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Der Bundespräsident ist doch kein Antisemit

Natürlich wird es kein Verfahren gegen Alexander van der Bellen wegen Antisemitismus oder grober Verharmlosung des Holocausts geben. Natürlich hätte es hingegen massivste Rufe nach einem solchen Verfahren gegeben, wenn blaue oder schwarze Politiker einige der – bisher öffentlich unbemerkt gebliebenen – Bemerkungen Van der Bellens gemacht hätten. Samt Sondersendungen im ORF. Samt politisch-korrekter Empörung aller üblichen Empörungsträger (die vor allem aus dem grünen Lager kommen). Samt vernichtenden Gutachten vom "Dokumentationsarchiv" und anderen einschlägigen Institutionen, die von roten und grünen Politikern mit Steuergeldern gefüttert werden.

Es geht um bisher öffentlich unbekannte Aussagen, die schon vor einigen Wochen zusätzlich zu jenen – im Vergleich relativ (relativ!) harmlosen – Bemerkungen gefallen sind, die derzeit ohnedies schon für öffentliche Aufregung sorgen. Es geht um Passagen einer unglaublichen Diskussion, die Van der Bellen am 24. März unter Moderation einer Vertreterin des Linksaußensenders Puls4 mit Schülern in der EU-Vertretung abgehalten hat.

Dass dabei die Moderatorin den Präsidenten wegen seiner "sehr berührenden Worte" ständig peinlich anstrudelte, dass ihr besonders wichtig war, dass ihn die Jugendlichen "formell begrüßen" und dass sich vor allem auch "Mädels" zu Wort melden, gehört zum üblichen Niveau der heimischen Journalistenfolklore und jenes Senders.

Ganz, ganz zufällig meldeten sich darauf gleich als erstes zwei Moslems (zuerst weiblich, dann männlich). Ganz, ganz zufällig betonen beide fast genau gleichlautend, wenn auch ungefragt, dass sie VdB gewählt hätten. Solche Zufälle gibt es nur in Puls4 und in der EU-Vertretung. Man hat den beiden nur nicht gesagt: In Mitteleuropa ist es völlig unüblich, öffentlich zu verkünden, dass man eh den Sultan gewählt hat.

Sei‘s drum. Durch den ORF bekannt und seither überall Kopfschütteln auslösend ist jedenfalls nur ein Teil der Antwort Van der Bellens: "Jede Frau kann ein Kopftuch tragen. Und wenn das so weitergeht, damit bin ich bei dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle!" Was er mit einer starken Geste unterstreicht. "Aus Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun."

Diese Passage war schon unglaublich genug. Denn diese Formulierungen zeigen, dass der Bundespräsident automatisch und ohne nachzudenken annimmt, dass alle diese Frauen das freiwillig und aus religiösen Gründen tun.

  • Er kommt gar nicht auf den Gedanken, dass viele Frauen das Kopftuch nur deshalb tragen, weil sie – wofür es inzwischen zahlreiche Berichte gibt – von Vätern oder Ehemännern dazu gezwungen worden sind.
  • Er erwähnt mit keiner Silbe, dass diese Mode erst seit wenigen Jahren massiv um sich gegriffen hat und es früher auch in den moslemischen Teilen Europas keine Kopftücher gegeben hat.
  • Er erwähnt ebensowenig, dass insbesondere in der Türkei fast das ganze 20. Jahrhundert über das Kopftuch an vielen Orten – insbesondere auch an Universitäten und Schulen – sogar ausdrücklich verboten war.
  • Es ist ziemlich provozierend, wie verächtlich Van der Bellen über jene Menschen drüberfährt, die sich nach einer weltweiten Fülle von Hunderten stattgefundenen oder von den diversen Polizeidiensten verhinderten Terroranschlägen vor dem "Islam fürchten". Und nichts anderes heißt ja "Islamophobie".
  • Und er hat tatsächlich gesagt – ich habe es mir dreimal anhören müssen, um es zu glauben – "bitten müssen". Müssen.

Sogar der ORF hat sich, als er nun über diese Diskussion berichtete, ein wenig durch verschwurbelte Sätze von diesen Worten zu distanzieren versucht: "Seine Redenschreiber würden anders formulieren."

