratische. Wann immer ein Schweizer Politiker irgendeine Lobby mit Subventionen oder Wohlfahrtsleistungen bedienen will, stehen die Schweizer Bürger auf und sagen Nein. Genau diese Möglichkeit haben uns in Österreich die heimischen Politiker bisher verwehrt.

Nachträgliche Ergänzung: Eine lobenswerte Reaktion des Bildungsministeriums hat auch der am Wochenende hier veröffentlichte Bericht über die Mathematik-Zentralmatura ausgelöst. Darin war ja über die an die Schulen weitergegebene Information der Arbeitsgemeinschafts-Leiterin der Tiroler Mathematiker berichtet worden, dass die Noten bei der schriftlichen Mathematik-Zentralmatura "unabhängig von der Punktezahl" vergeben werden können, die bei der Arbeit erzielt worden ist.  Dabei berief sich die Tirolerin auf das Bildungsministerium. Diese stellte nun ausdrücklich fest, von der Frau "falsch zitiert" worden zu sein. Es bleibe dabei, "dass die erreichte Punkteanzahl der Klausurarbeit einer Kandidatin/eines Kandidaten mit der Note, die durch den Beurteilungsschlüssel dieser Punkteanzahl zugeordnet ist, übereinstimmen muss". Im Ministerium wird freilich überdies klargemacht, dass die Zentralmatura im kommenden Jahr komplett reformiert werden muss.

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