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Samtpfoten, Vertrauen und Konsens: Das prägt eindeutig die österreichischen Koalitionsverhandlungen. Vorerst klappen diese Regieanweisungen perfekt. Schwarz-Blau schafft damit gleich einen doppelten positiven Kontrast – und sich ein langfristiges Problem.
Der Kontrast ist sowohl gegenüber den Oppositionsparteien wie auch gegenüber Deutschland augenfällig. Während man beim großen Nachbarn in nächtlichen Langsitzungen um einen Kompromiss bei den Sondierungsgesprächen ringt, ohne deren Abschluss die eigentlichen Koalitionsverhandlungen nicht einmal beginnen können, stecken Blau und Schwarz in Österreich schon tief in diesen Koalitionsverhandlungen und verkünden stolz wie einträchtig, das erste Großkapitel fast fertig zu haben. Dabei hat Österreich erst drei Wochen nach den Deutschen gewählt. Man ist also superschnell unterwegs.
Das ist perfektes Marketing – auch wenn man objektiverweise sagen muss, die Deutschen haben es viel schwerer. Aus mehreren Gründen:
Schwarz und Blau können mit dieser Performance vorerst exzellent punkten, während in Deutschland die Frage nach dem Sinn dieser bunten Koalition immer lauter gestellt wird.
Schwarz und Blau bieten mit der bisherigen Vorstellung aber auch einen deutlichen Kontrast zu drei Oppositionsparteien. Rot, Grün und Pilz wechseln sich ja seit Wochen geradezu in einem Wettkampf ab, wer mehr hasserfüllte interne Streitereien hat, wo mehr grundsätzliche Richtungskonflikte toben, wo es mehr peinliche Enthüllungen gibt.
Schwarz und Blau wirken derzeit hingegen wie Teflon-Parteien, denen selbst erkennbare Schnitzer nichts anhaben können.
Zu diesen Schnitzern zählt etwa die mehr als überflüssige Krimreise zweier freiheitlicher Hinterbänkler auf russische Einladung. Zu diesen Schnitzern zählt die Beiziehung des Gesamtschulanhängers Salcher zu den Bildungsgesprächen auf ÖVP-Seite, was zu Recht von vielen wirklichen Schulexperten als Provokation empfunden wird.
Immerhin haben die Freiheitlichen mit Karin Kneissl jetzt eine ganz exzellente Fachfrau als parteilose Außenministerin nominiert, die einst in einem Kabinett von Alois Mock gewerkt hat, die über Nahost oder China hervorragende Analysen publiziert hat, die seit Jahren die bedrohliche Dramatik der illegalen Migration anspricht, und der die anderen Parteien niemand Gleichqualifizierten gegenüberstellen können. Und das richtige Geschlecht hat sie auch.
Wenn es fließt, dann fließt es, könnte man mit einem alten Sprichwort sagen. Für Schwarz-Blau fließt es derzeit in dicken Strömen.
Das heißt freilich nicht, dass es immer so gut weitergehen wird. Das könnte auch schon bei den Koalitionsgesprächen selbst ein Ende finden.
Bei diesen sind ja noch viele sehr wichtige Kapitel offen. Man hat sich jetzt eher das leichteste ausgesucht, wo die beiden Parteien von Anfang an eng beieinander liegen. Hingegen wird vor allem die Frage nach den Finanzen und dem notwendigen Reformmut etwa beim Pensionsthema noch sehr spannend werden.
Wie ist das nun weitgehend bekannte Sicherheits- und Asylkapitel als erste erledigte Schularbeit zu bewerten? Zwiespältig bis leicht positiv.
Aber für eine echte Bewertung sollte man auf den endgültigen Koalitionspakt warten. Alles andere wäre unseriös. Und vor allem sollte man darauf warten, was dann in den nächsten Monaten wirklich genau passiert.
Der einzig relevante Maßstab können letztlich nur die harten Zahlen sein: Werden die Summen der illegalen Einwanderer wie auch jener Menschen sinken, die von Behörden oder Gerichten ein Bleiberecht erhalten, obwohl sie nicht unter die explizit von der Flüchtlingskonvention erwähnten Fälle fallen? Werden alle Menschen wirklich außer Landes gebracht werden oder in Abschiebehaft kommen, die kein Aufenthaltsrecht haben? Und wird man im Gegensatz zu den letzten Jahren auch wirklich alle Zahlen und Fakten vorlegen?