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Kennen Sie noch den Namen Werner Faymann? Acht Jahre hat der Mann zwei der mächtigsten Positionen Österreichs bekleidet. Seit seinem Abschuss als Bundeskanzler und SPÖ-Chef ist er jedoch absolut aus jeder Erwähnung im öffentlichen Leben verschwunden. Das erinnert lebhaft an das alte Rom, wo die Namen besonders verachteter oder verhasster Personen aus sämtlichen Annalen getilgt wurden, wo sämtliche Bildnisse und Inschriften mit dem Betreffenden zerstört wurden, wo es meist sogar peinlichst vermieden wurde, den Namen des einst Mächtigen auch nur zu erwähnen.
Ganz ähnlich im sowjetischen Kommunismus: Dort wurden gestürzte Männer der Führungsspitze sogar aus früheren Fotos wegretuschiert, wenn diese in Zeitungen verwendet wurden.
Für Faymann hat es nach seinem Rücktritt nur einen einzigen Tag lang noch halbwegs nette Erwähnungen in jenen Medien gegeben, die von ihm jahrelang mit Inseraten und Kooperationen aus Steuergeldern angefüttert worden waren. Ein einziger Kommentator meinte an jenem Tag, dass es für Faymann jetzt einen Posten in der EU geben sollte. Aber dann war es auch damit aus.
Der König ist tot, es lebe (nur noch) der neue König. Faymann hat einfach zu verschwinden, er wird peinlich weggeschwiegen.
Das ist charakterlos. Aber nicht nur die Medien agieren so. Auch die Partei, die der Mann lange geführt hat, wird immer brutaler mit ihren Geschöpfen. Wurde Viktor Klima noch bei VW (wo es ja eine politische Eigentümerbeteiligung aus Deutschland gibt) Richtung Südamerika, also weit weg, aber gut bezahlt entsorgt, so hat sich für Alfred Gusenbauer nur noch ein Hinterzimmer in der Arbeiterkammer gefunden. Deshalb hat sich dieser selbständig gemacht und begonnen, im Dienste dubioser zentralasiatischer Diktaturen gutes Geld zu verdienen.
Faymann hingegen ist jetzt arbeitslos und wird nirgends hin eingeladen. Er hat zwar von der Koalition – übrigens ohne einen ausreichenden Rechtstitel und im Widerspruch zu bisherigen Gepflogenheiten – so wie Heinz Fischer ein Büro auf Steuerkosten zugesagt bekommen. Aber man darf gespannt werden, ob Faymann jemals wieder einen Job finden wird.
Nun waren gewiss die Faymann-Jahre für Österreich katastrophal:
Dennoch musste Faymann nicht wegen dieses Totalversagens in Sachen Wirtschaft, Reformen und Außenpolitik oder wegen seines dubiosen Lebenslaufes gehen, sondern einzig und allein wegen der Stichwahl zur Präsidentenkür. Er wurde geopfert, damit die Linke doch noch die Präsidentenwahl gewinnt, wenn schon nicht mit dem durchgefallenen eigenen SPÖ-Kandidaten, so doch mit einem geistig engst mit der SPÖ verbundenen.
Der Schachzug hat knapp, aber doch funktioniert. Denn in das zum Zeitpunkt der Präsidentenwahl noch völlig leere Blatt namens Kern konnte jedermann seine eigenen Hoffnungen und Vorstellungen hineininterpretieren. Auch wenn sie völlig unterschiedlich von denen anderer Kern- und Van-der-Bellen-Fans waren. So landeten nach dem Prinzip Hoffnung etliche überhaupt nicht grün oder rot gesinnte Wähler an der Seite des grünen Kandidaten. Inzwischen wissen wir freilich: Geändert hat sich gar nichts. Bei Kern findet sich kein einziges der so notwendigen konkreten Reformprojekte.
Dennoch ist es auf der anderen Seite beschämend, wie sehr auch jene Medien, die Faymann jahrelang enthusiastisch und kritiklos den Weihrauch geschwungen haben, über Nacht dessen Existenz ausradiert haben. Dazu gehören alle jene Medien, die sich jahrelang durch Inserate bestechen haben lassen, und die jetzt aber nur noch auf Bestechung durch die nächste Partie bauen. Dazu gehören insbesondere auch ORF und „Wiener Zeitung“, deren Verhalten fast noch würdeloser ist.
Plötzlich waren dort Dinge zu vernehmen, die jahrelang vertuscht und beschönigt worden sind. Im Fernsehen konnte man etwa in einem kritischen Post-Mortem-Beitrag erfahren, wie schlecht die Wirtschaftsdaten sind, wie sehr der Standort abgestürzt ist, wie hoch die Arbeitslosigkeit ist. Und in der „Wiener Zeitung“ konnte man sogar wörtlich lesen: „Seit Christian Kern Amtsantritt als Bundeskanzler hat man auch in Österreich wieder das Gefühl, dass da ein Regierungschef die Probleme anpacken und nicht vor sich herschieben will.“
Ja, wo las oder hörte man denn das in den letzten Jahren, dass der Regierungschef die Probleme nicht anpackt? Ob sich die Menschen, die jetzt so formulieren, auch nur eine Sekunde in den Spiegel schauen können, nachdem sie jahrelang diesem System, das alles vor sich hergeschoben hat, eisern die Stange gehalten haben? Wann werden sie entdecken, dass ganz offensichtlich auch Kern kein einziges Problem dieses Landes anpackt? Dass er diese abgesehen von allgemeinem Geschwurbel nicht einmal zu definieren imstande ist? Auch erst nach dessen Abwahl?
PS: Für jene, die noch Latein kennen: Ein solcher Umgang, wie er jetzt mit Faymann stattfindet, wird auch Damnatio memoriae genannt.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.