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Viele gute und eigentlich zwingende Argumente sprechen dafür, die Gesichtsverschleierung gesetzlich zu verbieten. Aber zuvor zu den Gegenargumenten, die von Linksmenschen verbreitet werden. Das allerdümmste davon lautet: Eine Voll- oder Dreiviertelverschleierung des Gesichts würden ohnedies nur sehr wenige Frauen tragen. Daher sei ein Verbot entbehrlich.
Absurd. Als ob die Zahl der Fälle ein Argument wäre. Das ist ungefähr die gleiche Logik, wie wenn jemand sagt, Mord müsse deswegen nicht im Strafgesetzbuch stehen, weil er nur sehr selten vorkommt. Außerdem bin ich sicher: Die gleichen Menschen, die jetzt dieses Pseudo-Argument der (angeblich) zu geringen Zahl verbreiten, würden im umgekehrten Falle einer starken Verbreitung von solchen Schleiern sofort sagen: Das könne man doch nicht verbieten, damit treffe man doch so viele Menschen.
Aber stimmt das mit der geringen Zahl von Schleierträgern überhaupt? In Prozentsätzen der Gesamtbevölkerung ist die Aussage sicherlich richtig. Jedoch: Wenn man die heutigen Zahlen mit denen von vor zehn oder zwanzig Jahren vergleicht, dann hat es in Wahrheit eine Zunahme solcher Schleierträger um ein paar Hundert Prozent gegeben. Und viel spricht dafür, dass diese Dynamik weitergeht. Also ist wohl jetzt der letztmögliche Zeitpunkt gekommen, ein solches Verbot ohne allzu große Hindernisse zu realisieren.
Nicht dumm, aber abgrundtief widerlich ist ein anderes Argument gegen ein Verschleierungsverbot: Einige Hoteliers in Zell am See und ein paar internationale Nobelketten am Wiener Kohlmarkt würden Umsatzverluste erzielen. Na und? Auch das Verbot des freien Verkaufs von Waffen aller Art oder von Rauschgift führt zu einem – noch viel größeren – Ausbleiben von Steuereinnahmen. Und es wird doch nicht aufgehoben. Dieses Tourismus-Argument erinnert vielmehr lebhaft an Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“, wo ein ganzer Ort um des Profits willen sämtliche moralischen und rechtlichen Schranken bricht.
Im Übrigen vertreibt der Schleierboom in Zell mit Garantie viele Touristen aus anderen Ländern. Denn die allermeisten von ihnen empfinden es als unheimlich und bedrohlich, wenn vollverschleierte Wesen ihre Liftgondel betreten oder am Nebentisch Platz nehmen. Im Urlaub wollen die meisten nicht-saudischen Menschen vielmehr dorthin fahren, wo sie sich wohlfühlen. Sie werden daher Zell zunehmend meiden.
Nächstes Pseudo-Argument: Die Schleierträger-Wesen seien derzeit vor allem saudische Touristinnen. Wird schon stimmen. Aber dieses Argument übersieht völlig die starke Vorbildwirkung, die von diesen Schleiern ausgeht. Viele der – ja oft sehr simplen – Prediger und Imame in den Hunderten Moscheen können jetzt sagen: Seht, so sieht eine wirklich fromme Muslimin aus.
Eine ähnliche Entwicklung hat man ja einst rund um Bosnien gesehen. Dort hatte früher praktisch keine Frau ein Kopftuch getragen. Aber im Zuge des Bosnien-Krieges sind viele wahhabitische Saudi-Prediger ins Land gekommen und haben einen fundamentalistisch-politischen Islam verbreitet, in dessen Gefolge sich nicht nur das Kopftuch-Tragen ausgebreitet hat. Und das nicht nur in Bosnien, sondern etwa auch in Wien, wo früher islamische Kopftücher völlig unbekannt gewesen sind.
