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Dass der EU-Gerichtshof die Pflicht der EU-Staaten zur Einhaltung eines EU-Rats-Beschlusses und damit auch zur Umverteilung einer Anzahl von "Flüchtlingen" bestätigt hat, ist wenig überraschend. Genauso wenig überraschen sollte aber auch, wenn trotz dieses Gerichtsbeschlusses in den meisten osteuropäischen Staaten auch in etlichen Jahren keine solchen "Flüchtlinge" zu finden sein werden. In Österreich sollte man hingegen weniger über den EuGH, sondern viel mehr über das Verhalten der eigenen Regierung bei den Umverteilungs-Beschlüssen diskutieren, die ja in Brüssel immerhin ein Mit-Gesetzgeber ist.
Es kann nämlich durchaus weitere ähnliche Abstimmungen im EZ-Rat geben, wie jene, die von Ungarn und der Slowakei jetzt vergeblich vor dem EuGH angefochten worden ist. Im September 2015 hat ja auch Österreich dieser Umverteilung zugestimmt. Wird es das auch beim nächsten Mal tun? Da diese Beschlüsse eine qualifizierte Mehrheit brauchen, ist auch Österreichs Verhalten überaus relevant.
2015 waren die Regierungsmitglieder Faymann, Mitterlehner und Mikl-Leitner für diese Zustimmung hauptverantwortlich (kaum erinnert man sich noch an diese unglückseligen Namen …). Man hatte damals offenbar geglaubt, durch einen solchen Beschluss einen spürbaren Teil der nach Österreich hereindrängenden illegalen Migranten wieder loszuwerden. Deswegen waren damals auch alle Parteien dafür.
Oder hat man damals am Ende gar diesen Eindruck nur künstlich zu erwecken versucht? Tatsache ist ja, dass der damalige Beschluss nicht zur Abreise auch nur eines einzigen Migranten aus Österreich geführt hat. Dabei war und ist Österreich eines der diesbezüglich meistbelasteten Länder. Österreich wurde ganz im Gegenteil durch den EU-Umverteilungsbeschluss sogar selbst verpflichtet, noch weitere Migranten aus anderen EU-Ländern aufzunehmen. War die Zustimmung der damaligen Regierung Dummheit? Hat man sich hineinlegen lassen? War es zynische Lüge?
Heute ist Sebastian Kurz der starke Mann in einer der beiden Regierungsparteien. Auch er hat damals keinen Widerspruch erhoben. Aber er hat als erstes Regierungsmitglied bald danach ganz anders zu denken und zu reden begonnen. Er hat erkannt, dass nicht eine (ohnedies nie funktionierende) Umverteilung die Lösung sein könne, sondern nur ein gänzlicher Stopp der Migration, beziehungsweise ein Rücktransport der Gekommenen nach dem australischen Modell.
Daher müsste er heute folgerichtig ganz klar sagen: Selbst wenn der damalige Beschluss formalrechtlich zu akzeptieren ist, wird Österreich, werden die Politiker seiner Partei keinem weiteren Umverteilungsbeschluss zustimmen. Kurz müsste das umso deutlicher sagen, als sein jammervoller Parteifreund, der EU-Abgeordnete Karas, gleich als erster dem Ja des EuGH zur Umverteilung zugejubelt hat. Diese Reaktion ist, wenn sie unwidersprochen so stehen bleiben sollte, jedenfalls eine massive Wahlhilfe für die FPÖ, die ja schon lange nichts mehr von Umverteilung hält.
Nun, man wartet. Noch ist keine Kurz-Reaktion bekannt.
Keinen Zweifel kann es hingegen geben, was dieser Umverteilungsbeschluss in der Realität Osteuropas bedeuten wird: so gut wie nichts. Auch wenn die Osteuropäer dafür verschiedene Strategien anwenden, gegen die die EU mit ihrem weltfremden Beschluss ohnmächtig ist:
Erstens: Weiterer Kampf mit allen Tricks. Man kämpft weiterhin mit allen juristischen, politischen sowie emotionalen Waffen und Tricks gegen eine Umverteilung. Etwa Ungarn wird das tun, auch deshalb, weil Regierungschef Orban damit einen perfekten Wahlschlager für die nächsten Parlamentswahlen in die Hände bekommen hat (Insgeheimes Motto: "Danke lieber EuGH, dass ihr die EU für uns in einen so perfekten Feinddarsteller verwandelt habt!").
