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Pflegethema: Zu wichtig für den Wahlkampf

Die soziale Kälte und eine erfundene illegale Pflegerin im Hause Schüssel hat schon weiland Alfred Gusenbauer ins Kanzleramt gebracht. Daran muss sich Spin-Doktor Silberstein erinnert haben und schon hat die SPÖ ihr Wahlkampfthema: Mit einer Erbschaftssteuer für Millionäre soll die Pflege finanziert werden – lautet der Plan A. Da ist zu hoffen, dass Christian Kern einen Plan B in der Schublade hat. Denn für solche klassenkämpferischen Milchmädchenrechnungen ist das Thema viel zu ernst.

Was haben wir nicht schon für staatliche Großtaten versprochen bekommen, die die Einführung einer Erbschaftssteuer für Millionäre sicherstellen sollte. Eine viel bessere Bildung für alle, Lohnsteuersenkungen für alle Nicht-Reichen, mehr Sicherheit, mehr Wohnbau. Mehr. Mehr. Und diesmal eben: mehr Pflege für alle.

So kann nur jemand rechnen, der schon "in der Wirtschaft" als ÖBB-Chef 60 Millionen Gewinn bejubelte und dabei unter den Tisch fallen ließ, dass der Steuerzahler für dieses gewinnträchtige Unternehmen jährlich 5 bis 8 Milliarden zuschießen darf.

Und es braucht einen so hyperkompetenten zweiten Protagonisten wie Alois Stöger, der mit diesen "gewonnenen" Millionen aus der neuen Reichen-Steuer nicht nur den Pflegeregress abschaffen will, sondern auch noch gleich den Bund dazu verpflichten möchte, die Hälfte aller mobilen Pflegeleistungen zu übernehmen, das Pflegegeld für schwerst behinderte Kinder um 720 € zu erhöhen und in den nächsten fünf Jahren eine Milliarde in die Qualitätssteigerung der Pflegeberufe zu stecken.

Das alles wäre wichtig, das alles hätte nicht jetzt im Wahlkampf, sondern seit Jahren angegangen und gelöst werden müssen.

Zu diesem Umgang mit dem drängenden Problem Pflege passen die Photos, auf denen der Kanzler am Pflegebett steht und vor sich hin strahlt. Und auch das rührende Video auf Facebook (das zumindest empörte Kommentare erntet).

Das alles ist unernst.

Erstens kommen nicht hunderte Millionen an Erbschaftssteuer herein – im letzten Jahr ihrer Existenz (2007) wurden gerade einmal 29 Vermögen von über einer Million vererbt bzw. geschenkt. Das brachte heiße zehn (!) Millionen Steuern. Und das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn es um Pflege, ja sogar wenn es "nur" um den Pflegeregress geht. Seine Abschaffung würde 200 Millionen kosten. Also wird der Plan B zum Plan A "Millionärssteuer" wohl Massensteuer heißen.

Zweitens – und das ist noch viel ärger – kann alles, was der Sozialminister noch dazu verspricht, nur durch noch mehr Schulden finanziert werden.

Und das, obwohl Stögers Ressort durch die trotzige Reformunwilligkeit des Ministers und seiner Parteifreunde schon jetzt der größte Kostentreiber im Staat ist.

Schon heuer muss jeder siebente Euro des Staatshaushalts dem allgemeinen Pensionsversicherungssystem zugeschossen werden. Und die Tendenz ist steigend. Schließlich können wir durchschnittlich alle immer länger die Pension genießen (allein zwischen 1971 und 2011 sind die durchschnittlichen Pensionsjahre von acht auf 22 gestiegen). Das ist wunderbar – aber muss auch bezahlt werden.

Wann haben wir einen ernst zu nehmenden Stöger-Vorschlag über Reformen, die Kosten in den Griff zu bekommen, gehört? Er beteuert immer nur: Kein Reformbedarf.

Und so verspricht er auch das Blaue vom Himmel herunter, was der Staat nicht alles bei der Pflege finanzieren wird.

Geld spielt für ihn keine Rolle. Gewohnheitsmäßig.

Wenn die politische Phantasie bei der Bearbeitung großer Probleme nur zur Wiederholung des alten Mantra "Neue Steuern und neue Schulden" reicht, dann ist das – wie Christian Kern über die Politik bis zu seinem Amtsantritt urteilte – einfach nur "zukunftsvergessen".

 

 

 

 

 

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