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Das Parken und das Denken in der Großstadt

Ob es die ÖVP wirklich nötig hatte, ihren Widerstand gegen die Gebührenpflicht für das Parken eines Autos so lange fortzusetzen, bis sie – auch – deswegen in einem weiteren Wiener Bezirk abgewählt worden ist? Nun, das ist Sache der Wiener Schwarzen. Jedenfalls ist jetzt auch in Währing das Parken kostenpflichtig geworden, als Folge der Tatsache, dass die ÖVP den Bezirk verloren hat. Und nur Suizid-Tendenzen der verbliebenen schwarzen Vorsteher in Döbling und Hietzing können erklären, warum nicht auch diese beiden Bezirke längst nachgezogen haben.

Gewiss gibt es an der Wiener Gebührenpflicht viele schlimmen Defizite zu bekritteln:

  1. Sie ist so uneinheitlich geregelt, dass man eine eigene App braucht, um zu wissen, ob, wann und wie lange in der jeweiligen Gasse Parkschein-Pflicht besteht.
  2. Diese ist für Nichtwiener – zum Unterschied von den meisten anderen Großstädten Europas – völlig intransparent. Sie ist nur juristisch (durch das irgendwo weit entfernt auf die Straße gepinselte seltsame Wort „Zone“), aber in keiner Weise kommunikationsorientiert kundgemacht. Das ist in einer Touristenstadt völlig pervers. Wer zum ersten Mal nach Wien kommt, fällt mit Sicherheit auf diese Falle herein. Oder ist das gar Absicht einer abkassierwütigen Gemeinde?
  3. Außerhalb der Öffnungszeiten von Trafiken wird es auch für wissende Touristen immer schwieriger, solche Parkscheine zu erwerben (Ganz abgesehen davon, dass immer mehr Trafiken aufgrund der zu geringen Margen den Verkauf überhaupt eingestellt haben). Irgendwie bin ich es langsam satt, ständig verzweifelt herumirrenden Stadtbesuchern einen Parkschein zu schenken, damit sich Wien nicht nur mit dem hässlichen Antlitz der Rathauspolitik zeigt.
  4. Ärgerlich ist auch der Aufwand mit den angeschafften Zetteln bei jeder der (an sich schon fragwürdigen und überflüssigen) Preiserhöhungen.
  5. Warum gibt es nicht wie in anderen Städten Automaten, die das können?
  6. Besonders schlimm ist, dass es noch immer nicht an den Stadtgrenzen (in Wien wie Niederösterreich) ausreichend große und extrem gut beworbene Parkflächen gibt, wo Touristen wie Tages- und Wochenpendler günstig ihr Auto abstellen können. UND wo sie direkt in Massenverkehrsmittel einsteigen können.
  7. Die immer mehr um sich greifenden – und oft nur halbgenutzten – Sonderzonen, in denen nur Bezirksbewohner parken können, höhlen den Grundgedanken völlig aus.

Das alles ist Unsinn. Aber der Grundgedanke ist richtig und ist auch trotz der gravierenden Defizite umzusetzen. Und er ist ein marktwirtschaftlicher. Eigentlich sollte gerade die ÖVP wissen, dass immer nur marktwirtschaftliche, (neo)liberale Lösungen funktionieren.

Denn es ist absolut sozialistisches Denken, zu meinen, dass man gratis Anspruch auf extrem knappen öffentlichen Grund hat, um dort sein Auto abzustellen. Sogar dann, wenn man es nie braucht. Was knapp ist, soll seinen Preis haben. Nur so wird es am sinnvollsten genutzt. Wer Besorgungen, Arztwege und ähnliches hat und wer diese aus irgendeinem Grund mit dem Auto erledigen will oder muss, soll zu Gunsten der Allgemeinheit zahlen. Und nicht etwa bestimmte Ziele meiden oder mit dem Taxi fahren müssen, weil alle Parkplätze von Menschen aus ganz Mitteleuropa belegt sind, die ihr Auto oft eine Woche oder länger unbenutzt stehen lassen. Durch die Gebührenpflicht kann ein Parkplatz im Laufe einer Woche von Dutzenden Fahrzeugen genutzt werden, statt von einem einzigen nicht genutzt.

Das erhöht die Lebensqualität in der Stadt.

Auch ÖVP und FPÖ sollten einsehen, dass auch einmal von Rot und Grün richtige Ideen kommen können, die auch für Autofahrer sinnvoll sind. Haben doch sonst die Grünen ohnedies nur Ideen zugunsten der Radfahrer, die auf Kosten der Fußgänger, Kinder, Autofahrer und Verkehrssicherheit gehen.

Heißt das, dass man jedenfalls für ein Auto in der Stadt einen Abstellplatz zahlen muss? Ja, das heißt es. Anders lässt sich die Verkehrsfrage angesichts der Vollmotorisierung, der wachsenden Mobilität, des begrenzten Platzes und der wachsenden Attraktivität der Städte nicht lösen.

Dabei dürfte es auch keinen Bezirksegoismus geben à la „Nur wir dürfen hier parken, alle anderen sollen schauen, wo sie bleiben“. Dieser Bezirksegoismus grassiert leider in allen Parteien. In dieser Frage sind die Grünen mit ihrer Kirchturmsmentalität hauptschuldig, weil sie verhindert haben, dass viele Garagenprojekte in Wien gebaut werden konnten.

Die „lustige“ Universität

Es gibt in dieser Stadt keinen vernünftigen Schritt, der nicht zugleich von Lächerlichkeiten begleitet wird. Jetzt – jetzt, wo die Parkscheinpflicht schon eingeführt ist! – macht die Wirtschaftsuniversität, unterstützt von der Wirtschaftskammer eine Untersuchung über „Berufspendler in Währing“. Das könnte dem nächsten Band „Schildbürger zu Wien“ als weiteres Kapitel angehängt werden. Das zeigt, wie sehr manche Universitäten eingefrorene Posthorntöne für „Wissenschaft“ halten.

Und so manche Währinger Kammermitglieder werden sich besonders „freuen“, wenn die Teilnahme an der Studie mit einem 7-Euro-Gutschein vom Amazon honoriert wird. Denn Amazon ist der weitaus härteste Konkurrent vieler Kammermitglieder (wobei – ehrlicherweise sei es gesagt – auch ich schon hie und da bei diesem Versandhändler eingekauft habe; aber ich bin ja kein Kammermitglied).

Freilich: Warum soll ausgerechnet in der Wirtschaftskammer oder der Wirtschaftsuniversität Denken üblich werden?

 

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

 

 

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