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In den letzten Tagen hat so ziemlich jeder europäische Politiker Wortspenden zum britischen Referendum abgegeben. Wobei freilich außer zu jammern niemand etwas eingefallen ist (wenn man von den Juncker-Dummheiten absieht, den Briten zu drohen). Dennoch zeichnet sich inzwischen ein vernünftiger Weg in die Zukunft schon ziemlich deutlich ab. Auch wenn die ressentimentgeladene EU-Kommission jetzt sogar ganz private und unverbindliche Gespräche der Resteuropäer mit den Briten verbieten will. Auch wenn unsicher ist, ob ganz Europa diesen Weg auch gehen will.
Er würde in der Schaffung einer neuen europäischen Plattform bestehen, die neben, aber vor allem mit der EU existieren sollte. Auf dieser Plattform sollte im gegenseitigen Interesse möglichst eng und auf gleichberechtigter Augenhöhe vor allem wirtschaftlich zusammengearbeitet werden. Auf ihr sollte aber die für immer mehr Europäer zum Anstoß werdende Personenfreizügigkeit nicht mehr automatisch Pflicht sein.
Freilich kann das nicht heißen, dass der berühmte polnische Installateur nicht mehr nach Britannien darf, die Engländer aber weiterhin ihre Dienstleistungen (Versicherungen usw.) in Polen verkaufen können. Es müssten jedoch viele Formen des Missbrauchs von Freizügigkeit abgestellt werden.
Auf einer solchen Plattform, die es ja auch als „variable Geometrie“ oder „konzentrische Kreise“ immer schon im Nachdenken über Europa und in einigen Bereichen auch in der Realität gegeben hat, könnten die Briten wieder eng mit der EU kooperieren. Auf dieser Plattform könnten sich bald auch etliche andere Staaten einfinden. So etwa die Schweizer, deren Regierung ja ebenfalls durch ein Referendum verpflichtet worden ist, mit der EU einen Stopp der unbegrenzten Personenfreizügigkeit auszuhandeln.
Damit haben schon zwei ganz wichtige und wirtschaftlich vorbildliche europäische Länder in genau demselben Punkt das größte Problem mit der EU, die aber sonst weitgehend bei allem mitmachen wollen. Gleichzeitig ist es durchaus möglich, ja wahrscheinlich, dass sich auf dieser Plattform auch andere EU-Mitgliedsländer als Großbritannien einfinden werden, die dasselbe wollen: EU minus Personenfreizügigkeit.
Selbst wenn dieses Minus manchen Berufseuropäern schwer fällt, die ja ihren Lebensinhalt immer nur in einem Plus, in einem Mehr an EU gesehen haben, so sollte doch der klare demokratische Wille einzelner Völker respektiert werden. Das ist vor allem deshalb zu tun, weil die enge Verflechtung mit Großbritannien plus Schweiz (plus?) auch eindeutig im Interesse der jetzt gemeinsam herumjammernden Europäer liegt!
Diese Plattform kann freilich keine Konstruktion sein, in der GB und CH nach der Methode „Friss oder stirb“ nur ein Diktat aus Brüssel willenlos nachzuvollziehen haben. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum die Plattform-Länder nicht bei allen für sie zutreffenden Binnenmarktfragen, also vor allem bei Handel und den anderen drei Freiheiten, gleichberechtigt mitbestimmen sollten.
Der Exodus etlicher Länder aus der jetzigen EU Richtung dieser Plattform wird vor allem dann gewaltig sein, wenn Brüssel, Berlin (und auch Wien) ihre wahnwitzige Willkommenspolitik weiterbetreiben sollten.
Diese europäischen Fehlleistungen überschatten alles andere, was in Europa schief gelaufen ist. Wie das als einziges österreichisches Regierungsmitglied nach dem Brexit-Referendum Sebastian Kurz ungeschminkt klar gesagt hat.
Gewiss betrifft das Thema Freizügigkeit vor allem die Freizügigkeit der EU-Bürger selbst, sich innerhalb der Union völlig frei zu bewegen. Diese Freizügigkeit ist zwar lange nicht so dramatisch und gefährlich wie die Völkerwanderung. Sie hat aber auch viele Positiva gebracht. Dennoch ist es zu respektieren, wenn in den Augen vieler EU-Völker auch die EU-interne Migration zu Problemen führt.
So traurig es an sich angesichts der alten Vision eines völlig geeinten Europas auch ist, aber es wird in vielen EU-Ländern dazu kommen, dass eine wachsende Mehrheit gegen die offenen Grenzen für EU-Bürger ist, die keine vom jeweiligen Staat erteilte Arbeitsgenehmigung brauchen, um zu kommen und sich anzusiedeln. Dabei sollten durchaus Bürger dieser europäischen Plattform bei der Suche nach einer echten Arbeit vor Nicht-EU-Bürgern bevorzugt werden.
Man wird sehen, ob vor allem die tief gekränkte EU-Kommission zu einer solchen konstruktiven Lösung bereit ist oder ob sie weiter nur die Briten beschimpfen will. Oder ob in der EU wirklich jene die Oberhand behalten, die jetzt vor allem die Briten für ihre Unbotmäßigkeit strafen wollen. Die aber in Wahrheit auch alle anderen Europäern dabei mitbestrafen.
Natürlich gibt es auch noch andere Notwendigkeiten, wenn man Europa wieder zu einem positiven Begriff machen will. Zwei Dinge stehen dabei absolut an der Spitze:
Wenn auch auf diesen beiden Ebenen ein totales Umdenken einsetzen sollte, dann wird das EU-Europa wieder zu dem, was es einmal war, nämlich das tollste Projekt der Geschichte. Sehr groß sind meine Hoffnungen freilich nicht.