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Gott, die Heimat und das Bundesheer

Wer hätte das gedacht: Auf der Suche nach etwas Positivem zum Nationalfeiertag, das ohne Krampf in voller Ehrlichkeit gelobt werden kann, bin ich ausgerechnet auf jene Menschen gestoßen, die im abgelaufenen Jahr die weitaus meisten Beschimpfungen einstecken mussten: auf die beiden Bundespräsidentschaftskandidaten. Ganz ohne Ironie finde ich an beiden, vor allem an beiden Kampagnen, viel Positives.

Vorausgeschickt sei, dass beide Personen geeignete Präsidenten wären. Der eine wird halt so wie in seinem bisherigen Leben ein wenig faul sein; der andere wird bisweilen so wie bisher durch ungewöhnliche Äußerungen bei Linksmedien im In- und Ausland anecken. Dennoch kann man sich beide in der Hofburg gut vorstellen.

Noch wichtiger sind aber die Kampagnen, mit denen sich die Herren positioniert haben. Sie haben damit sich selbst sowie ihre Parteien eindeutig repositioniert. Das ist in beiden Fällen überaus erfreulich.

Sowohl das demonstrative Herausstreichen des Christlichen bei Norbert Hofer, wie auch das Betonen des Heimatbezugs bei Alexander Van der Bellen ist zwar nicht gerade das, wofür ihre Parteien in der Vergangenheit bekannt waren. Man kann in beiden Fällen durchaus fragen, ob die jeweiligen Kampagnen nicht etwas aufgesetzt und künstlich sind. Aber dennoch ist klar: Solche Repositionierungen haben eine dauerhafte Wirkung auf die jeweiligen Parteien. Denn selbst wenn sie nur wahlstrategisch motiviert sein sollten, kann es sich doch kein Lager leisten, nach dem (hoffentlich endlich einmal zu einem Ergebnis kommenden) Wahltag zynisch wieder ins Gegenteil zu verfallen.

Bei den Freiheitlichen wird es daher wohl keinen Rückfall von der jetzigen demonstrativ christlichen Rhetorik in die eigene geistige Vergangenheit geben. Diese war ja lange geprägt von einer religionslos-antiklerikalen „Gottgläubigkeit“, von einem wilden Kampf gegen das Konkordat, aber auch von Hofers einstigem demonstrativem Wechsel von der katholischen zur evangelischen Kirche.

Und bei den Grünen wird es ebenso unmöglich werden, künftig Heimatliebe, Dirndl und Lederhose als völkisch und abgrundtief böse zu denunzieren, wie sie es jahrzehntelang ganz automatisch getan haben.

Um es mit zwei Sängernamen zu formulieren: Andreas Gabalier hat über Conchita Wurst gesiegt. Diese Kunstfigur ist vor zwei Jahren von ORF, Rotgrün und Bank Austria ja als Inbegriff alles Guten und Vorbildlichen bejubelt worden. Sie ist aber inzwischen wieder in die Unbedeutendheit abgesunken. Ein Mann mit Bart in Frauenkleidern mag kurzfristig lustig sein, ersetzt langfristig aber kein Programm.

Zielrichtung: ÖVP-Wähler

Natürlich sind diese Akzentuierungen beider Kandidaten ganz auf die ÖVP-Wähler ausgerichtet, also auf den weitaus größten Wählerstamm, der in der Stichwahl nicht eindeutig gebunden ist. Vielleicht dämmert es jetzt an Hand dieser Bemühungen beider Parteien der ÖVP, wie schwachsinnig es war, selbst die beiden einst zentralen Identifikationslinien der Partei – das Christliche und das betont Österreichische – zugunsten eines diffusen Modernitätsfimmels aufgegeben zu haben.

Nun gut, das ist das Problem der ÖVP. Mich persönlich freut es einfach, wenn zwei Werte, die für mich – neben meinen liberalen Positionen – immer sehr wichtig waren, eine solche triumphale Renaissance erfahren. Nun erkennt auch die politische Klasse (wieder), dass die Menschen erstens ihre Wurzeln brauchen. Und dass zweitens die Menschen dieses Landes ihre Wurzeln stärker denn je in Heimatbindung und Christentum spüren. Wobei das derzeit alles andere als ein dogmatisch-kirchengängerisches Christentum ist. Und wobei der Heimatbezug absolut nichts mit Nationalismus zu tun hat (das glauben nur die allerdümmsten Kommentatoren).

Diese doppelte Repositionierung hängt aber nicht nur damit zusammen, dass die Stimmen der ÖVP-Wähler derzeit ein herrenloses Gut sind, und dass sich diese Stimmen beim letzten Anlauf, einen Präsidenten zu wählen, ziemlich gleichmäßig auf Blau und Grün aufgeteilt haben. Sie hängt zweifellos auch damit zusammen, dass immer mehr Österreicher die christliche und österreichische Identität ihrer Heimat durch Völkerwanderung und Islamisierung existenziell bedroht sehen. Weshalb sie sich bewusster als in den Jahrzehnten davor zu dieser Identität bekennen.

Evangelische Bischöfe und KA als nützliche Idioten

Voll in die Falle gegangen sind den Freiheitlichen wieder einmal einige linke Amtschristen. Die evangelischen Bischöfe und die Vorsitzende der Katholischen Aktion (einer einst mächtigen, heute auf Grund ihres Linkskurses weitgehend nur noch auf dem Papier existierenden Organisation) haben sich über die Hofer-Plakate erregt, auf denen die Gelöbnis-Formel steht „So wahr mir Gott helfe“. Diese Aufregung hat den Inhalt dieser Plakate blitzschnell so bekannt gemacht, dass sich die FPÖ eigentlich das teure Plakatieren ersparen könnte, noch bevor sie aufgestellt waren.