Überdies: Wenn es wirklich fast nur saudische Touristinnen sind, dann ist ein solches Verbot auch sehr leicht umzusetzen (womit ein weiteres linkes Argument entkräftet ist). Dann kann schon am Flughafen bei der Einreise ganz klar gesagt werden: „So nicht“. Dann werden auch die Fluggesellschaften schon beim Abflug aus Saudi-Arabien das so kommunizieren, wie anderswo das Verbot des Imports von Pflanzen oder Tieren, weil sie sonst die Frauen wieder umsonst zurücktransportieren müssten. Dann werden auch Hotels das Kopftuchverbot kommunizieren müssen und können. Schließlich kann sich niemand glaubwürdig auf irgendwelche angeblichen Koran-Befehle berufen, wenn er vom Flughafen unverschleiert ins Hotel kommt, dann aber zum Stadtbummel plötzlich einen Schleier anlegt.
Das Argument „Eh nur Touristinnen“ ist auch spätestens seit jenem Zeitpunkt als falsch entlarvt, als unlängst eine Mitarbeiterin eines Notars dasselbe versucht hat. Ganz offensichtlich in provokativer Absicht und wohl von radikalen Islam-Vereinen angestiftet hat sie gerichtlich durchsetzen wollen, am Arbeitsplatz einen Schleier tragen zu dürfen.
Ein weiteres skurriles Argument lautet: Ein Verschleierungsverbot würde dazu führen, dass dann manche Frauen ins Haus gesperrt würden. Auch das geht ins Leere: Denn dann müssten jene intoleranten (und in Wahrheit straffälligen) Männer, die das erzwingen, all jene außerhäusigen Dinge selbst erledigen, die jetzt diese Frauen tun (müssen). Das würde ich mir gerne anschauen.
Die Argumente für ein Schleierverbot sind jedenfalls viel gravierender als all das, was da jetzt zwischen ORF und „Standard“ dagegen vorgebracht wird. Die wichtigsten davon:
Das einzige, was wirklich seltsam ist: Warum wird das Verschleierungsverbot erst jetzt ernsthaft diskutiert? Warum sind bisher die FPÖ und einige ÖVP-Abgeordnete, die es gefordert haben, immer ignoriert worden? Nur weil die tonangebenden Unintellektuellen dieses Landes blind alles für böse halten, was die FPÖ jemals verlangt hat? Ist ständig Feigheit das prägende Prinzip der Regierungspolitik? Warum hat Sebastian Kurz erst jetzt seinen mutigen Vorstoß für ein solches Verbot gestartet und ist noch vor zwei Jahren dagegen gewesen? Aus Koalitionsräson, weil die SPÖ sich ja als Moslem-Schutzpartei geriert? Wegen der üblichen Feigheit der eigenen Parteiführung? Oder weil er selber erst klüger werden musste?
Was freilich immer noch viel besser ist als nie klüger zu werden. Und auch bei der SPÖ gibt es zumindest erste Anzeichen, dass dort einige dabei sind, klüger werden zu wollen.
Damit könnte freilich auch das einzig ernstzunehmende Hindernis überwunden werden, dass einem Schleierverbot noch droht. Ein linker Verfsassungsrechtler hat nämlich behauptet, das wäre verfassungswidrig. Nun, das steht zwar nicht einmal andeutungsweise in der Verfassung. Aber bekanntlich können Juristen bei genügend bösem Willen aus der Verfassung (aus jeder Verfassung) mit sieben Salti und vierzehn Verdrehungen alles herauslesen, was sie wollen. Und der jetzige Verfassungsgerichtshof hat diese Kunst ja schon oft gezeigt. Gemäß dem schon von Goethe verhöhnten Motto:
Im Auslegen seid frisch und munter!
Legt ihrs nicht aus, so legt was unter!
Das absurde Auslegen eines allgemeinen Verschleierungsverbots als verfassungswidrig könnte aber jedenfalls durch eine Zweidrittelmehrheit im Parlament verhindert werden. Und wenn die SPÖ wirklich zustimmt, dann könnte ich mir bis auf die Grünen keine Partei vorstellen, die da dagegenstimmt.