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Es ist schade um die Sozialdemokratie. Sie dürfte jetzt in Österreich ebenso wie vor kurzem in Deutschland ein Waterloo erleben. Ein Waterloo, das sich nahtlos an das in anderen europäischen Ländern fügt. Von Frankreich über die Niederlande bis Ungarn ist die rote Bilanz zuletzt sogar noch verheerender gewesen. Es ist aber dennoch schade um die Sozialdemokratie – freilich nur um jene früherer Epochen.
Denn die Sozialdemokratie des 20. Jahrhunderts war eine, die hohe moralische Standards hatte und verwirklichte. Diese sind inzwischen durch korrupte Mafia-Methoden und zynischem Egoismus ("Holen Sie sich, was Ihnen zusteht") ersetzt worden.
In der Sozialdemokratie hat es aber immer auch einen starken Flügel gegeben, der um das Funktionieren der Wirtschaft, die Bedeutung von Marktwirtschaft und Welthandel (samt den dafür notwendigen Schiedsgerichten!) Bescheid gewusst hat. Der begriffen hat, dass nur erfolgreiche Unternehmen die Grundlage des Wohlfahrtsstaats sein kann. Der deshalb auch bereit war, gegen ideologische und linkspopulistische Widerstände ökonomische Notwendigkeiten zu beachten.
Gerade deshalb haben aber früher die europäischen Sozialdemokraten viel mehr Vertrauen bei den Wählern gefunden als heute. Diese spüren – auch wenn sie im Detail von Wirtschaft nichts verstehen –, dass wirtschaftliche Kompetenz jedenfalls notwendig ist, um ein Land zu regieren.
Man denke etwa an die so erfolgreichen europäischen Regierungschefs Blair, Schröder und Schmidt, also durchwegs brillante Wirtschaftsexperten. Man denke an die deutschen Minister Schiller, Steinbrück und Müntefering. Man denke an die österreichischen Politiker Androsch, Vranitzky und Lacina. Man denke daran, dass der Letztgenannte aus gutem Grund Erbschafts- und Vermögenssteuer abgeschafft hat.
Irgendwie ist diese sozialdemokratische Wirtschaftsexpertise aber still und leise verloren gegangen. Eine Generation hat Abschied genommen, und es ist absolut nichts Gleichwertiges nachgewachsen.
Am präzisesten hat Ex-SPD-Chef Gerhard Schröder diese sozialdemokratische Malaise in einem Nachwahl-Interview mit der FAZ formuliert: "Sie können in Deutschland keine Mehrheit bilden ohne ökonomische Kompetenz." Vor dem Verteilen von Mitteln müsse darüber nachgedacht werden, auf welchem wirtschaftlichen Fundament das geschehen solle. "Was verteilt werden solle, muss erarbeitet werden."
Richtiger kann man es nicht sagen – und dennoch sind solche Sätze in der heutigen Sozialdemokratie völlig verpönt. Ihre Exponenten bestehen praktisch nur noch aus Feministen, Gewerkschaftern und Umverteilungs-Ideologen. In Österreich hängt der Abschied der SPÖ von der Wirtschaftskompetenz wohl auch damit zusammen, dass es keine "roten" Banken mehr gibt, fast keine verstaatlichte Industrie. Auch wenn deren Absterben gut und unvermeidlich war, haben doch die von der Partei entsandten Manager dort weit mehr von Wirtschaft gelernt als in ein paar Jahrhunderten auf Parteiakademien oder bei weltfremden Uni-Professoren.
Dieses Wissen und diese Erfahrung fehlen aber heute nicht nur den sozialdemokratischen Parteien. Sie fehlen damit letztlich auch ihren Ländern sehr.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".