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Die Demokratiemüdigkeit ist in vielen europäischen Staaten zum zentralen Problem geworden. Die Wähler ziehen immer rascher von einer zur anderen Partei. Neu gegründete Bewegungen, von denen die Bürger nicht viel wissen, in die daher total divergierende Hoffnungen projiziert werden können, haben einen raketengleichen Start, um jedoch dann nach einigen Jahren zu verglühen. Immer häufiger sind nur noch Vielparteienkoalitionen möglich. Und zugleich zeigen alle Umfragen ein ständiges Ansteigen der Unzufriedenheit mit der Politik. Über die zwei einzigen wirklich sinnvollen Therapien wird jedoch kaum gesprochen.
Besserung ist nämlich eindeutig nur erzielbar, wenn wir das demokratische System und dessen Spielregeln ändern. Die repräsentative Demokratie – im Grunde eine Diktatur auf Zeit – ist ausgelaugt. Sie hat fast jedes Vertrauen der Bürger verloren. Die Menschen ärgern sich immer mehr, weil sie das Auseinanderklaffen von (unrealistischen) Versprechungen vor der Wahl und der ernüchternden Realität in den Jahren nach der Wahl miterleben.
Aber auch die Politiker in diesem Repräsentativsystem spüren immer mehr, dass sie kaum noch sinnvoll agieren können, sondern bloße Spielbälle von Medien, Interessengruppen und radikalen Minoritäten geworden sind, dass Machteroberung oder Machterhalt zum einzigen Ziel der Politik geworden sind. Und gerade in Österreich bekommt man immer mehr das Gefühl, dass kaum eine Partei mit den anderen noch wirklich will und vor allem kann.
Diese kaum diskutierte Systemfrage wäre im Übrigen auch der weitaus effizienteste Ansatz, um die vielen Sachprobleme angehen zu können, die Europas Politik zu erdrücken beginnen. Ob das nun Massenmigration und Islamisierung sind, ob das der unheilvolle Negativzins und die Schuldenmachpolitik sind, ob das die erdrückende Überregulierung und die ausufernde Political Correctness sind. Alles Hinterlassenschaften der repräsentativen Demokratie.
Aber in welche Richtung soll das demokratische System nun genau geändert werden? Da gibt es zwei Möglichkeiten, die beide Besserung versprechen, die eine weniger, die andere mehr. Nur wenig Besserung bringt ein Mehrheitswahlrecht, deutlich mehr hingegen die direkte Demokratie.
Das Mehrheitswahlrecht, das es in vielfältigen Ausformungen vor allem in Großbritannien, Frankreich und den USA gibt, bedeutet vereinfacht ausgedrückt: The winner takes it all. Das führt in den meisten Fällen dazu, dass eine Partei alleine regieren kann.
Das würde eine gewisse Erleichterung bringen – vor allem wenn man zum Vergleich die totale und hasserfüllte Lähmung in Österreich während der letzten zehn Jahre beobachtet. Auch für die Zukunft gibt es kaum Koalitionen und Partnerschaften, von denen man sich ein ersprießliches Zusammenarbeiten erwarten kann. Daher erscheint es sinnvoller, wenn einmal die eine, dann die andere Partei alleine regieren und zeigen könnte, was sie kann.
Es gibt aber auch klare Nachteile oder Probleme:
Die andere Möglichkeit zur Rettung der Demokratie aus der Krise der Repräsentativen ist die Direkte Demokratie. Vorbildhaft gibt es diese in der Schweiz. Dort sind die Stimmbürger bei Referenden der oberste Gesetzgeber, über den nichts drüber geht (nicht einmal ein Gerichtshof). Das heißt zwar keineswegs, dass Regierungen und Parlamentarier überflüssig wären. Aber das Volk kann jederzeit Entscheidungen auf nationaler oder regionaler Ebene an sich ziehen (wenn das genügend Unterschriften verlangen).
Die Direkte Demokratie ist wahrscheinlich auch mit einem Mehrheitswahlrecht kombinierbar. Trotzdem sollte man vorsichtig sein, beides zugleich einzuführen. Es gibt nämlich kaum erprobte Beispiele, ob das auch wirklich funktioniert (am ehesten noch die USA, aber nur auf regionaler Ebene).
Sicher könnte es am Anfang des Übergangs zur Direkten Demokratie Probleme geben. Häufig wird etwa darauf hingewiesen, dass es dabei zu kurzsichtigen populistischen Aktionen kommen könnte. Ein Parlamentarier (einer an sich der Direkten Demokratie positiv gegenüberstehenden Partei) äußerte in einem privaten Gespräch die Sorge, dass dann als erstes die Kronenzeitung eine Halbierung der Abgeordnetenbezüge zum Referendumsthema zu machen versuchen könnte. Theoretisch möglich ist auch, dass dann irgendeine Minderheit von der Mehrheit arg unterdrückt wird. Allerdings haben die meisten Menschen ein sehr gutes natürliches Gerechtigkeitsgefühl und würden dem wohl nicht zustimmen. Dieses Gerechtigkeitsgefühl der Menschen ist meistens sogar größer als das einer Regierungspartei ...
Jedenfalls scheint unbestritten: Die Vorteile einer direkten Demokratie übertreffen weit die damit verbundenen Probleme. Das zeigt etwa das Erfolgsmodell Schweiz (auch dort müssen übrigens die Abgeordneten nicht verhungern). Die wichtigsten Vorteile der Direkten Demokratie:
Freilich: Es wird mit Gewissheit noch dauern, es wird noch schlimme Krisen geben, bis wir wirklich eine Weiterentwicklung der Demokratie erleben. Bis dahin werden die derzeitigen Machthaber noch alles tun, um eine Abgabe von Macht und Privilegien zu verhindern. Jeder von ihnen wird insgeheim rechnen: Was bringt es mir? Was schadet es mir und meiner Partei? Aber kaum einer denkt wirklich: Was ist gut für die Menschen, die Gesellschaft, das Land?
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.