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Land ohne Geschichte: das Jahr der ignorierten Jahrestage

Das zu Ende gehende Jahr hatte viel Erfreuliches gebracht, was Anlass für ein fröhliches "Prosit" sein soll: von der verdienten Strafe, die Rot und Grün in Österreich wie international für ihr "Refugees-Welcome" bekommen haben (und hierzulande überdies für das rote Dirty Campaigning), bis zum derzeitigen Boom der Weltkonjunktur. In diesem Jahr sind auch viele Jahrestage begangen worden. Im Rückblick fällt freilich auf, dass jedoch ausgerechnet die zwei bedeutendsten und folgrenreichsten Jahrestage weitgehend ignoriert worden sind. Dabei waren diese mit ihren Auswirkungen noch viel bedeutender als das, an was im kommenden Jahr mit viel Trompeten erinnert werden wird.

Nicht unter den Tisch gekehrt wurde 2017 allerdings und zu Recht der 300. Geburtstag Maria Theresias, auch wenn ein verunglückter Fernsehfilm in keiner Weise der wirklichen Bedeutung der Herrscherin an der Schwelle von Barock und Gegenreformation zu Aufklärung und Neuzeit gerecht geworden ist. Aber immerhin: Es darf sie wieder geben, die große (und eigentlich letzte) Habsburgerin, die ja in einer kitschdominierten Rezeption zuletzt lange im Schatten der schrillen Ehefrau des vorletzten Kaisers gestanden ist.

Weitestgehend ignoriert wurde hingegen der 150. Jahrestag des "Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger". Dabei ist dieses bis heute noch in all seinen Grundzügen in Geltung! Dabei hat es den wohl wichtigsten Systembruch in der gesamten Geschichte Österreichs bedeutet.

Warum nur konnte ein solches skandalöses Vergessen passieren? Hat doch dieses Gesetz nach Jahrhunderten, nein Jahrtausenden des Absolutismus, der dramatischen Standesunterschiede 1867 (mit zwei Ausnahmen) all das gebracht, was bis heute die wesentlichsten Freiheitsrechte für jeden einzelnen Bürger gegenüber einem immer nach Allmacht und damit auch Machtmissbrauch gierenden Staat sind. Das sind vor allem: Freiheit und Freizügigkeit der Person, Gleichheit vor dem Gesetz, Unverletzlichkeit des Eigentums, Freiheit der Wissenschaft, Religions- und Versammlungsfreiheit, Briefgeheimnis und vor allem: die Meinungsfreiheit, die damals Presse- und Gewissensfreiheit genannt worden ist.

Gewiss, es gab noch zwei Einschränkungen bei diesem historischen Triumph der Freiheit: Diese Rechte haben zum Teil noch nicht für Frauen gegolten; und das Wahlrecht war noch kein gleiches, sondern ein ganz von der Steuerleistung abhängiges.

Aber mit Sicherheit waren nicht diese beiden (aus heutiger Sicht klaren) Mängel der Grund, warum dieser historische Geburtstag 2017 ignoriert worden ist. Grund des heutigen Ignorierens war sicher auch nicht das Verhalten des damaligen Papstes, der das Staatsgrundgesetz als "abscheuliches Gesetz" verdammt hatte.

Die Kirche hatte bis dahin ja noch ganz auf das absolutistische Gottesgnadentum insbesondere der österreichischen Kaiser als ihre eigene Stütze gebaut und alle liberalen Ideen abgelehnt (Dieses damalige Verhalten des Papstes sollte nebstbei bemerkt auch heutige Katholiken lehren, politische Aussagen des jetzigen Papstes nicht sonderlich ernst zu nehmen).

Ebenso wenig relevant für die heutige Rezeption – genauer: die geistige Nicht-Rezeption – des Staatsgrundgesetzes ist ein weiterer historischer Aspekt: Dass sich der Kaiser erst als Folge der Schwächung nach Königgrätz (der Niederlage gegen Preußen) zu diesem Gesetz wie auch zum "Ausgleich" mit Ungarn bequemt hat.

Der wirkliche Grund ist jedoch ein anderer: Die sozialistisch dominierte Historiker- und Medienzunft, aber auch der Verfassungsgerichtshof unter seinem bisherigen, zum Glück jetzt in Pension gehenden Leiter kann es nicht ertragen, dass das bis heute wichtigste Grundrechtsdokument Österreichs ein Produkt der (konstitutionell gewordenen) Monarchie und des liberalen Bürgertums ist. Für die Monarchie gibt es bei Linken nach wie vor nur zwei Rollen: entweder die als Feind- oder die als Kitschbild. Das liberale Bürgertum ist überhaupt nur als Feindbild gut.

