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Was Wrabetz III bedeutet - und bedeuten sollte

Dass ausgerechnet der schwächste ORF-Chef seit 1966 als erster zum drittenmal en suite wiederbestellt wurde, kam zwar keineswegs überraschend. Diese Wiederwahl führt aber zu einer ganzen Reihe wichtiger Erkenntnisse.

Beziehungsweise zu einer Bestätigung von schon früher klar gewordenen Konsequenzen:

  1. Der ORF ist ein reines Regierungsorgan. Seine Chefs sind total von der jeweiligen Kanzlerpartei abhängig, die noch keinen nur aus abstrakter Sympathie bestellt hat (die Zwischenschaltung des Stiftungsrats ist ja nur eine Fiktion).
  2. Wenn die SPÖ die Kanzlerpartei ist, schafft das angesichts der gleichzeitigen schweren Linkslastigkeit fast aller Redaktionen (bis auf Sport, Wetter und die ÖVP-Bundesländer) eine für immer mehr Österreicher unerträgliche Schlagseite.
  3. Der wiedergewählte Alexander Wrabetz ist insbesondere deshalb ein schlechter ORF-Chef, weil er keinerlei persönliche Erfahrung bei journalistischen oder programmmachenden Tätigkeiten hat. Aber genau diese Dinge sind die zentralen Aufgaben eines großen Senders. Es ist ja alles andere als ein Zufall, dass Gerd Bacher, der eindeutig beste ORF-Generalintendant, ganz im Gegensatz zu Wrabetz ein Vollblut-Journalist gewesen ist. Wrabetz hingegen ist nur als braver und mittelmäßig intelligenter Parteisoldat an die ORF-Spitze gekommen, der davor bloß parteipolitische und kaufmännische Funktionen gehabt hat. Er kann wirklich nur das, was er selbst gesagt hat: „Wenn ich etwas kann, ist es Mehrheiten zu finden.“
  4. Wrabetz muss selber lachen, wenn er in eine Kamera den Satz zu sagen versucht: „Ich war immer komplett unabhängig.“ Dem Zuseher kommt bei solchem Zynismus freilich eher das Weinen.
  5. Nur seiner Ahnungslosigkeit von Dingen wie journalistischer Qualität, Unabhängigkeit oder gar von Objektivität kann es zuzuschreiben sein, dass Wrabetz in den letzten Tagen mehrmals – und ohne rot zu werden – Qualität und Unabhängigkeit des ORF zu erwähnen, ja sogar zu loben gewagt hat. Obwohl diese nach fast einhelligem Urteil alle Seher und Hörer am absoluten Tiefpunkt angelangt sind.
  6. Da Wrabetz aber nicht einmal das Problem zu sehen bereit ist, ist es völlig unmöglich, von ihm eine Therapie zu erwarten.
  7. Wrabetz hätte allein schon wegen des ständigen Seherverlusts des ORF-Fernsehens abgelöst gehört. Hat er doch selber einst Seherquoten von über 40 Prozent versprochen. Jetzt kann der ORF froh sein, wenn er auf 35 Prozent kommt. Nur noch jeder dritte Österreicher sieht im Schnitt ORF. Aber alle müssen zahlen.
  8. Eine gefährliche Drohung ist die Ankündigung des altneuen ORF-Chefs, jetzt vor allem die Social Media zu forcieren. Es graut einem vor der Vorstellung, dass dann hunderte Armin Wolfs – die ja nur dank des Gebührenrundfunks prominent sind! – ungehemmt ihre linken Hetz- und Hassparolen über Twitter, Facebook und Dutzende andere Plattformen verspritzen werden. Obwohl es für Social Media keinerlei gesetzliche Legitimation gibt.
  9. Die Kandidatur eines Gegenkandidaten war angesichts des Desasters der Wrabetz-Jahre und der Einseitigkeit der Ideologie-Maschine Information schon aus Gründen der Selbstachtung jedes bürgerlichen Menschen richtig. Es wäre wirklich blamabel gewesen, hätte auch nur ein Nicht-Linker diesem System zugestimmt.
  10. Blamabel war aber das Wie dieser Gegenkandidatur, für das Grasl, die ÖVP und die bürgerlichen Stiftungsräte gemeinsam verantwortlich sind. Da wurde kein einziges Argument so gut aufbereitet, dass es auch der Öffentlichkeit unter die Haut gegangen wäre – obwohl diese Öffentlichkeit der ORF-Realität längst total überdrüssig ist. Da war man völlig außerstande, Allianzen zu bilden – was aber angesichts der hässlichen ORF-Konstruktion notwendig gewesen wäre. An der übrigens Schwarz-Blau gehörig Mitschuld tragen.
