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Wolfgang Schäuble ist zu den Ehren eines deutschen Bundestagspräsidenten aufgestiegen. Man kann freilich auch sagen: Er ist dort hinauf abgeschoben worden. Nun fehlt jener Mann, der sich oft als Einziger europäischen Fehlentwicklungen entgegengestemmt hat. Auch Schäuble war zwar nicht immer erfolgreich – siehe etwa die hemmungslose Staatsfinanzierung durch die Europäische Zentralbank –, aber er war der einzige, der das mit persönlichem Gewicht versucht hat.
Dabei droht die neue Welle solcher Fehlentwicklungen ein wirklicher Tsunami zu werden.
Dadurch hat Frankreich durchsetzen können, dass die EU-Hauptinstitutionen durchwegs in französisch-sprechenden Städten angesiedelt sind (Brüssel, Straßburg, Luxemburg), sodass seine Sprache über die der zahlenmäßig überlegenen Deutschen dominiert hat (das konnte freilich später den Siegeszug des Englischen nicht aufhalten). Es hat auch durchgesetzt, dass der Großteil des EU-Budgets in die Landwirtschaft fließt; wovon die französischen Bauern weit überproportional profitieren.
Die jetzige Macron-Attacke läuft unter einer anderen Flagge: Auf dieser steht groß "Solidarität!". Gemeint ist damit in Wahrheit freilich nicht die Hilfe für vorübergehend aus welchen Gründen immer in Not Geratene, sondern die dauerhafte Alimentation derer, die vornehmlich die schönen Seiten des Lebens genießen, durch jene, die primär die Notwendigkeit von Arbeit und Anstrengung sehen.
Genau das verbirgt sich hinter all den Macron-Vorstößen, durch gemeinsame Budgets, einen gemeinsamen Finanzminister, durch weit über den Binnenmarkt hinausgehende Vergemeinschaftung die EU endgültig in einen Staat zu verwandeln. Ein erster Vorgeschmack war der jüngste EU-"Sozialgipfel", bei dem es intensiv um weitere Umverteilung gegangen ist, um europaweite "Mindeststandards", um "faire" Löhne und "angemessene" Pensionen. Dramatische Vorstellungen, wenn man weiß, wie niedrig in manchen Ländern Löhne und Pensionen sind.
Dem hatte sich bisher Schäuble entgegengestellt. Er wusste: Je mehr das Prinzip der Eigenverantwortung aus den Köpfen der Menschen, Unternehmer und Politiker verdrängt wird, umso sorg- und verantwortungsloser handeln sie.
Nun ist er weggeräumt (und die ähnlich denkende FDP). Jetzt kann Angela Merkel wohl das tun, was sie schon die ganze Zeit will, um aus ihrer persönlichen Krise herauszukommen: Sie wird in der Hoffnung, doch noch Nachruhm als Mutti Europas zu ernten, Macron und damit diesen Ideen weit entgegenkommen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".