Sozialisten können es auch nicht verwinden, dass alle ihre Versuche während der letzten Generationen gescheitert sind, diese auch in der Republik fundamental gebliebenen Grundrechte durch einen neuen Katalog zu relativieren. Man wollte sie mit "sozialen Grundrechten" gleichstellen, also mit netten, aber halt nicht juristisch durchsetzbaren Anliegen wie etwa einem "Recht auf Gesundheit". Wodurch man sie aber nur unweigerlich relativiert hätte. Auch ist einem Linken ein starker Staat immer wichtiger als abgesicherte Individualrechte gegenüber diesem Staat, oder etwa gar das Recht auf Eigentum.

Zugleich ist Sozialisten (so wie auch immer schon einem Teil der Konservativen) der zentrale liberale Grundwert dieser Verfassung, die Meinungsfreiheit, sogar zunehmend suspekt geworden. Sie wollen diese zunehmend durch Einschränkungen, durch Political Correctness, durch befohlenen Genderismus und staatlich vorgeschriebene Homo-, Islamo- und Migrantophilie ersetzen. Sie haben dabei – auch mit Hilfe europäischer Strukturen – auch etliches an repressiven Maßnahmen durchsetzen können. Wirklich liberales Denken, das dem gegengehalten hätte, ist hingegen in Österreich bis heute nicht gerade eine Massensportart.

Die Oktoberrevolution: nicht weiter wichtig?

Aus haargenau den gleichen Ursachen, weshalb das Staatsgrundgesetz trotz seiner großen Bedeutung heute unter den Tisch gekehrt wird, wurde 2017 auch ein zweiter runder Jahrestag kaum in Erinnerung gerufen. Das ist die 100 Jahre zurückliegende russische Oktoberrevolution.

  • Obwohl sie zusammen mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland unter allen historischen Ereignissen der letzten 300 Jahre die weitaus schlimmsten Folgen für Europa und darüber hinaus fast für die ganze Welt hatte.
  • Obwohl ihre Auswirkungen noch viel länger währten als die des NS-Staates.
  • Obwohl alle seriösen Analysen zum Schluss kommen, dass der Kommunismus mit 80 bis 100 Millionen Todesopfern (und vielen weiteren Millionen, die lebenslang versklavt und ins Elend gestürzt worden sind) die weitaus blutigste Ideologie der Weltgeschichte gewesen ist.

Aber freilich: Wenn man geistig dieser Ideologie so nahe steht, dann kann man sie nicht objektiv aufarbeiten, dann setzt man sich lieber gar nicht mit ihr auseinander, dann holt man sogar langjährige DDR-Kommunisten auf Professoren-Jobs an die Wiener Uni. Dann fordert man zwar zu Recht, dass jeder, der Sympathien für den Nationalsozialismus erklärt, aus dem politischen Leben ausgestoßen wird. Aber man kritisiert keine Sekunde, dass Menschen, die etwa als Trotzkisten zu einer besonders üblen Richtung des Kommunismus gehört und die jahrelang gewalttätige Demos organisiert haben, im österreichischen Parlament jahrelang als vorgebliche Saubermänner agieren konnten. Ohne jemals auch nur versucht zu haben, ihre Vergangenheit sauber aufzuarbeiten (bis sie  dann ausgerechnet über Frauenbelästigungen gestolpert sind).

Es gibt also einen engen Zusammenhang, dass diese zwei Jahrestage von der heimischen Gedenkmaschinerie ignoriert worden sind. Dieser wird umso klarer, wenn man sich bewusst macht, dass an deren Schalthebeln tiefrote Genossen wie die Herren Ostermayer, Drozda, Rathkolb oder Wrabetz gesessen sind (und dass in den anderen Parteien heute kaum noch Menschen mit Ahnung von Geschichte werken).

PS: Ausgerechnet diese SPÖ-Partie hat Österreich mit einem demnächst aktiv werdenden "Haus der Geschichte" beglückt. Dieses wird nach allem, was man dazu bisher erfahren hat, ein bloßes Haus der sozialdemokratischen Geschichtsumschreibung werden. In ihm wird es das Österreich ohne Sozialdemokratie großteils gar nicht geben. Dafür wird es eine groteske Zentralbotschaft transportieren: Alle Österreicher waren Nazis und haben am Heldenplatz gejubelt. Was keineswegs stimmt, aber verdecken soll, dass gerade unter den Sozialisten sehr viele National-"Sozialisten" geworden sind …

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