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Die Datenleckerei

Wieder einmal schlagen einige Medien die große Aufmerksamkeitstrommel ob der Dinge, die sie durch ein "Datenleck" erfahren haben. Datenleck – was ist das eigentlich? Tropfen da etwa Daten aus einem undichten Fass heraus? Da ist vieles sehr merkwürdig – vor allem aber auch das Verhalten dieser Medien (mit nachträglicher Ergänzung).

Eigentlich sollte ja in Rechtsstaaten jeder Informierte, der selbst kein Delikt begangen hat, genaue und rasche Auskunft darüber geben, wie es zu einem Leck gekommen ist. Das ist ja auch die Pflicht eines jeden, der etwa etwas zum Zustandekommen des Lecks in einem Öltanker zu sagen hat. Er kann sich mit Sicherheit nicht hinter ein "Redaktionsgeheimnis" zurückziehen.

Wer hingegen nur das ausfließende Öl einsammelt, aber nicht sofort alles relevante Wissen den Behörden meldet, ist ein unguter Hamsterer, eventuell auch Hehler. Wenn die Wissensträger jede Auskunft über die Herkunft verweigern, führt das unweigerlich zu unangenehmen Vermutungen. Zum Beispiel zu der, dass das Leck nicht durch Rost oder Fahrlässigkeit entstanden ist, wie es normalerweise bei Lecks der Fall ist. Zum Beispiel zu der Vermutung, dass das Leck, durch das 13 Millionen Dokumente geflossen sind, durch einen massiven Datendiebstahl entstanden ist. Mit oder ohne Mittäter in der bestohlenen Firma, mit oder ohne Bestechung solcher Firmenangehöriger.

Besonders erstaunlich ist, dass sich jetzt ausgerechnet Linksmedien wie "Falter", ORF, "Le Monde", Guardian" oder "Süddeutsche" reihenweise über das Datenleck freuen und aufgeregt mit den Flügeln flattern, aber nichts tun, um das Leck zu stopfen und mitzuhelfen, seine Ursache aufzuklären. Denn das sind genau dieselben Medien, die sich sonst am lautesten über jede kleinste Verletzung des Datenschutzes erregen, wenn etwa eine Firma bloß die Daten ihrer Kunden unerlaubt gespeichert hat. Die sich auch oft über angebliche (oder wirkliche) russische Hacker und Datendiebe erregt haben.

Gehören diese Medien am Ende in die gleiche Heuchler-Kategorie wie Peter Pilz, der unmoralische Moralist? Pilz hat übrigens nicht nur in seinem Verhalten gegenüber Frauen verlogene Doppelstandards praktiziert. Er hat sich auch immer wieder berühmt, auf geheimnisvollen Wegen an ganz geheime Staatspapiere gekommen zu sein. Sein Verhalten hat seit Jahren zehn Kilometer gegen den Wind nach Bruch des Amtsgeheimnisses gestunken. Das ist freilich merkwürdigerweise von der Staatsanwaltschaft nie ernsthaft untersucht worden. Wird sie deshalb auch nie Fragen zu dem merkwürdigen "Leck" stellen, das zu "Falter" und Genossen führt?

Das wäre umso legitimer, als sich die das Leck bejubelnden Medien bisher nur der Unmenge an Daten rühmten, das Zustandekommen des Lecks mit Schweigen übergingen und noch kein einziges Delikt nannten, das sie durch ihr problematisches Vorgehen aufgedeckt hätten.

Denn Schiffe an Russen zu vermieten, ist weder unmoralisch noch fällt es derzeit unter irgendwelche Sanktionsbeschlüsse. Denn die Tatsache, dass der (aus ganz anderen Gründen suspekte) Herr Flöttl, einige Gesellschaften im Ausland besessen hat, ist leider noch gar kein Beweis dafür, wohin  die Millionen der Gewerkschaftsbank gekommen sind. Denn der Vorwurf der "Steuervermeidung" zeigt ja kein Delikt, sondern ein völlig legitimes Verhalten jedes Steuerpflichtigen, der darüber nachdenkt, wie er seine Steuerpflicht legal reduzieren kann. Das macht auch jeder der Tausenden Steuerberater in Österreich für seine Kunden.

Es ist auch noch kein Delikt, wenn global tätige Firmen global über Wege der Steuervermeidung nachdenken und diese gehen. Das ärgert zwar sicher Durchschnittsverdiener. Das ärgert verständlicherweise auch die EU-Finanzminister, die gerne mehr Steuern von diesen Firmen kassiert hätten. Aber sie haben noch keinen Weg gefunden, die Gewinne dieser Konzerne in ihre Kassen umzuleiten. Denn diese verletzen kein Recht.

