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Der Kern-Gipfel als koalitionärer Alleingang: Der Wahlkampf hat begonnen

Das Treffen von zehn europäischen Staaten in Wien, das in den vergangenen Stunden von den SPÖ-Medien – dem ORF an der Spitze – groß gefeiert worden ist, war der endgültige Beginn des Wahlkampfs. Nicht weil dabei absolut nichts herausgekommen ist (das ist angesichts des Teilnehmerkreises von vorneherein völlig klar gewesen). Sondern weil Kern diesen Gipfel total geheim am Koalitionspartner ÖVP vorbei inszeniert hat, wie mehrere Quellen dem Tagebuch eindeutig bestätigt haben. Und das ist in einer Koalitionsregierung schlicht ungeheuerlich.

Kern und seine Drahtzieher haben das Treffen sogar an den österreichischen Botschaftern in den betreffenden Hauptstädten vorbei arrangiert. Diese wurden nicht einmal informiert, geschweige denn aktiviert, wie es an sich bei solchen internationalen Begegnungen selbstverständlicher Brauch ist. Das haben mir mehrere Botschafter bestätigt – auch wenn sie naturgemäß offiziell nicht zitiert werden wollten.

Was fast noch grotesker ist: Kern hat nicht einmal den eigentlich zuständigen Außenminister Kurz zu dem Treffen eingeladen, obwohl der am Samstag nach seiner UNO-Woche am Samstag schon wieder in Wien gewesen ist.

All das zeigt eindeutig: Kern denkt keine Sekunde mehr daran, mit der ÖVP konstruktiv zu arbeiten. Jede einzelne seiner Aktionen ist vielmehr nur noch darauf ausgerichtet, sein eigenes Image für vorgezogene Neuwahlen aufzupolieren.

In medialen Äußerungen jedoch spricht Kern – offensichtlich in reiner Heuchelei – von seinem Willen zu einem „New Deal“, unter dem man angeblich Zusammenarbeit verstehen soll. Auch in einem Interview mit der Fellner-Zeitung „Österreich“ gab er sich kooperationswillig, attackierte aber in einer Art „Haltet den Dieb“ die ÖVP als nicht bereit zur Zusammenarbeit. Kern verteidigte darin nicht nur seinen in krassem Widerspruch zur Regierungslinie stehenden wirtschaftspolitischen Text in der FAZ, der nur als Verlangen nach mehr Schulden interpretierbar ist. Er behauptete auch, die – von vielen Seiten gekommene – Kritik an dem Text sei nur „Wahltaktik“ der ÖVP.

Zurück zur einsamen Gipfelinszenierung Kerns. Diese sollte ganz eindeutig ein Gegengewicht zu dem im Winter abgehaltenen Balkantreffen auf Ebene der Außen- und Innenminister darstellen. Das damalige Treffen wies aber drei wesentliche Unterschiede zum jetzigen Kern-Treffen auf:

  • Die SPÖ war damals offensichtlich eingebunden, da es ja eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Verteidigungsminister gegeben hat.
  • Griechenland und Deutschland waren damals nicht eingeladen, sondern nur die übrigen Balkanstaaten. Das war aber entscheidend, damit das Treffen Erfolgschancen hatte, die mit diesen beiden Teilnehmern nicht erzielbar sind.
  • Dementsprechend endete das damalige Treffen auch mit einem großen, inzwischen von allen Kritikern anerkannten Erfolg, nämlich der Sperre der Balkanroute. Das war eindeutig die bisher wirksamste Maßnahme, um die Völkerwanderung einzubremsen. Zwar wird diese von Schlepper- und Gutmenschorganisationen seither über Italien umgelenkt, aber dort kommen jedenfalls viel weniger Migranten an als vor einem Jahr in Griechenland.

Das jetzige Wiener Treffen brachte nicht einmal eine Erklärung mit den normalerweise üblichen diplomatischen Worthülsen zustande. Es gab auch keine gemeinsame Pressekonferenzen oder ähnliches. Ganz im Gegenteil: Jeder gab selbst Erklärungen ab, ohne irgendein Ergebnis des Treffens nennen zu können.

Angela Merkel etwa äußerte nur die üblichen substanzlosen Luftblasen wie: „Unser Ziel muss sein, die illegale Migration so weit wie möglich zu stoppen.“

Der Grieche Alexis Tsipras wiederum forderte (wieder einmal) eine schnelle Umverteilung der jetzt in Griechenland festsitzenden Migranten auf die anderen EU-Länder. „Es ist inakzeptabel, dass die Last auf das erste Ankunftsland fällt.“

Ganz konträr Ungarns Viktor Orban. Er verlangte eine neue „Verteidigungslinie für Europa“. Diese könne aber nicht in Griechenland liegen. Denn Athen habe bereits gezeigt, dass es zum Schutz der Schengen-Außengrenze der EU nicht in der Lage sei. Statt dessen solle diese Außengrenze weiter nördlich gezogen werden. Allerdings gebe es keinen Konsens, wo diese Verteidigungslinie genau sein solle. „Die erste Möglichkeit ist die griechisch-mazedonische, die zweite die mazedonisch-serbische und die dritte die serbisch-ungarische Grenze.“ Er bot den südlichen Nachbarn finanzielle Unterstützung Ungarns an, wenn sie diese Verteidigungslinie bilden. Vor allem verlangte er aber EU-Unterstützung auch für Ungarn und tadelte, dass diese derzeit nur Italien und Griechenland zufließe.

