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Erstaunliche Begegnung im Wiener Finanzministerium. Sowohl die – sozialdemokratische! – Finanzministerin Schwedens wie dann auch Gespräche mit mehreren Schweden-Experten zeigen einige erstaunlich neoliberale Wege, auf denen sich Schweden aus einer schweren Krise herausreformiert hat. Die Begegnung wurde freilich von einem Herrn Pesendorfer von der „Statistik Austria“ dadurch gestört, dass dieser eindeutig falsche Daten in die Diskussion warf. Und das ist bei einem Vertreter der staatlichen Statistikbehörde wirklich skandalös. Umso wichtiger und spannender ist jedoch ein genauer Blick auf das, was Schweden zur Erfolgsstory gemacht hat.
Zuerst aber zu Pesendorfer: Der Mann ist strammer SPÖ-Propagandist, der früher in sozialistischen Kanzlerkabinetten gedient hat. Und er weiß natürlich: Für die SPÖ ist es furchtbar unangenehm, vorgeführt zu bekommen, dass eine Schwesterpartei mit einem neoliberalen Wirtschafts- und Finanz-Kurs erfolgreich ist, den man nach österreichischen Verhältnissen als eindeutig rechts von der ÖVP einordnen muss. Schweden zeigt nämlich, dass Austeritätspolitik funktioniert.
Konkret: In der Diskussion hatte Hausherr Schelling gemeint, dass er am liebsten „Alles“ übernehmen wollte, was die schwedische Finanzpolitik vorgemacht hat (Migration war nicht Thema der Debatte). Darauf höhnte Pesendorfer: Dann müsse Schelling auch für höhere Steuern sein, weil die seien ja in Schweden viel höher. Das ist klarerweise ein Argument ganz auf der Linie der SPÖ, die ja dauernd Vorschläge macht, die auf noch höhere Abgabenbelastungen hinauslaufen.
Allerdings ist die Behauptung, dass die Abgaben in Schweden höher seien als in Österreich, eine unverfrorene Unwahrheit, die zeigt, wie unqualifiziert der Mann für seinen Posten ist. Denn wenigstens die Zahlen und Daten, die man von der staatlichen Statistik hört, sollten stimmen.
In welcher Statistik auch immer man nachschaut: In Schweden sind die Abgaben gar nicht höher als in Österreich. So zeigt eine Aufstellung der WKO, dass in Österreich 2015 die Abgabenquote 44,5 Prozent des BIP gewesen ist, in Schweden 44,1. Und die WKO-Prognosen fürs heurige Jahr sind sogar exakt gleich, nämlich 43,8 Prozent.
Nun gut, die WKO ist vielleicht für einen Genossen nicht objektiv. Schauen wir deshalb ins große deutsche Statistik-Portal „statista.com“. Dort finden wir die OECD-Werte zu den Abgaben für 2014, also für das letzte fertig abgerechnete Jahr. Da steht für Österreich der Wert 42,99 Prozent. Und für Schweden 42,70. Also auch dort ein glatter Widerspruch zu den Behauptungen des Herrn Pesendorfer.
Nun gewiss: In öffentlichen Diskussionen wird ja oft Unrichtiges gesagt und von niemandem korrigiert. Aber es ist doppelt empörend, wenn auch der Chef der regierungseigenen Statistik-Behörde aus rein parteipolitischer Motivation nicht nur falsche Ideologien, sondern auch eindeutig falsche Daten verbreitet.
Jenseits des Ärgers über solche Politruks sind freilich die Fakten und Details über Schweden hochinteressant. Sie machen die Anstrengungen und vielfältigen Wege deutlich, auf denen es das Land geschafft hat, die Staatsverschuldung im letzten Vierteljahrhundert von 70 auf 45 Prozent herunterzuschrauben (wobei sich durch die in Schweden besonders große Last der Migration zuletzt die Schuldenlast wieder etwas erhöht hat, die sogar schon auf fast 40 Prozent herunten gewesen ist).
Was sind nun dabei die wichtigsten Elemente:
Schwedens Sozialdemokratie hat damit jedenfalls eine Fülle von Reformen gesetzt, die für die SPÖ völlig undenkbar und neoliberales Teufelszeug sind. Schweden zeigt damit, dass man trotz – oder gerade wegen der Austeritätspolitik zugleich Wirtschaftswachstum und einen Wohlfahrtsstaat mit öffentlichen Angeboten in vielen Bereichen haben kann.
Schweden zeigt übrigens noch etwas anderes: Einerseits hat es bis ins vergangene Jahr eine mehr als blauäugige Flüchtlingsaufnahme betrieben, durch die es damals an die Spitze der Aufnahmeländer geraten ist. Andererseits waren die Schweden in aller Nüchternheit bereit, diese Aufnahme fast ganz (früher und viel radikaler als in Österreich!) zu stoppen, sobald sie erkennt haben, dass die Massenmigration ein Irrweg ist, der das Land gesellschaftlich massiv überfordert hat.
Für Österreich bleibt die bange Frage: Wird auch hierzulande die Sozialdemokratie erst dann zu den notwendigen echten Reformen bereit sein, wenn Österreich so wie vor einem Vierteljahrhundert die Skandinavier ökonomisch gegen die Wand gedonnert ist und eine ganz schwere Wirtschaftskrise durchlaufen muss?
Wie sagte die schwedische Finanzministerin in aller nordischen Kühle? „Die nächste Krise kommt bestimmt.“