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Man kann es parteitaktisch sehen. Man kann es personell sehen. Man sollte es aber vor allem inhaltlich sehen.
Denn im Grund gehen alle Vorschläge, die jetzt fast täglich auf den Tisch kommen, in eine richtige und sinnvolle Richtung. Ob sie nun von Sebastian Kurz, Wolfgang Sobotka oder H.C. Strache kommen. Es geht allen Dreien darum, das immer aggressiver werdende Auftrumpfen des politischen Islamismus und des türkischen Nationalismus in Österreich endlich zu stoppen. Es geht darum, die gewaltigen Probleme mit Zehntausenden arbeitslos, aber in der bequemen Sozialstaats-Hängematte herumlungernden – und damit kriminalitätsanfälligen – Asylanten ohne jede Berufschance wenigstens ein bisschen zu reduzieren.
Burka-Verbot, Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit, 1-Euro-Jobs, Überdenken des exzessiv missbrauchten Demonstrationsrechts, Reduktion der bedarfsorientierten Mindestsicherung, mit Sanktionen belegte Mitwirkungspflicht bei Deutsch- und Wertekursen, Rechtsanspruch auf Deutschkurse mit Ergebniskontrolle, Strafverfahren bei Missachtung eines Abschiebebescheids, Maßnahmen gegen die provozierenden Schriftenverteilung durch Salafisten: im Prinzip alles richtig.
Nur: Fast alles davon hätte schon lange realisiert werden sollen. Vieles davon wird auch schon seit Jahr und Tag in diesem Tagebuch empfohlen und verlangt. Aber egal. Besser spät als nie.
Umso mehr müssen jetzt zügig, aber dennoch juristisch sauber die entsprechenden Gesetzestexte ausgearbeitet werden. Dabei lauern ja viele Fallstricke.
So ist das von Strache empfohlene Verbot von Demonstrationen für die (angeblichen) Rechte der Kurden oder für die (angeblich bedrohte) Erdogan-Herrschaft leider auf den ersten Blick als verfassungswidrig erkennbar. Man kann das Demonstrationsrecht sicher nicht nach dem Thema, wofür oder wogegen demonstriert wird, differenzieren. Es sind da immer viele internationale Themen dabei (International war beispielsweise auch das Thema jener Demonstration, an der ich vor fast 50 Jahren als letzte Kundgebung teilgenommen habe: Solidarität mit der Selbstverbrennung des tschechischen Studenten Jan Palach aus Protest gegen die kommunistische Unterdrückung).
Sehr wohl aber könnte man bestimmte Aspekte von Demonstrationen rechtlich viel strenger regeln:
Erstaunlich ist jedenfalls, dass aus der SPÖ nicht gleich das übliche Njet gekommen ist, sondern – abgesehen von ein paar Minigruppen – nur Schweigen. Die Partei spürt, dass sie mit jeder Opposition gegen diese Vorschläge weitere Stammwähler vertreibt, dass die ÖVP sie mit diesen Themen zum ersten Mal seit langem in die Defensive treiben kann. Die SPÖ sieht auch, dass ihre Parteigenossen in vielen anderen Ländern – von Frankreich bis zur Slowakei – auf ganz ähnlicher Linie wie Kurz&Co vorgehen.
Dennoch ist die SPÖ, mit Ausnahme jener des Burgenlands, ihrer allerdings erfolgreichsten Landesgruppe, garantiert nicht bereit, die Maßnahmen mitzutragen. Sie hat unter Moslems und Austrotürken schon zu viele Wähler. Sie ist aber unter Kern taktisch geschickter geworden. Sie will daher die Vorschläge lieber zu Tode streicheln, ihnen in endlosen koalitionären Detailverhandlungen jede Substanz und Wirkung nehmen. Die österreichische Schaumgummimethode.
Daher berichtet vorerst sogar – höre und staune – der ORF relativ sachlich und unpolemisch über die Kurz-Forderungen. Der normalerweise dort bei solchen Vorschlägen automatisch übliche Gutmensch-Schleim wurde zurückgehalten. Offenbar gilt: Wenn die SPÖ nichts sagen will, hat der ORF auch nicht zu wollen. Oder glaubt jemand, die wären klüger geworden?
Die spannendste Linie verläuft freilich jetzt zwischen ÖVP und FPÖ. Unklar ist nur: Ist es eine der Eifersucht und Rivalität oder eine der Kooperation im Interesse des Landes?
Die Schwarzen – genauer gesagt: zwei ihrer Minister – überlassen jedenfalls das Themenfeld nicht mehr so wie in den letzten Jahren den Freiheitlichen alleine. Das macht die FPÖ erkennbar nervös. Weshalb sie zumindest vorerst nicht sehr klug auf Kurz reagiert hat. Sie mäkelt herum, statt zu sagen: „Super, da machen wir bei allem mit. Am besten gleich nächste Woche im Parlament.“
Damit könnten die Freiheitlichen nämlich wieder umgekehrt die ÖVP in Schwierigkeiten bringen. Denn zusammen mit den (in diesem Fall fast sicheren) Stimmen des Teams Stronach gäbe es ja eigentlich eine klare Parlamentsmehrheit für all diese Maßnahmen. Jedoch darf die ÖVP laut Koalitionspakt nichts gegen die SPÖ beschließen. Mit der SPÖ wird es aber für die ÖVP inhaltlich nicht viel zu beschließen geben.
Das Dilemma für die Schwarzen könnte daher noch groß werden. Denn die jetzt von Kurz und Sobotka auf den Tisch gelegten Themen sind viel zu wichtig, sind für die Österreicher die derzeit weitaus brennendsten, als dass man sie im Herbst einfach wieder schubladisieren könnte. Die Wähler würden das der ÖVP nie verzeihen.
Andererseits könnten bei einer Fortsetzung des Kurz-Sobotka-Kurses etliche – sicher nicht alle – Wähler wieder zu den Schwarzen zurückkehren. Davor hat wiederum die FPÖ Angst.
Klar ist daher nur eines: Der Herbst wird sowohl von der Sache her wie auch parteipolitisch spannend.
Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Die ÖVP hat auch noch einen Parteiobmann. Der hat sich aber offensichtlich schon ganz auf sein altes Amt als Wirtschafts- und Wissenschaftsminister zurückgezogen (wobei er freilich auch dort nicht zu brillieren vermag). Und sonst hört und sieht man nichts von ihm.
Aber ganz kann sich ein Parteiobmann und Vizekanzler halt doch nicht in Luft auflösen. Er kann vor allem folgender Alternative nicht ausweichen:
Eigentlich faszinierend, dass jenes Regierungsmitglied, jener Parteichef, der seit vielen Monaten in allen heiklen Fragen so gut wie nicht präsent ist, nun die entscheidenden Weichen der Innenpolitik zu stellen hat, ob er will oder nicht.
PS: Ganz sicher gibt es neben den jetzt auf den Tisch gelegten Vorschlägen noch einen ganzen Strauß weiterer Notwendigkeiten, wenn der Regierung Österreich noch etwas wert sein sollte. Sie sind ebenfalls schon mehrfach hier aufgezählt worden. Das heißt aber nicht, dass man nicht mit dem Gesagten anfangen sollte.