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Gewiss, man könnte die üppigen Vorstellungen der EU-Kommission zum nächsten siebenjährigen Finanzrahmen gelassen hinnehmen. Denn es ist noch über jeden Finanzrahmen heftig gerungen worden. Denn es sind noch zwei Jahre Zeit für einen Beschluss. Denn der Interessenkonflikt zwischen Netto-Empfängern und Netto-Zahlern, zwischen Landwirtschaft und Industrie ist uralt und gleichsam natürlich. Denn 2019 sind EU-Wahlen, vor denen überhaupt kein Beschluss fallen wird. Denn die EU-Kommission (wie leider auch das offenbar nur theoretisch die Bürger vertretende EU-Parlament) wollte bisher immer mehr Geld zum Ausgeben, und es waren stets die Mitgliedsstaaten, die dann immer gebremst haben.
Ja, das alles ist ein Déjà-vu. Dennoch geht die Krise diesmal viel tiefer. Unter der EU sind tiefe tektonische Spalten aufgebrochen, die kaum mehr schließbar sind, in die eines Tages die ganze EU stürzen könnten.
Eine besonders tiefe Kluft hat der Brexit gerissen. Die Briten als zweitgrößte Nettozahler der EU fehlen gerade beim Geld bitter. Deshalb sind eigentlich etliche Planungen Brüssels eine glatte Provokation. So eine Steigerung der Verwaltungskosten um 20 Prozent. So neue populistische Propagandaprojekte wie einmonatige Gratisbahntickets für junge Menschen quer durch Europa. So das Verlangen, dass die verbleibenden Länder mehr Abgeordnete haben sollen, wenn die Briten abziehen, statt dass man das EU-Parlament um die volle Menge der UK-Parlamentarier reduziert. Was eigentlich logisch wäre.
Ein weiteres provokatives Element in den stark grün geprägten EU-Vorstellungen ist das Verlangen von gleich drei neuen Steuern (auf Luftverschmutzung, Plastik und Unternehmen). Diese Forderungen bringen etwa die österreichische Regierung zur Weißglut. Hat sie doch geschworen, keinerlei neuen Steuern einzuführen. Jetzt soll sie solchen ausgerechnet zugunsten der EU-Kommission zustimmen – ziemlich schwer vorstellbar.
Zunehmend fragwürdig sind auch die EU-Kohäsionsfonds. Sie fließen in strukturschwache Regionen und machen beinahe ein Drittel des Budgets aus. Mit diesen Geldern sind etwa fast ungenutzte Autobahnen auf der iberischen Halbinsel oder luxuriös-leere Kulturzentren auf Malta entstanden. die Fragwürdigkeit der Regionalförderung sieht man ganz besonders auf Sizilien: Dorthin fließt seit 1958 alljährlich viel EWG/EG/EU-Geld, dort ist schon vorher viel inneritalienisches Geld (Cassa del Mezzogiorno) hingeflossen. Und dennoch sehen große Teile Siziliens auch heute noch wie tiefste Dritte Welt aus.
Im ganzen Mittelmeerraum haben die Kohäsionsgelder nämlich das Gegenteil des Richtigen bewirkt. Sie haben die katastrophale Botschaft vermittelt, dass man sich dauerhaft auf fremde Alimentierung verlassen kann, dass Eigen-Anstrengung überflüssig ist.
Anders lief es in den Reformstaaten Osteuropas: Nationale Eigenverantwortung und die Lektion aus vier Jahrzehnten Sozialismus, dass Wohlfahrtsrhetorik eine ewige Illusion bleibt, haben zusammen mit den EU-Geldern einen tollen Aufschwung geschafft – in den baltischen und den Visegrad-Ländern, nicht in den mittelmeernahen. Aber umgekehrt machen gerade dieser Aufschwung und die dort extrem niedrigen Arbeitslosenzahlen es eigentlich doppelt logisch, diese Gelder nun deutlich zurückzufahren. Was Osteuropa aber verständlicherweise keinesfalls will.
Eine weitere neue Spaltung ist die Kluft zwischen den Nettozahlern. Deutschland, der größte, hat nämlich seltsamerweise von vornherein signalisiert, dass es deutlich mehr zu zahlen bereit ist. Hingegen wollen die Nettozahler Österreich, Niederlande und Schweden, zu denen auch Finnland stoßen dürfte, – vorerst – keinesfalls mehr zahlen.
Freilich haben diese Länder drei Problemzonen, die ihre Glaubwürdigkeit etwas reduzieren:
Am skandalösesten am Kommissionsentwurf ist aber der unverhüllte Plan der EU-Kommission, Ungarn und Polen künftig nur dann Geld zukommen zu lassen, wenn sie "Flüchtlinge" aufnehmen und wenn sie sich einem Vormundschafts-Kuratel der EU unterwerfen, weil sie angeblich Demokratie und Rechtsstaat abschaffen. Das wird etwa von Ungarn als glatte Erpressung eingestuft. Das ist auch absurd, weil diese Abschaffung gar nicht stattfindet. Und das ist ein übler Doppelstandard, weil der Rechtsstaat in den sozialistisch regierten Ländern Malta und Slowakei (wo jeweils sogar der Regierung unangenehme Journalisten umgebracht worden sind!) sowie Rumänien viel mehr bedroht ist. Wovon aber in Brüssel niemand redet.
Höflich ausgedrückt: Sympathien vermehrt die EU mit all dem nicht.
Teile dieses Beitrags sind in ähnlicher Form in der deutschen Wochenzeitung "Junge Freiheit" erschienen.