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Die neue Regierung hat sich an ihrem ersten Tag viele Pluspunkte erworben, aber auch etliche Fragezeichen. Viele erstaunliche Details sind jetzt erst bekannt und bewertbar geworden. Besonders erstaunlich waren aber etliche Reaktionen.
So konnte man auf einer Straßenbahnfahrt in Wien bei einer mehr als absonderlichen Szene zuhören. Ein Lehrer sprach wütend auf seine Schüler ein, von denen etliche nämlich wenig Lust zeigten, in der Kälte an einer Demonstration teilzunehmen: "Da muss man doch protestieren. Da kann man doch nicht stillsitzen." Wir lernen: Dieser Lehrer hat während der Unterrichtszeit eine Klasse zum Demonstrieren gegen die Regierung geführt. Die abendlichen Fernsehbilder zeigten viele Demonstranten, die eindeutig als Schüler erkennbar waren. Darf das wahr sein? Haben solches auch noch andere Lehrer gemacht? Glauben Lehrer, die eigentlich auf die Republik vereidigt sind, dass sie wirklich hemmungslos parteipolitisch hetzen dürfen? Wieso bekommen sie eigentlich kein Disziplinarverfahren, auch wegen Verletzung ihrer Unterrichtspflicht? Was erzählen solche Lehrer, die eigentlich zur ideologischen und parteipolitischen Neutralität verpflichtet sind, ihren Schülern sonst noch während des Unterrichts? Wieso bleiben deren Direktoren untätig? Wird ein Teil der Wiener Schulen wie SPÖ-Parteisektionen geführt? Begreift der Unterrichtsminister, dass da dringender Handlungsbedarf besteht?
Radio Frühjournal auf Ö1: Ein Kulturredakteur müht sich in einem längeren Beitrag durch die fünf Seiten Kultur im Regierungsprogramm. Er zitiert mehrere Male den nunmehrigen Nicht-mehr-Minister Drozda als offenbare Autorität (ohne auf dessen Sauerei zu sprechen zu kommen, im ganzen Kulturbereich knapp vor Torschluss fast überall lauter Genossen mit langjährigen fetten Verträgen eingesetzt zu haben). Der Beitrag vermittelt den klaren Eindruck: Auf diesen fünf Seiten stünde nicht wirklich etwas. Der Redakteur muss dabei freilich die Seite 95 überblättert oder nicht begriffen haben, wo man klar lesen kann: "Überprüfung der Eingriffsmöglichkeit des Bundes in die Bau- beziehungsweise Raumordnung zur Einhaltung völkerrechtsverbindlicher Staatsverträge." Das klingt vielleicht für einen ORF-Redakteur zu kompliziert. Im Klartext heißt es: Der neue Kulturminister sagt dem geplanten Hochhaus neben dem Konzerthaus mit Hilfe des Völkerrechts (das in Österreich ja Verfassungsrang hat!) den Kampf an. Wenn das nicht spannend ist …
Wie sind die Neustrukturierungen der diversen Ministerien zu bewerten?
Wirklich primitiv ist das von linken Medien (und damit natürlich dem ORF an der Spitze) nun ständig getrommelte Argument, dass durch den geplanten steuerlichen Kinderbonus ja nicht alle Familien gleichermaßen bedient werden, sondern logischerweise nur jene, die überhaupt Steuern zahlen, also der Mittelstand. Diese Medien haben sich jedoch bei sämtlichen Steuererhöhungen der Vergangenheit (etwa durch die Stille Progression) überhaupt nie aufgeregt, dass diese immer nur den Mittelstand getroffen haben und nicht jene, die eh keine Steuern zahlen! Aber wenn jetzt der Mittelstand – noch dazu die bei Linken verhassten Familien – endlich einmal ein wenig entlastet wird, erklingen sofort Klassenkampftöne.
Die soeben abtretende linke Staatspräsidentin Chiles gratulierte ihrem rechten Nachfolger (der vom ORF hasserfüllt ständig als "Milliardär" vorgestellt wird, aber das ist wieder eine andere Geschichte) sogar vor Fernsehkameras mit den Worten: "Sie wollen das Beste für das Land." Eine souveräne Frau. Warum aber ist Chile eigentlich ein so viel zivilisierteres Land als Österreich? Hier ist es ja absolut undenkbar, dass ein abgewählter SPÖ-Mann seinen Nachfolger so begrüßen würde. Hier hat der abtretende Kanzler Kern genau 50 dürre Sekunden für die Amtsübergabe investiert. Hier hat lediglich der Verteidigungsminister eine würdige Amtsübergabe veranstaltet. Hier sind Rot und Grün nicht einmal imstande, den Schwachsinn der ihnen ja nahestehenden Demonstranten zurechtzuweisen, dass in Österreich keine "Nazis" an die Macht kommen (allerdings war diesmal auch keiner der SPÖ-Minister so geschmacklos wie jene, die 2000 ohne jede Amtsübergabe und zum Teil nach Herausreißen der Leitungen ihre Büros verlassen haben).
Ist dem VfGH die Reaktion auf seine Dummheit in Sachen Schwulenehe zu unangenehm geworden? Jedenfalls hat er nun erstaunlicherweise auf eine Entscheidung über das niederösterreichische Mindestsicherungsgesetz vor dem Jahreswechsel verzichtet. Im nächsten Jahr werden aber zwei Genossen weniger im Verfassungsgericht sitzen.