Als wären es nur diese Sätze gewesen! Und als wäre es nur eine weitere provozierende Behauptung gewesen, die aber der ORF schon nicht mehr gebracht hat, nämlich dass das Kopftuchtragen "das Normalste der Welt" sei.

So ärgerlich ein solcher Mann als Staatsoberhaupt auch ist, so heftig sich viele Österreicher darüber auch erregen, so sehr jetzt wieder eindeutig sein alter linksradikaler Kern herauskommt und so sehr all das bürgerliche und "Heimat"-Getue des Wahlkampfs völlig abgeblättert ist: Das ist noch gar nichts gegen etliche weitere Passagen, die der ORF aber im Gegensatz zu diesen Sätzen bei einem großen Van-der-Bellen-Beitrag einen Monat nach jener Diskussion verschwiegen hat.

Da der Gebührenfunk aber die oben zitierten Teil gebracht hat, kann er nicht mehr sagen, dass er leider keine Senderechte an jener Diskussion habe, oder dass er halt nicht jede Schülerdiskussion, die jemand von "Puls4" moderiert, beobachten könne (was noch verständlich wäre). Der ORF wollte vielmehr eindeutig einen linken Politiker schonen, indem er die argen Dinge unter den Tisch kehrt.

Aber zum Pech des Küniglbergs und der Hofburg kann man das ganze Interview auf einem (lange unbemerkt gebliebenen) Video sehen. Und daher auch jene ungeheuerlichen Sätze, die Van der Bellen dann unmittelbar nach der oben zitierten Passage gesagt hat:

"Das ist nicht so weit hergeholt. Wenn ich mich richtig erinnere, haben die Dänen während der deutschen Besatzung doch etwas Ähnliches gemacht. Und nichtjüdische Däninnen haben angefangen, den Davidsstern zu tragen als symbolische Geste oder auch tatsächliche Geste des Widerstands gegen die Deportation von Juden damals."

Genau so hat er es gesagt. Das ist ungeheuerlich. Das ist eine ganz schlimme Relativierung des Holocausts.

Van der Bellen wagt es damit, die Deportation von Juden unter den Nationalsozialisten, die dann meist zu deren Ermordung geführt hat, mit der Lage der europäischen Moslemfrauen zu vergleichen. So als ob diese auch mit Deportation und Mord bedroht wären.

Er setzt das von den Nazis mit Todes- oder KZ-Drohungen erzwungene Tragen des "Davidssterns" durch alle Juden mit dem ganz sicher von keiner österreichischen Institution erzwungenen Kopftuchtragen gleich. Obwohl das Weglassen des Kopftuchs höchsten zu Problemen mit Vater oder Mann oder islamistischem Imam führen kann, aber nicht zu Deportation und Schlimmerem.

Das ist eine üble Verharmlosung des Holocausts. So etwas löst normalerweise bei der gesamten linken Correctness-Garde automatisch den lauten Ruf nach Rücktritt eines Verharmlosers aus. Diese berufsmäßigen Nazi-Aufdecker regen sich auch schon oft bei viel harmloseren Äußerungen auf, die sie antisemitisch und neonazistisch interpretieren. Sie strengen sogar einen hochnotpeinlichen Prozess an, weil ein Provinzfußballer die Zahl "88" auf seinen Stutzen trägt (was, wie ich vor einiger Zeit belehrt worden bin, ein ganz gefährliches Neonazisymbol sei). Aber beim Bundespräsidenten ist ihnen alles wurscht.

Und was denkt sich der Mann selber? Hat er noch alle Tassen im Schrank? Er hat sich jedenfalls bis heute nicht entschuldigt. Und er hat jedenfalls bei seinen beiden Auftritten in ORF-, beziehungsweise EU-Mission auch sonst noch unglaubliche Sachen gesagt.

