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Jetzt sind die Freihandelsverträge also mitten in der Innenpolitik angekommen. Dabei haben mindestens 99 Prozent der Österreicher absolut keine Ahnung, worum es eigentlich geht. Die üblichen grünlinken NGOs haben einige unwahre Schauermärchen und Verschwörungstheorien verbreitet. Diese sind vom Boulevard begierig aufgegriffen worden (primär weil dessen Supermarkt-Großinserenten die internationale Konkurrenz fürchten), worauf sich FPÖ und SPÖ einen peinlichen Populismuswettlauf dazu liefern, wer schärfer gegen Ceta und TTIP ist.
Wieder einmal zeigt sich ein völliges Versagen aller Wirtschaftsexperten, die natürlich wissen, wie günstig in vielerlei Hinsicht die Freihandelsverträge mit Kanada und den USA für Österreich wären. Wie es auch schon zahlreiche andere ähnliche Verträge seit langem sind. Aber sie alle – Wirtschaftsforscher, WKO, Industriellenvereinigung, Gewerbeverein, Nationalbank, Wirtschafts- und Finanzminister – haben sich um nichts gekümmert. Und auch ÖVP und Neos agieren mehr als zögerlich. Sie alle haben offenbar geglaubt, dass das von selber auf dem alten Institutionen-Weg ablaufen würde. Sie sind zu feige, um einen offenen Konflikt mit den lautstarken NGOs und der nach Jahren wieder einmal kampagnisierenden Kronenzeitung zu wagen. Sie haben sich jahrelang faul hinter dem Pseudoargument verschanzt, die Abkommen seien ja noch nicht ausverhandelt, statt von Anfang an klarzumachen, wie wichtig globaler Freihandel gerade für ein kleines exportabhängiges Land ist. Sie begreifen bis heute nicht, wie wichtig in der Demokratie Öffentlichkeit und offene Debatten sind. Bis heute gab es nur eine einzige Pressekonferenz der zweiten Garnitur dazu und eine Broschüre von WKO und Nationalbank – überwiegend auf Englisch.
Unfähiger kann man es eigentlich gar nicht angehen.
Niemand fragt da, warum alle früheren Handelsabkommen mit ihren zahllosen Schiedsgerichten bisher völlig unbestritten als positiv bewertet worden sind (außer bei jenen Ex-Monopolisten, die früher die Konsumenten ausnehmen konnten und jetzt unter Konkurrenz leiden).
Niemand weist da darauf hin, wie oft österreichische Unternehmen schon froh waren, ihre Ansprüche vor neutrale Schiedsgerichte bringen zu können und nicht vor Gerichten jener Nation, mit der sie im Disput liegen.
Niemand sagt, dass nationale Gerichte auch in den zivilisiertesten Ländern immer eine gewisse nationale Schlagseite haben, wenn es gegen ein ausländisches Unternehmen geht.
Niemand erwähnt, dass Investitionen etwa aus Nordamerika in Österreich weniger häufig stattfinden, wenn sie nicht durch unabhängige Schiedsgerichte gegen bösartige neue Gesetze geschützt sind.
Und schon gar niemand wagt zu sagen, dass in den meisten Ländern die staatlichen Gerichte unendlich lang brauchen, bisweilen nicht nur Jahre, sondern auch Jahrzehnte, was Gift für jeden Investor ist.
Aber Österreichs Wirtschaft und Arbeitsmarkt stehen ja offenbar so gut da, dass wir das alles ignorieren können.
PS: Trotz Hetze und Aufrufen durch Kronenzeitung, Kirchen, Gewerkschaften und die üblichen linksgrünen NGOs war übrigens die Teilnehmerzahl an den angeblichen "Groß"-Demonstrationen in mehreren österreichischen Städten gegen Ceta und TTIP recht schütter. Ganz ähnlich in Deutschland. Nicht einmal in Summe ist in ganz Österreich jene Menge zusammengekommen, die man benötigt, um auch nur ein einziges Abgeordnetenmandat zu erringen. Ganz ähnlich blamabel endete eine österreichweite SPÖ-Mitgliederbefragung, an der auch Nichtmitglieder (also auf Deutsch: die Grünen) teilnehmen konnten. Selbst an den erfolglosesten Volksbegehren der Geschichte - wo das Mitmachen immer viel mühsamer war! - haben weit mehr Menschen teilgenommen. Das macht klar: Die Menschen sind zwar angesichts der total fehlenden Information und der massiven Angstkampagne von Linker und Boulevard etwas verunsichert, wenn man sie demoskopisch frägt. Aber wirklich interessiert oder gar emotionalisiert sind sie ganz und gar nicht. Auch wenn das Kirchen und Linke gar nicht gerne sehen: Für Emotion und wirkliche Angst sorgt nur ein einziges Thema - die ständig weitergehende Völkerwanderung aus der islamischen Welt.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.