Noch interessanter ist Orbans Vorstoß für ein „gigantisches Flüchtlingslager“ mit „Schulen und Krankenhäusern“ unter europäischem Schutz an Libyens Küste. Flüchtlinge, die Europa erreichten, sollten nach Libyen zurückgeschickt werden und dort ihr Asylverfahren abwarten müssen. Das sollte mit einer neu zu formenden libyschen Regierung vereinbart werden.

Dieser Orban-Plan ähnelt ganz dem von Außenminister Kurz und Verteidigungsminister Doskozil entwickelten australischen Modell (ein Unterschied liegt lediglich darin, dass Orban nichts von griechischen Inseln gesagt hat).

Kern selbst gab nach dem Gipfel Wortmeldungen ab, die in ihrer Schlichtheit peinlich waren. So etwa, als er sagte, dass er „langsam ein Problembewusstsein“ entstehen sehe. Und dass er auf Rückführungsabkommen mit Herkunftsstaaten der Migration hoffe. Solche Abkommen sind zwar gewiss ein gutes Ziel. Allerdings arbeitet die EU schon seit zwölf Jahren an solchen Abkommen. Ohne jeden Erfolg.

Es ist sicher gut, dass jetzt auch Kern begriffen hat, dass solche Abkommen positiv wären – es ist ja die linke Entwicklungshilfe-Lobby, die bisher immer effektiven Druck auf jene Staaten verhindert hat. Aber durch den Kern-Gipfel ist das Ziel solcher Abkommen halt leider keinen Millimeter näher gekommen. Wohl jeder europäische Politiker hat schon vor Kerns Einstieg in die Politik um die Wichtigkeit von Rückführungsabkommen gewusst. Und jene Drittweltländer, mit denen diese Abkommen abzuschließen wären, sind in Wien gar nicht am Tisch gesessen.

Das einzige aber, was sich rund um den Gipfel geändert hat, geht in eine absolut negative Richtung. Denn in einem Punkt hat der Gipfel einen wirklich üblen Rückzieher Kerns gebracht: Er verzichtete Ungarn gegenüber auf die Forderung, dass das Land über Ungarn nach Österreich gekommene Flüchtlinge zurücknimmt (sogenannte Dublin-Fälle).

Damit hat der Mann ein essenzielles Anliegen Österreichs fallengelassen. Das hat Kern zwar Lob Orbans eingebracht, der ja solche Menschen keinesfalls zurücknehmen will. Aber in der Sache ist damit ohne Not ein weiteres Problem für Österreich entstanden. Ein routinierter Politiker würde solche wichtigen Forderungen nie fallen lassen, auch wenn sie derzeit nur schwer realisierbar sind. Es sei denn, Österreich erhält dafür gravierende Gegenleistungen. Davon ist aber weit und breit nichts zu sehen.

Genauso überflüssig und schädlich wie diese Konzession an Ungarn und wie der ganze Gipfel ist Kerns Kurs in Sachen Wortschafts- und Währungspolitik. Er hat sich ja beschämenderweise ausgerechnet in einem Artikel in einer deutschen Zeitung für noch mehr Schulden exponiert. Zugleich wird jeden Tag noch klarer, wer Kerns Hauptpartner in der EU sind: ausgerechnet die Ministerpräsidenten Renzi und Tsipras aus Italien und Griechenland. Die beiden sind jedoch die weitaus linkesten Sozialisten in der EU. Mit den gemäßigten Sozialdemokraten in Deutschland, Frankreich oder Schweden findet Kern hingegen überhaupt keinen Gleichklang. Italien und Griechenland sind auch die Haupteinfallspforten der Völkerwanderung. Und überdies sind sie die am höchsten verschuldeten Länder Europas.

Tolle Vorbilder.

Das zeigt: Kern fuhrwerkt sowohl außenpolitisch wie wirtschaftspolitisch wie ein Elefant im Porzellanladen. Womit er nur deshalb ungeschoren durchkommt, weil die SPÖ die meisten Medien in der Hand hat, sei es durch Bestechungsinserate oder direkt wie beim ORF.

PS: Apropos Inserate: Zwischen Kern und dem Fellner-Blatt scheint wieder die alte üble Faymann-„Liebe“ zu herrschen, wie das große Kern-Interview zeigt. Ich wette, dass man diese „Liebe“ bald auch an vielen Inseraten durch SPÖ-Minister in dem Blatt ablesen kann…

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