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Zehntausende Österreicher werden von 24-Stunden-Betreuerinnen aus Osteuropa gepflegt. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Lebensqualität dieser Menschen. Mittelfristig ist dieser aber fundamental bedroht. Freilich nicht durch die Familienbeihilfe-Kürzungspläne von Außen- und Familienministerium, wie derzeit mancherorts befürchtet, sondern durch ganz andere, in Österreich noch gar nicht wahrgenommene Entwicklungen.
Bei dem Projekt, die österreichischen Familienbeihilfen für im Ausland lebende Kinder an die dortigen Lebenskosten anzupassen, also meist hinunterzukürzen, ist völlig offen, ob es EU-rechtlich durchgehen wird. Aus österreichischer Sicht erscheint es zwar als gerecht, jedoch widerspricht es der Sichtweise der EU-Kommission und Osteuropas, vor allem Ungarns, woher die meisten dieser Pflegerinnen kommen. Man wird erst in ein paar Jahren sehen, was rechtens ist – sofern Österreich das Kürzungsprojekt überhaupt startet, das ja auch von Teilen der SPÖ abgelehnt wird.
Freilich: Noch bevor diese Rechtsfrage endgültig geklärt werden kann, droht das Angebot an Pflegerinnen zu versiegen. Denn im Osten steigen die Gehälter rapide. Gleichzeitig sinkt die Arbeitslosigkeit steil, sodass bald Arbeitskräftemangel herrschen wird. Warum sollen sich dann Frauen noch auf belastende Auslandsjobs verdingen?
Etwa in Ungarn ist die Arbeitslosigkeit noch 2012 über 11 Prozent gelegen – zuletzt aber schon unter 6 Prozent gesunken. Ungarn hat etliche Großprojekte der deutschen Industrie ins Land geholt. Es hat sich auch mit den österreichischen Banken weitgehend ausgesöhnt, mit denen es eine Zeit im Krieg gelegen war. In einem einzigen Jahr haben sich die Arbeitsplätze in der ungarischen Privatwirtschaft um nicht weniger als 87.000 vermehrt.
Gleichzeitig – und das ist doppelt eindrucksvoll – ist das Lohnniveau kräftig gestiegen. Die Nettolöhne sind real, also nach Abzug der Inflation, im Vorjahr um unglaubliche 7,5 Prozent gestiegen. Und schon seit 2013 bewegt sich der Anstieg in dieser Größenordnung.
Jetzt macht sich für Ungarn bezahlt, dass es viele harte Jahre hingenommen hat, dass es heute immer noch für Investoren mit einem durchschnittlichen Nettolohn von 585 Euro attraktiv ist.
Dennoch droht dem Land bald eine Überhitzung und Beschädigung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit. Ist doch allein im Jänner 2016 der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn um 15 Prozent gestiegen, und das vorgeschriebene Lohnminimum für Fachkräfte sogar um 25 Prozent. Dieses Tempo kann keine Wirtschaft der Welt ohne Probleme verkraften, auch wenn man in Ungarn noch wenig Anzeichen dafür sieht.
Die Österreicher sollten sich jedenfalls bald damit abfinden: Es wird in wenigen Jahren nicht mehr viele billige Arbeits- und Pflegekräfte aus mitteleuropäischen Ländern geben, die in ihr Land kommen wollen. Zumal die wirtschaftlichen Entwicklungen in der Slowakei und Polen genau in die gleiche dynamische Richtung zeigen wie in Ungarn.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.