Statt sich zu freuen, dass zumindest ein Kandidat sein Gelöbnis wieder mit dieser traditionellen gottbezogenen Formel sprechen will, haben diese Amtschristen darob Schaum vor dem Mund bekommen. Sie haben im Abdruck der Gelöbnisformel sogar einen „Missbrauch“ erblickt.

Die Entwicklung ist ziemlich erstaunlich: Vor wenigen Jahren haben Kirchen noch für eine Erwähnung Gottes in der europäischen Verfassung gekämpft (wenn auch vergeblich). Heute hingegen erregen sich einige ihrer Exponenten, wenn sich ein Politiker zur althergebrachten Gelöbnisformel mit Gottesbezug bekennt. Bezeichnenderweise haben hingegen weder Katholische Aktion noch evangelische Bischöfe jemals kritisiert, dass im Wiener Rathaus und im ORF unter den rotgrünen Genossen das österreichische „Grüß Gott“ absolut verpönt und durch das dümmliche „Begrüße Sie“ ersetzt worden ist.

Freilich: Den meisten Christen ist die Aufregung einiger Funktionäre ohnedies recht egal. Sie sehen diese Formel zwar eher mit Sympathie, machen aber davon nicht ihre Wahlentscheidung abhängig.

Eindeutig klüger gehandelt als die evangelischen haben diesmal die katholischen Bischöfe. Sie haben sich weder mit Lob noch Tadel in den Wahlkampf eingemischt. Zweifellos ein Fortschritt, nachdem Christoph Schönborn und andere Oberhirten in den letzten Jahren ja immer mitgespielt haben, wenn sie von Rotgrün (zum Zorn vor allem der ÖVP) instrumentalisiert worden sind.

Besonders hilfreich für den freiheitlichen Kandidaten war, dass auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Olgun die „Instrumentalisierung religiöser Inhalte“ durch Hofer kritisiert. Das ist nun in der Tat besonders kühn, verkörpert doch gerade Olgun die innige Verquickung der österreichischen Moslems mit der türkischen Regierung. Diese ist weit enger, als sie je zwischen Katholizismus und Kaiserhaus oder Ständestaat gewesen ist.

Van der Bellen bekommt zu seinem Bedauern nicht die (ungewollte) Unterstützung durch seine Gegner. Damit ist auch seine neue Heimatliebe nicht ins Gemüt der Menschen vorgedrungen. Kein Heimatverband, keine Landsmannschaft hat gegen ihn protestiert.

Die FPÖ-Strategie

Die Freiheitlichen versuchen derzeit alles, um auch über diese Plakate hinaus in christlichen Kreisen noch mehr Fuß zu fassen. Sie hoffen, dort noch die paar fehlenden Zehntelprozente für ihren Kandidaten zu finden. Hofer tritt jetzt etwa bei der Messner-Gesellschaft auf, die an einen Priester erinnert, der in der Zwischenkriegszeit enger sozialpolitischer Berater vieler Bischöfe, der Christlichsozialen und des (antinationalsozialistischen) Ständestaats gewesen ist. Man hört bei den Freiheitlichen auch immer wieder Kritik an Österreichs laxem Abtreibungsrecht, was bei der ÖVP nur noch wenige Mandatare wagen.

Hofer tritt aber auch ebenso demonstrativ bei paneuropäischen und monarchistischen Gelegenheiten auf. Das kontrastiert total zur einstigen Anti-Habsburger-Stimmung des Dritten Lagers. Das erinnert aber auch daran, dass einst Bruno Kreisky seinen politischen Aufstieg mit einer Annäherung sowohl an Kirche wie auch an Habsburg eingeleitet hat. Beide waren ja vor ihm für die SPÖ absolut rote – oder schwarze – Tücher.

Der freiheitliche Kandidat hat ferner eine große Veranstaltung mit zwei israelischen Politikern angesetzt, um in Richtung noch einer weiteren Religion möglichst große Distanz zu früheren Verirrungen seines Lagers zu gehen.

Umgekehrt tourte Van der Bellen in Tracht und mit bemühter Kontaktfreude im Sommer durch mehrere Kirtage, also zu Events, die früher bei Grünen so beliebt waren wie Atomkraftwerke. Was freilich die in der Wiener Leopoldstadt zur Bezirksmacht gekommenen Grünen nicht hindert, gegen das Wiener Oktoberfest zu intrigieren, das sich im Prater seit einigen Jahren als Dirndl-Lederhosen-Bier-Imitation des Münchner Fests etabliert hat.

PS: Es gibt zum Nationalfeiertag freilich auch eine Entwicklung, die erstens traurig stimmt, und die zweitens viel mehr Aufmerksamkeit verdienen würde als der Abdruck einer Gelöbnisformel auf einem Wahlplakat. Das ist die Tatsache, dass der Plan von Verteidigungsminister Doskozil offensichtlich vorerst SPÖ-intern blockiert worden ist, auf dem Heldenplatz neben dem von den Rathausgenossen platzierten Deserteurs-Denkmal auch ein Bundesheerdenkmal zu errichten. Nicht dass ich sonderliche Sympathie für irgendwelche Denkmäler hätte. Aber ein solches nur für Deserteure, nicht fürs Heer: Das zeigt schon in sehr bedenklicher Weise, wo die SPÖ heute steht. Jedenfalls nicht bei der „Heimat“, zu der Van der Bellen erfreulicher Weise in diesem Jahr gefunden zu haben scheint.

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