Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Der Vorschlag kam zwar „nur“ von einer türkischen Fraktion der Vorarlberger Arbeiterkammer. Aber er ist doch so interessant, dass er ernsthaft diskutiert werden sollte. Sein Kern: In Österreich lebende Türken wollen zurück in ihre alte Heimat, wenn sie dafür ihre Pensionsbeiträge zurückbekämen. Ja, warum soll das denn nicht möglich sein? Das hat freilich ein paar kleine Haken.
Die Vorarlberger Türken – sie sind dort neben Wien besonders zahlreich – fühlen sich in Österreich schlecht behandelt und nicht heimisch, sagen die Arbeiterkämmerer. Österreichische Spitzenpolitiker würden schlecht über die Türkei reden. Und Organisatoren (nicht angemeldeter!) Pro Erdogan-Demonstrationen würden von der Polizei verhört. Viele wollen daher weg.
Wenn sich jemand so fühlt, dann ist das einmal sein gutes Recht. Es hatten ja einst viele Auslandsdeutsche (und -österreicher, etwa Südtiroler) sogar in die Hitler-Diktatur übersiedeln wollen. Es muss sich ja nicht jeder Mensch nach einem Rechtsstaat und einer echten Demokratie sehnen.
Das vorgeschlagene Pensionsrückzahlungsangebot wäre auch für Österreich eine gute Lösung, weil ja die Pro-Erdogan- ebenso wie die Pro-Öcalan-Demonstrationen gezeigt haben, dass viele Türken geistig ganz offensichtlich nicht wirklich zu Österreichern geworden sind, dass die Integration bei vielen gescheitert ist.
Der Vorschlag ist aber auch deshalb für Österreich interessant, weil ja unter den hier lebenden Türken ein viel geringerer Prozentsatz arbeitstätig (also für Österreich hilfreich) ist, als unter dem Schnitt der autochthonen Österreicher oder der hier lebenden EU-Bürger. Weil die Arbeitslosigkeit in Österreich ohnedies ständig wächst. Weil die nach der EU-Ostöffnung neugekommenen Polen, Ungarn, Rumänen, Kroaten viel leichter in den Arbeitsmarkt integrierbar sind, dort als besser qualifiziert aufgenommen werden und viel rascher Deutsch lernen als die schon viel länger hier weilenden Türken.
Also sollte man den Vorschlag der Vorarlberger Türken-Fraktion durchaus konstruktiv und wohlwollend aufgreifen. Man sollte durchaus jedem, der es will, die Rückzahlung seiner an die Pensionsversicherung gegangenen Beiträge anbieten. Ganz abgesehen davon, dass jemand, der 15 Jahre in Österreich einbezahlt hat, ohnedies auch dann eine Pension bekommt, wenn er anderswo lebt.
Freilich dürften die wackeren türkischen Arbeiterkämmerer den pyramidenspielartigen Charakter des hiesigen Pensionssystems nicht ganz verstanden haben. Der Staat verspricht ja noch immer weit höhere Pensionszahlungen, als der valorisierten Summe der Beiträge entsprechen würde. Er verspricht vor allem (auf Beharren der SPÖ) einen weit früheren Pensionsantritt, als es der Lebenserwartung und Versicherungsmathematik entsprechen würde. Dabei wollen wir gar nicht davon reden, dass der Staat die eingezahlten und unzureichenden Pensionsversicherungsbeiträge ja nirgends angespart hat, sondern nur irgendwie hofft, künftige Generationen für die dadurch erworbenen Ansprüche zahlen lassen zu können.
Daher ist allerdings auch anzunehmen, dass nicht allzu viele Türken eine Umsetzung dieses Vorschlages wirklich annehmen würden. Viele würden spüren, dass das Leben in Österreich von der Gesundheitsversorgung bis zur Infrastruktur doch zehnmal besser ist als unter dem neuen Sultan. Dennoch sollte man den Vorschlag in seriöser Form machen.
Freilich, auch Österreich wird sich nicht nur freuen können. Denn höchstwahrscheinlich werden ein solches Angebot nur ein paar qualifizierte und dynamische Türken aufgreifen und kaum Bezieher einer Gratismindestsicherung. Die demonstrieren hier zwar für Erdogan, gehen aber sicher nicht weg.