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Kurz sollte danken, Merkel sollte danken, Österreich sollte danken

Die ÖVP legt sich ihrem neuen Parteichef zu Füßen. Das tat sie freilich schon öfter. Die wirkliche Sensation dieser Stunden kommt aber aus Deutschland. Und sie hängt viel enger mit Sebastian Kurz zusammen, als den meisten Österreichern bewusst ist.

Dass Sebastian Kurz neuer Parteichef der Volkspartei werden wird, hat sich seit Tagen abgezeichnet. Überraschend war nicht einmal, dass das total einstimmig und ohne jeden nach außen dringenden kritischen Zwischenton passiert ist. Denn die ÖVP hatte keinerlei Alternative zu Kurz. Es gab zum ersten Mal in der Geschichte dieser Partei nicht einmal andeutungsweise andere Namen zu hören, die ebenfalls als Parteiobmann in Frage gekommen wären.

Kurz löst derzeit in breiten Kreisen ein außerordentlich hohes Ausmaß an Zustimmung und fast Begeisterung aus. Das führt bei praktisch allen anderen Parteien zu Katerstimmung  und (selbstbeschädigenden) Aggressionen, aber auch bei den linksorientierten Journalisten, also bei der medialen Mehrheit.

Sie arbeiten in ihren Reaktionen auf Kurz jetzt panisch dramatisierend heraus, dass Kurz ein angeblich gefährliches Ausmaß an Macht bekommt. Und sie vergessen auf die mindestens ebenso legitime Überlegung, ob sich die Kurz-Kompetenzen wirklich so dramatisch von den eindrucksvollen Blankoschecks unterscheidet, die auch schon frühere ÖVP-Obmänner regelmäßig bei Amtsantritt bekommen haben, ebenso fast alle Landeshauptleute. Und die dem jeweiligen Obmann beim ersten Rückschlag dann dennoch nie geholfen haben.

Die journalistischen und sonstigen Kurz-Kritiker arbeiten ihm in Wahrheit, wenn auch ohne es zu wollen, voll in die Hände. Sie verstärken mit dieser Panik „Huch, Kurz hat zu viel Macht in seiner Partei bekommen, ja er stellt sogar seinen Namen in die Listenbezeichnung,“ genau jenen Eindruck bei den Wählern, der Kurz nur helfen kann.

Denn die Wähler wählen eindeutig primär Personen, auch wenn Parteien auf der Liste stehen. Sachorientiert würden sie nur in einer direkten Demokratie entscheiden. Wenn Wähler jedoch einzig und allein das magere Recht haben, am Wahltag irgendjemandem auf vier oder fünf Jahre ein Blankoticket auszustellen, dann entscheiden sich die meisten für die ihnen am besten scheinende Persönlichkeit, für souverän-kraftvolle Personen mit Leadership.

Das dahinterstehende Gewirr an Parteistatuten ist ihnen hingegen völlig egal. Die Österreicher sind nicht an innerparteilicher Demokratie interessiert. Sie wären nur an innerösterreichischer (also direkter) Demokratie interessiert. Die kriegen sie aber nicht. Zumindest bisher.

Der Hass der linken Medien und die Anti-Kurz-Hysterie im ORF bestätigt den Wählern jetzt nur eindrücklich: Kurz ist so eine Persönlichkeit, wie wir sie haben wollen. Sie wollen keinen Schwächling wie Mitterlehner, und auch keinen Pizzaverkäufer, der jeden Tag mit einer anderen Taktik verwirrt.

Kurz sollte also all diesen Journalisten und Konkurrenzparteien von Rot bis Blau danken, die ihn in ihrem Hass und ihrer Dummheit als „präfaschistisch“, als „Oberkastrator der ÖVP“ als „Führer“ usw. attackieren. Nicht weil er wirklich präfaschistisch usw. wäre. Aber weil das den Wählern signalisiert: Hier kommt also wirklich eine starke Persönlichkeit, wenn sich alle Konkurrenten offensichtlich panisch vor Kurz fürchten (rein wahlpsychologisch müssten die Konkurrenten Kurz eigentlich als Schwächling hinzustellen versuchen. Aber dazu sind sie nicht intelligent genug).

Merkel muss Kurz danken

Umgekehrt muss jemand ganz anderer diesem Sebastian Kurz danken. Und zwar jemand, der ihm eigentlich ebensowenig grün ist. Wie es die Journalisten sind. Das ist Angela Merkel. Sie mag ihn zwar nicht, vor allem wegen der von ihm gegen den ausdrücklichen Willen Merkels organisierten Balkansperre. Das war für sie ein empörender Akt der Insubordination eines Ösis ihr gegenüber. Aber sie profitiert enorm von ihm – genau wegen dieser Balkansperre.

