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Hofer und Van der Bellen wie Sarkozy und Hollande?

In Frankreich muss ein Staatspräsident nach dem anderen wie ein begossener Pudel nach seiner ersten Amtsperiode abtreten. Francois Hollande, der jetzige Präsident, wagt es nicht einmal, ein zweites Mal auch nur anzutreten. Vorgänger Nicolas Sarkozy hat eine kaum bessere Bilanz. Nach der (hoffentlich allerletzten) Wahlkampfdiskussion der beiden österreichischen Präsidentschaftskandidaten muss man sich freilich fragen: Wird es nicht auch dem nächsten österreichischen Präsidenten ebenso gehen?

Denn wirklich überzeugen konnte keiner, dass er ein guter Bundespräsident sein wird.

Der eine strahlte fast mit jedem Satz mehr denn je Unsicherheit aus. Er verwickelte sich ständig in Widersprüche. Außer ein bisschen Herumreden und Leitartikelwissen herrscht da erschreckende Leere. Nur ständig Europaphrasen zu dreschen, ist viel zuwenig für das, was sich die Österreicher von einem Bundespräsidenten erwarten, was das Land bräuchte (noch dazu beim jetzigen Zustand Europas).

Der andere war ungut kampflustig und wirkte in jenen Passagen, wo er jenseits des Infights mit dem Mitbewerber über sein eigenes Programm reden hätte können, auch nicht sonderlich überzeugend.

Weder programmatisch noch von der Persönlichkeitsstruktur her hat diese allerletzte Diskussion Begeisterung in mir auslösen können. Gewiss, alle Gründe, die in meiner Analyse der wichtigsten Pro- und Kontra-Punkte zum Schluss geführt haben, Hofer zu wählen, gelten weiter. Aber der Mann wird sich sehr anstrengen müssen, um als Bundespräsident nicht auch ein französische Schicksal, also eine rasche Abwendung enttäuschter Wähler zu erleben. Denn wirkliche Leadership und staatsmännische Souveränität hat auch er nicht ausstrahlen können.

Freilich, Österreich steht ökonomisch noch nicht ganz so schlecht da wie Frankreich, obwohl das Land in den letzten Jahren verheerend zurückgefallen ist. Freilich, der österreichische Präsident ist lange nicht so wichtig wie der französische. Daher ist der Vergleich vielleicht etwas weit hergeholt.

Eines sollte man fairerweise aber beiden Kandidaten zugutehalten: Der Stil fast aller politischen Debatten ist schlicht unerträglich geworden. Das gilt sowohl für die letzte ORF-Konfrontation wie auch den politischen Diskurs insgesamt. Zwar sind beide an dieser Entwicklung mitschuldig – hauptschuld ist aber das österreichische Verständnis von Journalismus, vor allem jenes im ORF. Es wird nur noch ständig das thematisiert, was einer vor einem, was er vor zwanzig Jahren gesagt hat. Und was er inzwischen vielleicht nicht mehr genauso sagt. Ständig hält man sich gegenseitig dabei Taferln, Zitaten, alte Videoauftritte und Inserts mit früheren Aussagen vor.

Dieser Stil geht von einem absurden Verständnis von Politik aus. Dadurch wird es nämlich jeweils als allergrößte Todsünde dargestellt, wenn ein Politiker seine Meinung ändert, wenn er heute zu einem Thema anders spricht als früher. Diese mediale Einstellung verhindert immer mehr, dass in der Politik offen nachgedacht und diskutiert wird. Das führt dazu, dass Politiker immer weniger sagen.

Wir brauchen aber ganz im Gegenteil eine viel positivere Einstellung dazu, dass man seine Meinung ändern kann. Dass man sie sogar immer wieder ändern muss, wenn man ein denkender Mensch ist, der neue Erkenntnisse, neue Argumente verarbeitet. Nur Meinungsänderungen bringen Fortschritt, bringen die Menschheit voran. Dazu sollte sich auch ein Politiker durchaus offen bekennen können – und nicht immer so tun müssen, als ob er eigentlich eh immer das gleiche gesagt hat, obwohl er heute das Gegenteil sagt.

Damit tut sich die Politik zunehmend schwer. Denn der österreichische Journalismus versucht ständig, Politiker dabei zu ertappen, sie sofort als verächtlich darzustellen, wenn sie heute anders denken und reden als früher.

Dabei sind eigentlich jene Menschen verächtlich, die immer die gleichen Stehsätze ausstoßen. Oder jene, die als Folge dieses Journalismus dann lebenslänglich inhaltsfrei zu bleiben versuchen.

Hingegen führen solche Debatten nie, absolut nie in die Tiefe eines Themas hinein. Man bekommt bei solchen Fernsehauftritten nie das echte Denken einer Persönlichkeit vermittelt. Das es ja theoretisch bei beiden geben könnte.

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