Die Frage ist auch fast unlösbar, wie etwa Österreich den Gewinn aus einem multinationalen Geschäft besteuern könnte, das über zahllose Grenzen läuft. Das zeigt etwa folgendes, gar nicht so weit hergeholtes Beispiel:

Ein Österreicher auf Reise in Italien kauft über sein amerikanisch-chinesisches iPad und die italienische Telekomleitung eines Hongkong-Konzerns auf der deutschen Plattform eines multinationalen Konzerns, der an Börsen in drei Ländern notiert, mit europäischer Hauptniederlassung in Irland, dessen taiwanesisch gebaute Server in Island stehen, ein koreanisches Produkt, in dem Bestandteile aus mindestens zwei Dutzend weiterer Länder enthalten sind, das letztlich ein ungarischer Bote eines niederländischen Lieferdienstes von einer deutschen Auslieferungsstelle an eine Wiener Adresse zustellt? Als Österreicher hätte man sicher viel Sympathie, wenn Österreich da den Gewinn aus diesem Geschäft besteuern würde; Dutzende andere Länder würden das aber gar nicht toll finden und ihrerseits Österreich mit Klagen eindecken.

Wenn man sich in Österreich allzu sehr entrüstet, dass hierzulande bei einem solchen Geschäft keine Gewinnsteuern abkassiert werden können, sollte man sich bewusst sein, dass auch Österreich gerne und üppig Gewinne aus grenzüberschreitenden Geschäften kassiert hat und kassiert. Durch die begünstigte Gruppenbesteuerung von im Ausland erzielten Gewinnen, wenn die Zentrale in Österreich liegt. Durch die in Österreich erfolgende Besteuerung von Banken oder Handelsfirmen (etwa für Lebensmittel, Möbel und Heimwerkerbedarf), die in Mittelosteuropa große Umsätze machen.

Das alles ist juristisch und steuerrechtlich unendlich schwierig. Eindeutig ist nur eines: Das gibt jedenfalls niemandem das juristische oder moralische Recht, die Computer einer internationalen Anwaltskanzlei zu "lecken", die in zehn Ländern tätig ist und bei der offenbar weit mehr als 400 Mitarbeiter Zugang zu den Daten hatten. Von denen vielleicht nicht alle den vorgeschriebenen Ethos einer Anwaltskanzlei haben, das Anwaltsgeheimnis so zu hüten, wie ein Priester das Amtsgeheimnis oder ein Arzt das ärztliche.

PS: Eigentlich müsste ja auch eine Medienaufsichtsbehörde umgehend prüfen, ob ein von Zwangsgebühren lebender Sender nicht auch insofern ein wenig gegen das Gesetz verstößt, als bei der Leckerei Gebührengelder nicht für den gesetzlich vorgesehenen Zweck verwendet werden.

PPS: Besonders mies ist das Verhalten des ORF, wenn er jetzt geschäftsschädigend gegen jene Firma hetzt, die Schwedenbomben herstellt. Diese kann nämlich nur deshalb weiterproduzieren und in Österreich Arbeitsplätze sichern, weil sie in der Insolvenz vor einigen Jahren durch ausländische Kapitalgeber gerettet worden ist. Jetzt aber stellt es der ORF als besonders schlimm hin, dass seither quasi eine Urgroßmutter der Schwedenbomben auf einer karibischen Insel sitzt. Na und, kann man da nur sagen? Seien wir doch über die Rettung froh und hetzen nicht dagegen! Übrigens: Mir schmecken Schwedenbomben gar nicht, aber es ist wirklich ein ganz mieses Verhalten einer Linksaußenredaktion, anderen den Appetit darauf zu verderben.

Zwei nachträgliche Ergänzungen:

A) Ein wenig überraschend, aber jedenfalls ehrenhaft ist, dass der "Standard" da bei der hemmnungslosen Verwertung von Daten mit dunkler Vorgeschichte nicht mitgemacht hat.

B) Diese massenhafte Datenbeschaffung wirft auch ein besonders düsteres Licht auf jene, die sich in Österreich in den letzten Monaten so sehr gegen das von der Polizei erbetene Sicherheitsgesetz gestellt haben. Das ist jetzt besonders absurd. Denn Medien dürfen sich offensichtlich elektronische Daten auf jedem beliebigen Weg beschaffen, ohne dass jemand kritische Fragen zu stellen wagt, und ohne eben, dass da bisher irgend etwas Kriminelles aufgetaucht wäre. Die Behörden hingegen dürfen selbst im Kampf gegen schwerste Kriminalität und selbst nach richterlicher Genehmigung weiterhin nicht zu solchen Methoden greifen.

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