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Damit keine "Parallelgesellschaften" entstehen, und weil es um den Schutz der Kinder geht, will die Regierung jetzt erstmals ein Kopftuchverbot verhängen. Ein prinzipiell richtiger Schritt, der mit Sicherheit von einer großen Mehrheit der Österreicher bejaht wird. Das ist auch ein parteitaktisch geschickter Schritt, weil er vor allem die SPÖ noch mehr ins Schleudern bringt, als sie seit dem Amtsantritt von Christian Kern ohnedies schon ist. Aber das ist dennoch ganz unabhängig davon ein viel zu zaghafter Schritt.
Denn die Koalition plant dieses Verbot nur für Kindergärten und Volksschulen. Es wäre jedoch absolut logisch, ja geradezu zwingend, dieses Verbot auf alle Pflichtschulen auszudehnen, zumindest bis zum vollendeten 14. Lebensjahr.
Diesen Standpunkt hat auch der oberste Lehrergewerkschafter Kimberger sofort vertreten. Gerade die Lehrer erleben ja die Realität eines immer aggressiver werdenden Islams in den Schulen hautnah. Und sie berichten immer offener darüber und entlarven die beschönigenden Verzerrungen, die vor allem der Wiener Stadtschulrat zu verbreiten versucht.
Juristische Tatsache ist: Mädchen (wie Buben) bis 14 haben vor dem Gesetz die absolut gleiche unmündige Rechtsstellung wie drei-, sechs- oder achtjährige Kinder. Daher hat ein ernst gemeinter und nicht bloß halbherziger Kinderschutz die Mädchen in all diesen Altersstufen gleichermaßen vor fundamentalistischen Eltern zu schützen, die sie unters Kopftuch zwingen. Es wäre absurd, den Willen eines zwölfjährigen Kindes zum Kopftuch als rechtlich relevant zu bezeichnen, eine Gewalttat eines zwölfjährigen Kindes hingegen als rechtlich irrelevant.
Auch angesichts der Tatsache, dass Österreich seit fast hundert Jahren eine durch und durch säkulare Verfassung hat, ist das Kopftuchverbot eigentlich auf alle öffentlichen Schulen auszudehnen. Mindestens auf jene Schulstufen, für deren Besuch Schulpflicht herrscht.
Darüber hinaus sollte den Schulen aber auch das Recht eingeräumt werden, durch eine gemeinschaftlich mit Eltern und älteren Schülern beschlossene Hausordnung Bekleidungsvorschriften zu machen. Solche Hausordnungen gibt es ja in Hinblick auf andere Fragen schon längst, sehr oft auch in schriftlicher Form. Sie regeln alles Mögliche, enthalten auch Bekleidungsvorschriften, etwa um allzu aufreizende Bekleidung (=Nicht-Bekleidung) zu verbieten.
Jede Schule sollte daher auch das Recht bekommen, Schuluniformen vorzuschreiben. Diese werden ja von vielen Eltern auch aus einem ganz anderen Grund gefordert: damit der im Teenager-Alter bisweilen schlimme Druck, nur noch teure Markenkleidungen tragen zu wollen, reduziert wird.
Außerdem wäre die Einräumung des Rechts an die Schulen, auch die Kleidung erfassende Hausordnungen zu erlassen, endlich ein konkreter Schritt zur oft versprochenen Übertragung von Rechten nach unten, zu mehr Subsidiarität.
Wenn die Politik es mit Kinderschutz, mit säkularem Staat, mit Subsidiarität wirklich ernst meint, sollte sie daher das Kopftuchverbot nicht nur als eine "symbolische Aktion" (wie der Bildungsminister in einer eher seltsamen Begründung gemeint hat) bloß für Volksschulen erlassen, sondern noch viel mehr genau für jene Altersstufen, wo sich im Pubertätsalter die Parallelgesellschaften ja schon jetzt bedrohlich entwickeln.
Nun werden manche linke Kritiker sagen: Aber das wäre doch eine Einschränkung der Religionsfreiheit! Darauf kann man nur antworten: Die ist doch schon längst eingeschränkt worden, und zwar durch Gesetze und Verordnungen, die vor allem SPÖ-Politiker durchgesetzt haben. Die Einschränkungen haben bisher nur auf die Christen abgezielt. So machen sich christliche Abtreibungsgegner strafbar, wenn sie vor Abtreibungskliniken demonstrieren. So riskieren christliche Ärzte in Europa – wo ja überall das Grundrecht der Religionsfreiheit gilt – zunehmend ihren Job, wenn sie gegen Abtreibungen auftreten. So wurden in fast ganz Europa gegen den Willen der Christen sowohl Adoptionen durch schwule Paare wie auch die sogenannte "Ehe für alle" schrittweise realisiert.
De facto ist also das Christentum längst schon zur Privatsache abgestuft worden. Von der es nur noch zwei winzige Ausnahmen gibt:
Daher wäre es geradezu absurd, wenn irgendwelche linke Verfassungs-Ausleger (oder -Unterleger) jetzt plötzlich in einem Kopftuchverbot in öffentlichen Schulen eine Einschränkung der individuellen Religionsfreiheit erkennen wollen.