Denn als deren Folge hat der Migrationsdruck auf Deutschland deutlich nachgelassen. Das aber hat die ab 2015 stark gewachsenen Aversionen der deutschen Wähler gegen Merkel und ihre damalige Welcome-Politik (oder eigentlich Hilflosigkeits-Politik) wieder deutlich abgemildert. Das war die wichtigste, wenn auch nicht die einzige Ursache des jetzt schon dritten Erdrutschsiegs der CDU bei Landtagswahlen. Zuletzt, am wichtigsten und am sensationellsten, im weitaus größten deutschen Bundesland, wo die CDU die SPD entthronen konnte.

Seit die Hauptproblemzone Migration entschärft ist, kann Merkels Stern als einer der kraftvollen Ruhe und Führungsstärke wieder voll zum Strahlen kommen. Eben Kurz sei Dank.

Zugleich hat ihr aber auch ein zweiter Faktor geholfen: Nämlich, dass die Meinungsumfragen eine Zeitlang ein Überholen der CDU durch die SPD zu zeigen schienen, nachdem der in Deutschland anfangs eher unbekannte Martin Schulz die Führung der Sozialdemokraten übernommen hatte. Das hat viele deutsche Wähler zum Nachdenken gebracht, und dieses zum Ergebnis: Eine Partei, die noch viel mehr als die CDU für die Massenimmigration steht, und die viel weniger für eine kraftvolle Sicherheitspolitik steht, wollen sie eigentlich sicher nicht an der Spitze haben. Dieser Erkenntnisprozess hat viele ins Lager der CDU getrieben.

Zugleich ist die AfD von ihren früheren zweistelligen Spitzenwerten zurückgesackt. Das hängt zwar zum einen mit den abstoßenden innerparteilichen Konflikten in der AfD zusammen, aber auch mit dem Effekt eines Kopfs an Kopf zwischen Schwarz und Rot. Und bevor sie das Risiko eingehen, einen Roten an der Spitze zu haben, haben viele AfD-Sympathisanten daher halt doch (wieder) CDU gewählt.

Aber dennoch ist die AfD ein nicht wegzudenkender Faktor der deutschen Politik geworden. Sie zieht in jeden Landtag ein, sobald sie antritt. Sie wurde in NRW viertstärkste Partei. Sie hat Linke und Grüne weit hinter sich gelassen, die beiden aggressivsten Vertreter der Welcome-Politik.

All diese drei Parteien haben genau das nicht begriffen, was moderne Parteipolitik ausmacht (siehe Kurz): Es gibt bei ihnen keinen klar identifizierten kraftvollen Spitzenmann, an den sich die (großteils ja sehr politikfernen!) Wähler im Lauf der Zeit gewöhnen könnten. Sie haben Doppelspitzen, sie haben ständig von den eigenen Parteifunktionären abgeschossene Führungen. Dazu sagen die Wähler ganz klar „Nein, Danke“.

Ganz anders die FDP, die nach schweren Zeiten außerhalb des Bundestags seit einiger Zeit wieder kraftvoll unterwegs ist. Sie hat einen unangefochtenen Parteichef, der in den Augen der Wähler zunehmend Konturen und Führungsstärke gewonnen hat. Daher schafft sie es in Nordrhein/Westfalen mit kraftvollen 12,7 Prozent auf den dritten Platz.

Ein echt liberales Element ist gerade in Deutschland enorm wichtig, wo ja die SPD in der Regierung massiv an der Einschränkung der Meinungsfreiheit arbeitet, wo mindestens so viel Regulierungswut tobt wie in Österreich. Weniger erfreulich ist allerdings, dass die FDP die Notwendigkeiten Europas in Sachen Sicherheit nicht zu begreifen vermag, und dass sie für Familien nichts übrig hat.

Diese Wahl hat noch drei weitere positive Aspekte gebracht:

  • Erstens, dass die Linkspartei den Einzug in den Landtag wenn auch knapp verpasst hat.
  • Zweitens, dass das von Anfang an unseriös-wirre Element der Piratenpartei nun aus allen Landtagen wieder draußen ist.
  • Und drittens, dass die Grünen fast halbiert worden sind.

Es ist absolut sensationell, dass ein einziges Wahlergebnis so viele gute Nachrichten zu bringen vermag.

Wirklich sensationell ist aber auch – um wieder zur deutsch-österreichischen „Freundschaft“ zurückzukehren –, was man derzeit in zahlreichen deutschen Foren über Sebastian Kurz und seinen Aufstieg in Österreich lesen kann. Der verbreitete Tenor: „So einen bräuchten wir auch!“ Oder gar: „Schließen wir uns an Österreich an“.

Zu viel der Ehre. Aber ein bisschen dankbar dürfen wir schon sein, wenn man wieder einmal anderswo Gutes über Österreich liest. Da kann man das Dauerstänkern der heimischen Linksjournalisten locker wegstecken.

PS: Noch einmal ad Merkel-Kurz: Trotz des frostigen Verhältnisses wäre ich wenig überrascht, wenn es zwischen den beiden bald doch zu einem engen Verhältnis käme. Beide sind hochprofessionell und wenig emotionsgeleitet. Beide wissen, was ihnen nützt.

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