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Von Erdogan bestellt?

Dem türkischen Machthaber Erdogan hätte nichts Besseres passieren können als dieser gescheiterte Putschversuch der letzten zwei Tage. Auch wenn man kein Anhänger von Verschwörungstheorien ist, mutet das alles schon sehr, sehr seltsam an.

Dennoch sollte man vorerst die – durchaus nicht unplausible – These beiseitelassen, Erdogan selber hätte über Umwege die unglaublich patschert agierenden, weder national noch international bekannten oder gar vernetzten Putschisten zu ihren Aktionen veranlasst. Zumindest solange es keine harten Beweise für diese Version des Ablaufes gibt.

Erdogan ist jetzt jedenfalls nach innen und außen massiv gestärkt. Dies vor allem deshalb, weil die Außenwelt in unzähligen Reaktionen den Putschversuch als Verstoß gegen Demokratie und Rechtsstaat verurteilt hat. Dabei ist freilich der Eindruck sehr stark, dass solche Reaktionen erst deutlicher geworden sind, als der Sieg Erdogans schon ziemlich sicher war. Vorher herrschte vielerorts angespanntes Schweigen. Gewiss ein Zufall, weil der Putsch ja erst am späten Abend begonnen hat – oderrr?

Das war keine Demokratie mehr

Aber ganz unabhängig von dieser Frage sind die internationalen Reaktionen heuchlerisch und inhaltlich falsch. Denn die Erdogan-Türkei ist schon seit längerem keine Demokratie und kein Rechtsstaat mehr. Auch ein gescheiterter Putschversuch sollte eigentlich von diesen Tatsachen nicht ablenken können.

Wahlen, vor denen zahlreiche kritische Journalisten und Zeitungen strafrechtlich verfolgt, durch polizeiliche Aktionen umgedreht werden, können nicht korrekt sein. Das sind keine demokratischen Parlamente mehr. Egal wie solche Wahlen dann ausgehen, egal, ob dann die reine Stimmauszählung korrekt abgelaufen sein mag. Ohne freie Medien, ohne korrektes und ausgewogenes Verhalten der Staatsmedien gibt es keine Wahlen und damit keine Demokratie.

Das ist die Türkei noch viel weniger, seit oppositionelle Abgeordnete nach der Reihe gerichtlich verfolgt und um ihr Mandat gebracht werden. Überdies gibt es starke Indizien, dass Erdogan den Aussöhnungskurs mit den Kurden abrupt abgebrochen und durch massive militärische Aktionen gegen die Minderheit substituiert hat, weil sie seinem totalitären Machtanspruch im Wege gestanden sind, weil er zur Absicherung seiner eigenen Macht einen Feind braucht.

Die Türkei ist auch deshalb kein Rechtsstaat, weil sie Gebiete außerhalb ihrer Grenzen als ihr Eigentum angesehen hat, in die sie beansprucht, jederzeit auch mit militärischen Aktionen eindringen zu können.

Aus all diesen Gründen ist es verlogen, feig und falsch, wenn die Außenwelt jetzt den türkischen Machthaber zum bedauernswerten Apostel von Demokratie und Rechtsstaat stempelt. Wie wenig Erdogan das ist, hat man schon am ersten Tag nach dem Putsch gesehen: Er ordnete massive Säuberungen unter der bisher noch weitgehend unabhängigen Justiz an.

Dem Regime kann nach dem Putsch weder die Justiz noch das Parlament mehr Widerstand leisten. Im Gegenteil: Der Machtanspruch Erdogans wird jetzt zu einer vaterländischen Pflicht für die Türken.

Er wird mit Sicherheit jetzt seine Pläne einer neuen Verfassung durchziehen. Er wird in der Armee jetzt problemlos nicht nur die Putschisten, sondern auch jeden in irgendeiner Weise als nicht tausendprozentig loyal angesehenen Offizier hinauswerfen lassen. Ähnlich wird Erdogan jetzt den ganzen Staatsapparat komplett unter totalitäre Kontrolle zu bringen versuchen.

Aber auch nach außen wird der Mann jetzt viel stärker auftreten. So hat er gleich die USA zur Auslieferung des angeblichen Masterminds der Putschisten, Gülen, aufgefordert. Freilich sind die USA ein Rechtsstaat und liefern prinzipiell keine politischen Aktivisten aus. So wie Europa.

Was die meisten Menschen nicht wissen: Das Wort „Asylrecht“ hat jahrelang nur das Recht jedes Staates bedeutet, politische Gegner irgendeiner anderen Regierung nicht ausliefern zu müssen. Was kaum etwas mit dem zu tun hat, was heute unter „Asylrecht“ verstanden wird.

Natürlich werden die USA Gülen nicht an Erdogan ausliefern. Das aber versetzt diesen in eine Position, wo er den USA ständig schlechtes Gewissen einreden kann. Er wird da sicher viel verlangen können, weil er ihnen ständig schlechtes Gewissen als angebliche Putschistenhelfer einjagen kann.

Noch einmal sei betont: es gibt keinerlei Beweis, dass Erdogan selber den Putsch gegen ihn inszeniert hat. Aber noch darf man ja denken was man will. Und da kommen einem ganz eigenartige Gedanken…

 

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