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Die Lügen hinter der Staatsverschuldung

Würden Firmen agieren wie die Republik, stünden sie wohl schon vor dem Strafrichter. Europas Staaten haben jedoch über ihre (angeblich unabhängigen) Notenbanken und deren Basel-Abkommen das Gegenteil dekretiert: Die Schulden von Staaten seien absolut sicher. (Nur!) Kredite an Staaten können von Banken ohne Eigenkapitalbindung vergeben werden. Hingegen wurde jeder Kredit an Unternehmen zunehmend erschwert.

Das ist absurd. Das ist auch die Ursache, dass – nicht nur in Österreich – die Staatsverschuldung so hemmungslos gewachsen ist.: Sie beträgt derzeit rund 85 Prozent. Vor zehn Jahren lag sie hingegen noch bei 60 Prozent – der Höchstgrenze dessen, was laut den (leider in Vergessenheit geratenen) Maastricht-Kriterien erlaubt wäre.

Aber selbst diese Prozentsätze sind eine krasse Beschönigung der Wahrheit. Denn sie sind nicht etwa Prozentsätze dessen, was der Staat einnimmt (also was er zur Bedeckung der Schulden verwenden kann), sondern des gesamten BIP. Dieses Bruttoinlandsprodukt besteht aber aus all unseren Leistungen, Löhnen und Pensionen, unseren Erträgen aus Unternehmen und Geldanlagen. Wenn der Staat sagt, dass er „nur“ zu 85 Prozent verschuldet wäre, dann geht er brutal davon aus, dass jeder Cent, den wir im Laufe eines Jahres verdienen, eigentlich ihm gehört. In der Antike dachten Sklavenhalter so.

Noch schlimmer ist die Optik auf die zeitliche Dynamik: In den letzten 35 Jahren hat sich das BIP mehr als vervierfacht, die Staatsschuld jedoch mehr als verzehnfacht - obwohl längst keine Wiederaufbaulasten mehr fällig waren.

Das ist verantwortungslos. Aber der Rest der Wahrheit ist noch ärger. Denn zu dieser Staatsverschuldung müssten auch – würde man ehrlich rechnen wie ein ordentlicher Kaufmann – alle Haftungen dazugerechnet werden, die der Staat eingegangen ist. Erst seit einem Jahr wissen wir dank der EU überhaupt erst, wieviel das überhaupt ist: Das sind weitere 26,5 Prozent des BIP. Dieser Wert ist fast Europarekord!

Gewiss, Haftungen werden nicht immer schlagend. Die Landes-Hypos etwa haben sie – bis auf jene aus Kärnten – deutlich abgebaut. Wenn auch nicht freiwillig: Denn die EU erlaubt seit zehn Jahren der öffentlichen Hand zum Glück keine neue Haftungen für Banken mehr (Könnte man nur überall die EU so loben!).

Dazu kommt, dass der Staat erfahrungsgemäß oft auch, ohne zu haften, einspringt: Wenn ein maroder Industriebetrieb das Argument „Arbeitsplätze“ vorbringt. Wenn Obstbauern durch Schnee und Frost eine Missernte droht.

Das Dickste zum Schluss: Das ist die auch in diesen Werten noch nicht einberechnete Haftung des Staates für die Renten. Er hat zwar längst die Pensionsbeiträge einer alternden Bevölkerung kassiert, aber keinerlei Rückstellungen gemacht, wie es jede Firma tun müsste. Berechnet man auch diese Verpflichtungen ein, dann liegt die Staatsverschuldung am BIP gemessen bei weit über 270 Prozent, in Relation zu den jährlichen Staatseinnahmen weit über 500 Prozent.

Ziemlich mutig, einem solchen Schuldner noch Geld zu borgen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“. - See more at: http://www.andreas-unterberger.at/2016/05/erpressung-oder-heie-luftij/?s=B%C3%B6rsen#sthash.YN9Vz77V.dpuf

 

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