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Kann man sich vorstellen, dass auch nur eine einzige österreichische Partei jene Positionen vertritt, die jetzt bei zwei ganz unterschiedlichen Abstimmungen in zwei europäischen Ländern fast triumphal zu nennende Erfolge erzielt haben? Mit Sicherheit nicht. In Frankreich wie in der Schweiz ist dennoch eine unmissverständliche Absage der Bürger an die Einstellungen des politmedialen Mainstreams zu verbuchen; zugleich haben die Meinungsforscher eine weitere der fast schon üblichen Ohrfeigen erhalten.
Die Schweiz und Frankreich mögen sich in vielem unterscheiden, aber in beiden Ländern zeigte sich bei den Abstimmungen des Wochenendes eine deutliche Absage der Mehrheit an linke Positionen. In beiden Ländern stellten sich die jeweiligen Wähler aber auch klar hinter jene Notwendigkeiten der wirtschaftspolitischen Vernunft, die von Linken gerne als neoliberal denunziert werden. Die in Österreich absolut niemand zu vertreten wagt, weil sie der politmediale Mainstream in seinem beschränkten Populismus für unpopulär hält.
In der Schweiz haben sich 55 Prozent der abstimmenden Stimmbürger gegen den grünen Vorschlag eines raschen Ausstiegs aus der Atomkraft ausgesprochen. Damit können bei den Eidgenossen die fünf bestehenden Atomkraftwerke weiterlaufen, solange die Behörden sie als sicher einstufen, und solange die Betreiber sie als rentabel ansehen. Die sparsamen Schweizer fürchteten nicht nur die Kosten einer zwangsweisen Abschaltung noch nicht abgeschriebener AKW, sondern auch das Risiko von plötzlichen Stromausfällen, und ebenso die Perspektive, dass dann mehr Kohle- und Atomstrom aus dem Ausland importiert werden müsste.
Das Ergebnis des Schweizer Referendums kontrastiert nicht nur zu den vorher veröffentlichten Umfragen. Es steht auch in totalem Gegensatz etwa zu dem in Österreichs Parteien von links bis rechts dominierenden Anti-AKW-Dogma. Wer in Österreich das sagt, was jetzt 55 Prozent der Schweizer Stimmbürger gesagt haben, riskiert heute beinahe die Einweisung in eine geschlossene Anstalt, jedenfalls aber den Ausschluss aus der öffentlichen Debatte.
Aber haben die Österreicher ihrerseits nicht auch in einem Referendum der Atomkraft eine Absage erteilt? Ja, gewiss, das haben sie, und das ist auch demokratisch zu respektieren. Aber Tatsache ist, dass damals das überaus knappe Anti-Atomkraft-Votum (50,47 Prozent) nur deshalb zustande gekommen ist, weil Kreisky bei einem Nein der Wähler zur Atomkraft den Rücktritt angekündigt hatte. Was viele bürgerliche Wähler zu einem Nein anstelle des ursprünglich geplanten Jas veranlasst hatte (dass Kreisky dann doch nicht zurückgetreten ist, gehört ins Kapitel „Die Politik und ihre Glaubwürdigkeit“).
Ebenso unvorstellbar ist, dass auch nur eine österreichische Partei mit jenem Wahlprogramm antreten würde, mit dem jetzt in Frankreich Francois Fillon die Vorwahl bei den Konservativen gewonnen hat. Und zwar haushoch überlegen: mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, obwohl ihn noch vor wenigen Wochen alle „Experten“ und Umfragen nur als krassen Außenseiter neben den vermeintlichen Favoriten Sarkozy und Juppe gesehen hatten.
Bei der Beurteilung dieses Votums geht es derzeit gar nicht um die Einschätzung, ob und in welchem Ausmaß Fillon das alles realisieren wird. Eindrucksvoll genug ist die Tatsache, dass Fillon eine solche mutige Positionierung gewagt, und vor allem, dass er damit überlegen gesiegt hat. Gegen einen Gegner Juppe, der „nur“ 300.000 Jobs abbauen will, und der als einer der typisch bürgerlichen Weichmacher erscheint (die Thatcher „Waschlappen“ genannt hat).
In der ersten Runde der Vorwahlen der französischen Konservativen um die Präsidentschaftskandidatur schlug Ex-Premier Fillon seinen ehemaligen Chef Sarkozy aus dem Rennen. Dieser war schon einmal mit einem ähnlich starken Programm wie jetzt Fillon Präsident geworden, hat aber dann als Präsident viel zu wenig davon verwirklicht. Deshalb war den abstimmenden Franzosen Fillon glaubwürdiger (obwohl Sarkozy zweifellos vom ersten Tag an ein Schwergewicht in der EU gewesen wäre, was Fillon eher noch nicht ist).
Der Sieg des Fillon-Programms ist jedenfalls auch für Europa eine exzellente Nachricht. Denn nur mit einem gesundeten Frankreich kann auch die EU noch auf Erholung hoffen.
Dieses Vorwahlergebnis ist umso wichtiger, als vieles darauf hindeutet, dass die französischen Konservativen den nächsten Präsidenten stellen werden. Denn die linken Kandidaten dürften schon im ersten Wahlgang ausscheiden; und im Gegensatz zum weich-schwammigen Juppe ist Fillon so klar konservativ, dass er gegen seine mutmaßliche Opponentin Le Pen im Schlussduell exzellente Chancen hat.
PS: Noch etwas Positives: Im Gegensatz zu den exzedierenden amerikanischen Vorwahlen liefen diese und auch die TV-Konfrontationen bei den französischen Konservativen (die zum ersten Mal so etwas gemacht haben) sehr zivilisiert und doch konturenreich ab. Das tröstet – und spricht für die Qualität der französischen Kandidaten. Zugleich fanden die (offen abgehaltenen) Vorwahlen der französischen Konservativen eine weit über alle Erwartungen hinausgehende Beteiligung, was ihre Bedeutung zusätzlich erhöht.