Ein Vorgeschmack auf dieses Trick-Arsenal bot der ungarische Vorstoß, von der EU eine Bezahlung für den Bau der eigenen Grenzzäune zu verlangen. Diese waren zwar für Österreich zusammen mit der von Sebastian Kurz orchestrierten Balkansperre in der Tat lebensrettend. Diese waren auch eindeutig die bisher effektivste Maßnahme zu der von allen 28 EU-Ländern ständig beschworenen Sicherung der Außengrenzen. Dennoch war von vornherein klar, dass die migrationsfreundliche EU-Kommission nicht daran denkt, Ungarn zu entschädigen. Das gibt aber Orban die Möglichkeit, diesen Anspruch vor den EuGH zu bringen, und damit gut begründen zu können, dass er derweil weiterhin keine Migranten aufnimmt.
Zweitens: Wir lassen uns lieber strafen. Etwa der tschechische Präsident Zeman hat bereits offen angekündigt, dass sein Land lieber EU-Strafen zahlen wird, als "Flüchtlinge" aufzunehmen.
Drittens: Methode Schwejk. Andere Ostregierungen werden zwar sagen: "Ok, wir beugen uns der Macht, wenn auch widerwillig." Aber sie werden im wirklichen Leben dafür sorgen, dass da dennoch so gut wie nichts stattfindet.
Sie werden erst einmal, ähnlich wie das österreichische Innenministerium, unglaublich langwierig jeden einzelnen "Flüchtling" – etwa sicherheitsmäßig, gesundheitlich und ausbildungsmäßig – prüfen, bevor er für eine Aufnahme in Frage kommt, was offensichtlich Jahre dauern kann, ohne dass man ihnen einen Rechtsbruch vorwerfen kann. Und sie werden dann – ganz anders als Österreich es mit seiner vor allem in Wien weiterhin praktizierten Großzügigkeit tut – die letztlich vielleicht doch übernommenen "Flüchtlinge" schlecht behandeln. Finanziell, im Bildungssystem, bei der Arbeitsplatzsuche, durch polizeiliche Kontrollen.
Als Ergebnis wird auch in diesen Ländern kaum ein "Flüchtling" freiwillig bleiben, wie ja auch schon bisher kaum einer in Osteuropa bleiben wollte, der irgendwie direkt dorthin gelangt war. Motto bei allen drei Gruppen: "Wenn wir es geschafft haben, die Russen und die Rote Armee wieder loszuwerden, werden wir das auch bei Somaliern, Afghanen und Nigerianern schaffen. Wir lassen uns nach der russischen ganz sicher keine deutsch-französisch-italienische Vormundschaft gefallen".
Sie werden auch zu Recht fragen können: "Sollen wir sie vielleicht bei uns einsperren, damit sie hier bleiben? Wir sind halt keine so üppigen Sozialstaaten wie Deutschland, Österreich oder Schweden."
Viertens: Die Nachgiebigen. Nur drei kleine Oststaaten werden die Umverteilung auf sich nehmen: die drei kleinen baltischen Länder. Sie wollen auf keinen Fall den Unmut von Deutschland&Co auf sich ziehen, weil sie etwas anderes noch viel mehr fürchten als eine – für sie – relativ kleine Gruppe von Drittweltmigranten: Das ist der große Nachbar im Osten, der ja schon mehrere einst sowjetische Nachbarländer unter Vorwänden überfallen und ihnen große Territorien geraubt hat. Der gerade jetzt unmittelbar an der Grenze der baltischen Staaten ein Großmanöver veranstaltet, von der er westliche Beobachter aussperrt.
Da will im Baltikum niemand den Westen oder die Nato verärgern, weil man diese ja für den eigenen Schutz braucht.