  11. Grün und Pink haben sich erneut als mit absoluter Sicherheit verlässliche Stimmenbringer für die SPÖ erwiesen. Jeder, der sich etwa von den Pinken wenigstens einen Schub Liberalismus erhofft hatte, sollte einen Intelligenztest machen. So viel Hass auf echtes liberales Denken wie im heutigen ORF findet man sonst nur noch bei Kommunisten und Nazis. Trotzdem haben die Neos für Wrabetz gestimmt.
  12. Die angeblich „unabhängigen“ Stiftungsräte aus dem Betriebsrat können im Grund nur als Kommunisten eingeordnet werden.
  13. Den vier Oppositionsparteien und den „unabhängigen“ Stiftungsräten kann die Ausrede nicht abgenommen werden, dass sie ja neben den großen roten und schwarzen Blöcken keine Chance gehabt hätten. Hätten sie sich um einen gemeinsamen unabhängigen und im Gegensatz zu Wrabetz und Grasl mit Programm und journalistischer Qualität vertrauten Kandidaten bemüht, wäre das nicht nur ein deutliches Lebenszeichen der Existenz dieser vier Parteien gewesen. Es wäre auch durchaus möglich gewesen, dass eine der beiden Regierungsparteien auf diesen Oppositions-Kandidaten umgeschwenkt wäre, sobald sie eingesehen hätte, dass der eigene Kandidat nicht durchzubringen ist. Aber die Opposition hat eine wirkliche Änderung nicht einmal versucht. Und Grün wie Pink haben sich längst im Eigeninteresse (und der einer Wahl von Alexander Van der Bellen) mit der Macht arrangiert.
  14. Die Ankündigung des FPÖ-Stiftungsrats, nach der nächsten Wahl eine Änderung des ORF-Gesetzes anzustreben, hat nach diesem ORF-Wahltag am meisten Hoffnung gemacht. Freilich besteht die Hoffnung nicht darin, dass dann statt einer rot-grün-pinken Mehrheit halt eine blau-schwarze das Sagen haben wird. Hoffnung kann vielmehr nur eine Totalreform bringen. Deren optimale Form wäre entweder eine Abschaffung der Gebühren oder deren objektivierte Aufteilung auf alle österreichischen Sender (je nach Qualität, Ausgewogenheit, Seriosität und österreichischem Programmanteil). Weniger gut, aber immer noch besser als der Istzustand wäre zumindest eine Entparteipolitisierung der ORF-Wahl. Aber eine echte: etwa in Form einer Direktwahl aller Stiftungsräte durch alle Gebührenzahler oder in Form eines Milizsystems wie bei Geschwornen.
  15. Es kann nur das eine gute Reform sein, als deren Ergebnis sich die ORF-Menschen statt an der Politik und ihrer eigenen Präpotenz endlich an den Sehern und Hörern orientieren müssen. Weil sie so wie alle anderen Sender finanziell total von diesen abhängig sind (Etwa durch hohe Einschaltquoten, was Werbegelder bringt. Oder durch den Kauf eines ORF-Abos wie beim Bezahlfernsehen. Oder notfalls durch Gebühren, die wie zuvor skizziert auf die Fernsehanstalten aufgeteilt werden).
  16. Die ÖVP täte gut daran, jetzt schon mit den Freiheitlichen eingehende Beratungen über das künftige Rundfunksystem zu beginnen (wie im übrigen auch zu vielen anderen wichtigen Fragen, die sich ja in der Hektik von Koalitionsverhandlungen letztlich nie wirklich gut und tragfähig lösen lassen). Freilich müsste die Partei davor zwei enorm schwierige Probleme überwinden: Sie bräuchte erstens nach langem wieder einen medienpolitischen Kopf mit Hirn und Gewicht, der sich sieben Tage in der Woche 24 Stunden mit dem Medienbereich befasst (im ORF-Wahlkampf hat ihr ein solcher neuerlich bitter gefehlt). Und sie müsste zweitens imstande sein, im eigenen Bereich die Landeshauptleute-ORF-Korruption zurückzudrängen.
  17. Das schlimmste an diesem Wahlkampf: Es gab überhaupt keine Differenzen zwischen Wrabetz und Grasl darüber, dass der ORF noch mehr Zwangsgebühren-Geld von den Sehern und Hörern haben will, um sich ohne Not in ständig neuen Zusatzbereichen wichtig zu machen. Freilich: Sollten Rot-Grün-Pink das mit ihrer jetzt neuerlich bestätigten Mehrheit im Stiftungsrat wirklich beschließen, können sie sich wohl ein Antreten bei der nächsten Nationalratswahl ersparen.

 

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