Bisweilen – wenn auch erstaunlich selten – werde ich danach gefragt, ob denn nicht auch die Neos für einen Liberalkonservativen eine Alternative bei der Wahl sein könnten. In einigen wirtschaftsliberalen Fragen vertreten sie ja in der Tat vernünftigere Ansichten als der Rest der Parteienwelt. In allen anderen Fragen, zu denen sowohl die gesamte Werte- und Gesellschaftspolitik wie auch das für die allermeisten Österreicher heute weitaus wichtigste Thema – also Migration und Islamisierung – gehören, stehen sie jedoch leider sehr weit links.
Die Neos haben sich auch eindeutig linker positioniert als die FDP, ihre deutsche Schwesterpartei. Dennoch haben sie von dieser sich in den letzten Tagen noch Wahlhilfe geholt, während alle anderen Parteien diesmal sehr bewusst auf Wahlhelfer aus dem Ausland verzichtet haben.
Die wichtigsten Punkte, welche die Neos derzeit leider in sehr ungünstigem Licht erscheinen lassen:
- Migration/Islamisierung/Sicherheit: Die Neos haben sich bei jenem Problemkreis, der nach allen Umfragen der für die Österreicher der weitaus wichtigste ist, ganz eindeutig links positioniert. Oder ihn einfach ignoriert. Sie dürften nicht einmal wirklich begriffen haben, dass da ein Problemkreis liegt, der den meisten Österreichern unter den Nägeln brennt. Alle Neos-Äußerungen dazu sind sehr formaljuristisch und laufen letztlich auf eine unbegrenzte Zuwanderung hinaus.
- Wahlrecht und Staatsbürgerschaft: Die Neos haben sich so wie die Grünen intensiv für ein Ausländer-Wahlrecht und für die Doppelstaatsbürgerschaft eingesetzt.
- Die Koalitionsfrage: Da die Neos mehrfach eine Kooperation mit den Freiheitlichen strikt ausgeschlossen haben, kommen sie de facto nur für eine Linkskoalition in Frage, also unter Einschluss von SPÖ und/oder auch einer Grünpartei. Es sei denn, dass die ÖVP so viele Stimmen erringen würde, dass sie mit den Neos alleine die Mehrheit erringen könnte. Was aber völlig unwahrscheinlich ist.
- Die Neos zeigen so wie die Grünen eine völlig unreflektierte und fast religiösen Charakter tragende EU-Euphorie (so wie früher lange auch die ÖVP und bis weit in die Achtziger Jahre die FPÖ).
- Die Neos verlangen sogar eine Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
- Sie lehnen Grenzkontrollen ab und fordern eine Ausdehnung der Euro-Zone.
- Die Neos haben die rätselhafte Unentgeltlichkeit der Tätigkeit von Herrn Silberstein für sie nicht einmal versucht aufzuklären. Das lässt viele problematische Vermutungen aufkommen, die alle in Richtung eines SPÖ-Einflusses hinter den Kulissen gehen.
- Gesellschaftspolitik: Bei Themen wie Schwulenehe sind die Neos besonders links.
- Gendern: Die Neos sind beim Zwangsgendern oder Quoten mindestens so militant wie Rot und Grün.
- Auch beim Thema Schulpolitik – wo man viele Worte mit recht unklarem Inhalt hört – ist das von den Neos am konkretesten Vorgetragene problematisch: Die Neos verlangen weitere 400 Millionen für diesen Bereich, obwohl viele Studien zeigen, dass Österreich dort ohnedies schon überdurchschnittlich viel Geld für diesen Bereich ausgibt.
Neben all diesen gravierenden Negativa gehen einige zweifellos positiv zu bewertende Vorschläge der Neos an Bedeutung völlig unter. Was aber irgendwie logisch ist bei einer Partei, die in den zentralen Themen Migration, Islamisierung und Europa völlig daneben liegt:
- Strafzahlungen für Landeshauptleute, welche die Transparenzdatenbank nicht befüllen.
- Informationsfreiheit statt Amtsgeheimnis.
- Veröffentlichung der Auftragsvergaben auch im "unterschwelligen" Bereich.
- "Ausholzung" der Gewerbeordnung.
- Ende der Bagatellsteuern, Schuldenbremse, Digitalisierung und Abschaffung der Kalten Progression (was sich freilich ähnlich plakativ auch bei fast allen anderen Parteien findet).