Ganz abgesehen davon ist im Koran nirgends eine konkrete Kopftuchvorschrift zu finden. Die Kopftuch-Renaissance ist global erst eine Angelegenheit der letzten Jahre. Von Sarajewo bis Istanbul, ja sogar bis Kabul waren in islamischen Städten lange keinerlei Kopftücher zu sehen. Erst die von den radikalen Muslimbrüdern erzwungene Gegenreformation hat mit großem Erfolg das Kopftuch für alle geschlechtsreifen Mädchen durchzusetzen verstanden. Das waren dieselben Muslimbrüder, die in vielen Ländern heute als totalitäre Kraft verboten sind (laut dem gemäßigten ÖVP-Moslem Efgani Dönmez sitzen sie in Österreich freilich in der offiziellen Islamischen Glaubensgemeinschaft).
Einer Verfassungs-Argumentation, die das Kopftuch zum unabdingbaren Grundrecht zu stilisieren versucht, ist aber noch etwas viel Grundsätzlicheres entgegenzuhalten: Das Grundrecht der Religionsfreiheit umfasst ganz eindeutig – und im säkularen Staat sogar mit Vorrang! – auch das Recht, NICHT zu glauben, beziehungsweise das Recht, den eigenen Glauben jedenfalls nicht zeigen zu müssen. Dazu gehört insbesondere auch das Recht, in öffentlichen Schulen keinerlei Druck ausgesetzt zu werden, ein Kopftuch zu tragen.
Es ist jedoch Tatsache, dass genau ein solcher Druck in immer mehr Klassen durch die Mitschüler stattfindet. Durch die Kopftuchträgerinnen auf jene Mädchen, die ihr Haar zeigen; und durch die Burschen in der Klasse, die in ihrem Islam-Machismo jedes solche Mädchen als "Hure" beschimpfen, diskriminieren und für Freiwild halten, egal zu welcher Religion es gehört.
Die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die Religionsfreiheit zu schützen, bedeutet daher an oberster Stelle den Schutz der Mädchen ohne Kopftuch. Und das geht nur durch ein allgemeines Kopftuchverbot in sämtlichen Schulen. Damit schützt man in zweiter Linie aber auch jene Mädchen, die nur unter dem Druck einer islamistischen Familie und/oder islamistischer Schulkameraden eine solche Verhüllung tragen.
Wenn jetzt Linke zur Verteidigung des Kopftuchs viel von der Verfassung quatschen (insbesondere die Neos auf ihrem Selbstmordtrieb tun sich da hervor), dann sollten sie sich noch etwas bewusst machen: nämlich das Faktum, wie sehr unsere Verfassung, unsere Grundrechte und der Werteboden, auf dem wir stehen, gerade durch den rapide voranschreitenden Islamismus schon bedroht sind.
Das beweisen auch die vielen Umfragen der letzten Zeit, die zeigen, dass ein bedeutender Teil der in Europa lebenden Moslems die islamische Rechtsordnung, die Scharia, über die Rechtsordnung ihres Aufenthaltsstaats stellen. Genau diese Haltung demonstrieren sie durch die Durchsetzung des Kopftuchs. Auch aus diesem Grund müssten gerade Linke – zumindest wenn sie noch irgendwie an Verfassung und Grundrechte glauben – eigentlich vehement und an vorderster Stelle für ein Kopftuchverbot eintreten, statt dagegen zu stänkern und dieses nun mit allen möglichen Vorwänden zu verhindern versuchen. Etwa, weil man nur einer Gesamtlösung zustimmen wolle.
Umgekehrt würde die Anerkennung eines verfassungsrechtlichen Anspruches auf das Kopftuch in Schulen als Teil der Religionsfreiheit selbst das jetzt ohnedies nur für Volksschulen beabsichtigte Verbot sprengen. Denn dann wird es sehr, sehr bald islamistische Väter geben, die behaupten, ihre zehnjährige, in eine Volksschule gehende Tochter wäre schon geschlechtsreif und daher würde ihr nach dem Islam das Kopftuch zustehen. Was biologisch vielleicht sogar stimmen mag. Diese Väter könnten so locker das Verbot für Volksschulen sprengen.
Die Beschränkung des Kopftuchverbots nur auf Volksschulen und Kindergärten ist also ein eindeutiger Fehler.
Diese Beschränkung wäre selbst dann ein Fehler, wenn sie nur ein rein taktischer Schachzug wäre, der darauf abzielt, leichter die Zustimmung der SPÖ und damit die Verfassungsmehrheit zu erreichen. Damit hat Schwarz-Blau jedoch die Chance – nein: Pflicht ausgelassen, zuerst einmal selbst zu zeigen, was man als richtig ansieht.
Dabei ist es juristisch ohnedies mehr als zweifelhaft, dass man für das Verbot überhaupt eine Verfassungsmehrheit braucht. Aber die Regierung will auf Nummer sicher gehen.
Parteitaktisch ist das jetzt vorgeschlagene symbolische Mini-Verbot schlicht dumm (Taktik spielt ja in der Politik angeblich eine Rolle). Denn man hätte sich bei den bevorstehenden Verhandlungen von der SPÖ immer noch eine Abschwächung des Kopftuchverbots auf bloß die Volksschulen abringen lassen können. Dann wäre es aber Verantwortung und Schuld der SPÖ gewesen, dass es nur die Mini-Lösung gibt. Dann wäre es offenkundig, dass sich die SPÖ schon wieder vor den Moslembrüder-Karren spannen lässt. Besser hätten ÖVP und FPÖ die SPÖ gar nicht vorführen können.
Die Volksschul/Kindergarten-Limitierung ist schließlich auch langfristig falsch: Damit macht man es viel schwieriger, in Zukunft jemals noch das Verbot auf alle Schulen auszudehnen, als wenn man es gleich gemacht hätte.