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Der Pferdefuß der Mitarbeiterstiftungen

Es war eine der wenigen Erfolgsmeldungen in der Schlussphase der Koalition: die Einigung auf mehr Mitarbeiterstiftungen. Leider haben sich nur wenige Medien mit dieser Frage befasst. Und auch sie haben nicht deren wahre Problematik durchschaut. Solche Stiftungen sind nämlich Gift für die Marktwirtschaft und das Funktionieren einer Börse.

Um nicht missverstanden zu werden: Gewiss ist eine Mitarbeiterbeteiligung an sich eine gute Sache (solange klar bleibt, dass es nicht um ein Weihnachtsgeschenk geht, sondern um einen normalen Gehaltsbestandteil). Gewiss ist es auch gut, wenn Arbeitnehmer dadurch lernen, dass Aktien etwas Grundvernünftiges sind, dass der wirtschaftliche Unternehmenserfolg eine gemeinsame Sache ist.

Problematisch sind solche Stiftungen aber:

  • weil sie de facto unter Kontrolle der Gewerkschaften stehen, womit sie politisch und nicht ökonomisch denken werden;
  • weil staatsnahe Unternehmen dadurch versuchen könnten, der Kontrolle durch den Rechnungshof zu entgehen;
  • und weil jeder Arbeitnehmer erst bei Ausscheiden aus dem Unternehmen über seinen Anteil verfügen kann.

Das Allerschlimmste ist aber etwas ganz anderes: Das ist das Entstehen eines immobilen Aktienpakets, das feindliche Übernahmen deutlich erschwert oder unmöglich macht. Denn keine solche Stiftung wird feindliche Übernahmen unterstützen, die ja immer Unruhe bedeuten. Das begreifen offenbar nicht einmal Wirtschaftsjournalisten – oder bejubeln es sogar.

Dadurch wird es für potenzielle Käufer erschwert, Kontrolle über ein Unternehmen zu erringen. Das entwertet naturgemäß auch alle übrigen Aktien. Damit wird vor allem der allerwichtigste gesamtwirtschaftliche Vorteil einer Börse reduziert.

Das ist nur für einen Akteur gut: für das amtierende Management. Wenn Eigentümerwechsel unmöglich werden, dann droht ihm keine Strafe für schlechte Unternehmensführung. Solche Übernahmen erfolgen ja nur dann, wenn ein potenzieller Käufer zu erkennen glaubt, dass die Chancen und der mögliche Wert eines Unternehmens deutlich größer sind als unter dem aktuellen Regime (alle andere Kaufmotive verbietet das Kartellrecht).

In Österreich begreift man offenbar nicht, dass die Möglichkeit "feindlicher Übernahmen" nur für das Management negativ, für das Unternehmen selbst und die Aktionäre hingegen positiv und notwendig ist. Sie nützt nicht nur den anderen Aktionären, sie ist vor allem die einzige Peitsche, die dem amtierenden Aufsichtsrat und Vorstand droht, wenn sie sich nicht genug anstrengen (oder wenn sie unfähig sind). Wenn Aktiengesellschaften sich de facto selbst gehören, dann werden sie träge, feige, selbstzufrieden. Siehe die ganze Staatswirtschaft.

Das sollte eigentlich nicht so schwer zu verstehen sein. Schließlich geht es da um einen wichtigen Mechanismus, der die Marktwirtschaft und insbesondere deren Steuerung über die Börse so erfolgreich gemacht hat. Traurig, dass das in Österreich offenbar nicht verstanden wird.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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