Das Erstaunlichste am Agieren der neuen Regierung ist ganz eindeutig, dass die Herren Kurz und Strache jetzt allen Medien nach der Reihe Doppelinterviews geben. Dadurch erwecken sie den Eindruck absoluter Geschlossenheit, zwischen die kein Blatt passt. Dadurch kann keine Nuance, die der eine bei getrennten Interviews vielleicht anders formuliert als der andere, zum großen Drama werden. Dadurch zeigen sie, dass sie erkannt haben: Sie haben entweder gemeinsam Erfolg, oder sie haben keinen Erfolg. Dadurch entsteht ein scharfer Kontrast zu Vorgänger Kern, der bei Amtsantritt sofort das doppelte Pressefoyer gemeinsam mit dem Vizekanzler abgeschafft hat, der sogar geglaubt hat, Ministern Weisungen geben zu können.
Kurz macht bei diesen Interviews eindeutig den besseren, den intelligenteren Eindruck. Die schönste Aussage kommt jedoch von Strache: Dieser drückte in einem dieser Interviews ausdrücklich die Hoffnung aus, dass durch den Kinderbonus (steuerzahlende) Eltern ermutigt werden, mehr Kinder zu bekommen. Jahrzehnte hat man warten müssen, bis man einen solchen erfrischenden Satz zu hören bekommen hat. Dabei müsste es eigentlich seit langem eines der obersten Ziele der Politik sein, dass die Österreicher mehr Kinder bekommen – wenn die Politik endlich einmal wirklich nachhaltig agieren will.
ORF-typisch infam war am Montagabend die Darstellung, dass Israel die Beziehungen zur FPÖ boykottiere. Dabei besagt eine offizielle Aussendung der israelischen Botschaft – fast – das genaue Gegenteil: Israel werde auch weiterhin berufliche Kontakte zu den FPÖ-geleiteten Ministerien halten. Premier Netanyahu strebe so wie bisher einen direkten Kontakt mit Bundeskanzler Kurz an. Und ansonsten solle das israelische Außenministerium eine professionelle Bewertung der Kontakte zur neuen Regierung vornehmen. Was für ein Unterschied zu 2000, als Israel seinen Botschafter aus Wien abgezogen hat! Aber eher tritt im ORF eine totale Sendepause ein, als dass er diesen 90-prozentigen Erfolg von Schwarz-Blau darstellen würde. Dieser geht auf intensive Bemühungen von Strache und Kurz um Netanyahu zurück. Und auch auf die in der jüdischen Community wachsende Erkenntnis, dass der wirkliche Antisemitismus in Europa von den Moslems ausgeht, die nun wirklich nicht zu den Parteigängern von Schwarz-Blau zählen.
Besonders euphorisch und herzlich war auch die Reaktion des kanadischen Premiers Trudeau. Auch die wurde vom ORF nicht berichtet, obwohl vor einigen Monaten eine sehr negative Trudeau-Reaktion auf Sebastian Kurz breit gemeldet worden ist. Aber Positives passt halt nicht.
Die dümmste Auslandsreaktion auf die Regierungserklärung – neben vielen positiven bis höflichen von anderen Politikern – kommt vom italienischen Außenminister Alfano. Er verlangt als Reaktion auf den nun eventuell möglich werdenden Doppelpass für Südtiroler nach "Schutz für unsere Bevölkerungen und unsere Mitbürger". Ein skurriles Verlangen. Da niemand einem "italienischen Bürger" etwas antun oder wegnehmen will. Da nur einige von ihnen eventuell zusätzliche Rechte bekommen sollen. Und da ja Italien selber durchaus anderen Bürgern Doppelstaatsbürgerschaften erlaubt.
Die dümmste Inlandsreaktion kommt – natürlich – von einem Schauspieler. Er heißt Cornelius Obonya und hat – natürlich – einschlägig belastete Großeltern. Wörtlich: "Wir hoffen auch alle, achtsam sein zu können und dass dieses Land sich nicht verschiebt in eine Art von einem einzigen Brei, wo es nur mehr darum geht, entweder möglichst neoliberal Geld zu machen oder – das ist mir viel wichtiger – dass dieser Staat einfach zumacht und in seiner Offenheit, die er mal hatte, sukzessive 20 Jahre zurückgebombt wird hinter die Entwicklung, wo wir jetzt eigentlich mühevoll stehen." So ein Schwachsinn muss einem wirklich erst einmal einfallen. Wann begreifen die Medien endlich, dass Menschen, die gut singen, schauspielen, malen können, in keiner Weise besonders intelligent sein müssten. Sie sind das wahrscheinlich sogar extrem unterdurchschnittlich – sie sind aber fast immer sehr eitel und geben daher zu allem bereitwillig und öffentlich ihren Senf.
Das – unbeabsichtigt – größte Kompliment an die neue Regierung kommt von der obersten SPÖ-Frau Gabriele Heinisch-Hosek: "Frauenpolitik wird von Schwarz-Blau als konservative Familienpolitik begriffen." Super. Wunderbar. Genau das ist richtig und notwendig. Frauen sind zum Unterschied vom linken Menschenbild nämlich keine Behinderten, die von der Quote bis zum eigenen Ministerium ständig von der Obrigkeit bevorzugt und behütet werden müssten. Sie haben aber dann ganz eindeutig eine Vielzahl von Problemen und Notwendigkeiten, wenn sie Teil einer Familie sind, wenn also mindestens zwei Generationen zusammenleben.
Das Spannendste in den nächsten Tagen wird sein, wie sich die Beamten, vor allem die Sektionschefs in den bisher rein "roten" Ministerien verhalten. Da gab es im Jahr 2000 ganz unterschiedliche Verhaltensweisen: Im Finanzministerium haben die Beamten mit dem neuen FPÖ-Minister perfekt kooperiert. Im Sozialministerium haben sie die neuen Chefs hingegen eiskalt anrennen lassen. Im Bundeskanzleramt wiederum hat Wolfgang Schüssel mit seiner eigenen Sachkompetenz und einem hochklassigen Kabinett einfach an den vorgefundenen Beamten vorbei regiert.