- Abschaffung der Pflichtmitgliedschaften bei Kammern. Das macht in Wahrheit nur bei der Arbeiterkammer einen Sinn, wo alle wichtigen Aufgaben ohnedies die Gewerkschaften ausüben. Bei anderen Kammern würde das auf eine Verstaatlichung vieler Funktionen hinauslaufen (man denke etwa an das eigenständige Pensions- und Disziplinarrecht der Rechtsanwälte).
- Sie sind für Studiengebühren und echte Pensionsreformen.
- Sie haben bei der letzten Parlamentssitzung die ÖVP beim Widerstand gegen die meisten rot-blauen-grünen Beschlüsse zusätzlicher Geldausgaben unterstützt.
Sonst findet man auch bei den Neos viele nett klingende, aber ohne Konkretisierung letztlich total oberflächlich und populistisch bleibende Forderungen. Wie etwa "Abschaffung nutzloser politischer Versorgungsposten", "Vereinfachung des Steuersystems", "Chancenbonus für Brennpunktschulen" oder "saubere Politik". Da kann man nur sagen: Ja eh.
In anderen Bereichen fordern die Neos wieder etwas, was es schon gibt – und zeigen damit eine reduzierte sachliche Sattelfestigkeit, wie etwa mit der Forderung nach mehrjähriger Budgetplanung.
Aber was sind eigentlich die Ursachen dieser Linkspositionierung? Da gibt es mehrere plausible Möglichkeiten, die auch zusammengewirkt haben könnten:
- das Verlangen des ja immer sehr gut mit der SPÖ kooperierenden Neos-Hauptfinanciers Hans Peter Haselsteiner;
- oder die Relikte des einstigen Liberalen Forums von Heide Schmidt, auf denen die Neos parteirechtlich aufgebaut haben, haben das durchgesetzt. Dieses Forum ist ja einst überhaupt nur mit Hilfe von Heinz Fischer in die Welt gekommen, welcher damals damit eindeutig ÖVP und FPÖ schaden wollte;
- oder die nach Aussage von Parteichef Strolz zahlreichen Überläufer haben das durchgesetzt, die von den Grünen gekommen sind;
- oder sind das Nachwirkungen der einstigen Beratung durch den Herrn Silberstein (oder gar dessen anhaltenden Einflüssen?). Silberstein hat ja jedenfalls vor und nach seiner Tätigkeit für die Neos unbestritten (dicke) Honorare von der SPÖ kassiert – und für die Neos im letzten Wiener Wahlkampf unentgeltlich gearbeitet. Unentgeltlich etwas zu tun, würde gar nicht seinem Charakter entsprechen;
- natürlich kann all das auch durchwegs den persönlichen Überzeugungen von Parteichef Strolz entsprechen, der ja aus jenem ÖVP-Flügel stammt, der die Volkspartei gesellschaftspolitisch und ideologisch (außer in reinen Wirtschaftsfragen) immer sehr weit nach links zu zerren versucht hat, der nie begriffen hat, dass der Hauptteil der ÖVP-Wähler bürgerlich-konservativ sind. Man denke dabei an die Herren Busek, Josef Pröll, Riegler, Mitterlehner und Konrad, die alle ja unglaublich viele Konservative Richtung FPÖ vertrieben haben.
PS: eigentlich sollte ich mich auch mit den beiden Grünparteien befassen. Dazu fällt mir aber ehrlich gesagt gar nichts Positives ein, außer dass Frau Lunacek viel seriöser wirkt als Peter Pilz, der aber der Liebling vieler Journalisten ist, der immer wieder den Eindruck erweckt, bei Silberstein in die Schule gegangen zu sein.
PPS: Allen drei Kleinparteien ist jedenfalls positiv zu attestieren, dass Ihr Wahlkampf nach allem, was man weiß, absolut sauber verlaufen ist, dass sie alle drei ethisch in Ordnung scheinen – jedoch eben weit weg von wertorientierten konservativen Ansichten. Und eben Zwei davon sind auch entfernt von jeder marktwirtschaftlicher Orientierung und sehr sozialistisch-marxistisch positioniert. Auffällig bei allen drei ist, dass sie nur sehr knapp an der Vierprozentgrenze liegen. Dass also Gefahr besteht, dass eine Stimme für sie überhaupt zu den verlorenen zählen könnte.
PPPS: Apropos Umfragen: Es ist mehr als verdächtig, dass alle diese drei Parteien bei allen Instituten mehrfach mit "4 Prozent" prognostiziert worden sind, dass aber kein Institut jemals "3 Prozent" geschrieben hat. Was aller Wahrscheinlichkeit widerspricht.
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