  1. So ist seine Erklärung für die Tatsache atemberaubend, dass es in Österreich so viele Unterstützer des türkischen Machthabers Erdogan gibt. Laut VdB sind daran wir Österreicher schuld und nicht etwa diese Menschen selbst. Denn der einzige Grund, den er für die Erdogan-Unterstützung findet, ist, dass sie sich bei uns "nicht genügend ernstgenommen fühlen". Das ist nicht nur eine Beleidigung der Österreicher, sondern auch ein eindeutiger Irrtum: Wir nehmen das sogar sehr ernst. Wir nehmen insbesondere die Tatsache ernst, dass in fast allen anderen westlichen Ländern der Anteil der Erdogan-Wähler deutlich geringer ist (Nur den offensichtlich schon sehr vom Alter gebeutelten Van der Bellen können wir leider gar nicht mehr ernstnehmen).
  2. So hat er sich auch provozierend vom Konsens der beiden Regierungsparteien in Hinblick auf Flüchtlings-Camps in Nordafrika distanziert. Dieser Vorschlag sei "unausgegoren". Würde die Regierung Van der Bellens Worte ernst nehmen, würde allein diese Äußerung eine Staatskrise auslösen. VdB wird jedoch einfach ignoriert.
  3. So findet er es auch unverständlich, dass Österreich außer bei genehmigten Ausnahmen Doppelstaatsbürgerschaften verbietet. Dieses Verbot steht zwar ganz eindeutig im Gesetz. Aber das ist ihm offensichtlich wurscht. Dabei dürften manche seiner Wähler einst geglaubt haben, in ihm einen Hüter von Gesetz und Verfassung zu wählen. Aber Van der Bellen sieht vielmehr in dieser eklatanten Gesetzwidrigkeit kein "sehr großes Problem".

Diesen Satz sollten sich alle jene Österreicher merken, die beispielsweise vorhaben, die Straßenverkehrsordnung, die Steuervorschreibung oder das Strafgesetz zu umgehen. Wo ist das Problem?

Fast noch ungeheuerlicher ist aber, welch krasses historisches Unwissen der Bundespräsident bei jener Diskussion gezeigt hat. Er behauptet allen Ernstes, dass es Joseph II. gewesen wäre, unter dem der Islam als Religionsgesellschaft anerkannt worden wäre. Und er begründet das auch noch ausführlich: "Nicht weil Joseph II. ein besonders liberaler Mensch gewesen ist. Das war er, glaube ich, nicht. Sondern durch die Annexion von Bosnien-Herzegowina hat sich die Frage ergeben: Wie gehen wir mit diesem sehr großen Bevölkerungsteil um."

Na bumm. Jeder der vor ihm sitzenden Schüler wäre in Geschichte durchgefallen, wenn er einen solchen geballten Schwachsinn erzählt hätte. Denn:

  • Erstens war dieser "sehr große Bevölkerungsteil" damals kleiner als die Zahl der Moslem im heutigen kleinen Österreich.
  • Zweitens, zum Zeitpunkt der Annexion Bosniens und der Anerkennung des Islams in Österreich, war Joseph II. schon 122 Jahre tot.
  • Drittens hat Joseph II. einer ganz anderen Religion, nämlich den Juden, durch ein Toleranzpatent geholfen.
  • Viertens gilt Joseph II. nicht nur wegen dieses Patents, sondern auch wegen vieler anderen Reformen sogar als der weitaus wichtigste Vorläufer des Liberalismus auf dem Kaiserthron.

Und ein solcher Bundespräsident amtiert ausgerechnet in den Zimmern der Mutter von Joseph II.

Nein, dieser Bundespräsident ist kein Antisemit (so wenig wie etliche andere, denen das aber sehr wohl vorgehalten wird). Er ist aber leider etwas anderes: Ein alter Mann, dem in seinem Kopf schon alles durcheinanderkommt, selbst wenn er noch so langsam zu reden und lange nachzudenken versucht.

Ihm – und Österreich – ist daher dringend zweierlei zu raten:

  1. Kein einziges freies VdB-Wort in der Öffentlichkeit mehr.
  2. Und intensives Nachdenken, ob er nicht umgehend das fortsetzen sollte, was er schon viele Jahre lang vor der Präsidentenwahl getan hat: einen gepflegten Ruhestand genießen.

PS: Manche Leser werden nun meinen: So hart kann man doch mit einem Staatsoberhaupt nicht umgehen. Ihnen empfehle ich zu lesen, was amerikanische Zeitungen derzeit über ihr eigenes Staatsoberhaupt schreiben. Dort herrschen halt Demokratie und Meinungsfreiheit und nicht byzantinisches Hofschranzentum.

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