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Das Hochhaus neben dem Wiener Konzerthaus wird nicht genehmigt. Das ist ein absoluter Triumph bürgergesellschaftlichen Engagements für die Schönheit der Stadt. Gratulation!
Wiens SPÖ und die Grünen haben ja jahrelang mit Volldampf auf dieses Projekt hingesteuert, das von einem millionenschweren Investor mit allen Mitteln verfochten worden ist. Freilich sind seit einigen Monaten die russischen und ukrainischen Oligarchen selten geworden, die sich dort ein Appartement leisten hätten können. Bis zu dieser Wende haben sich die Rathausparteien jedenfalls voll bereit gezeigt, sogar den Entzug des Weltkulturerbes in Kauf zu nehmen. So viel haben sie sich offensichtlich von dem Projekt erwartet.
Jetzt hat sich die Immobilen-Marktlage verändert. Jetzt hat aber auch die grüne Basis angesichts des massiven und erbitterten Bürgerprotestes kalte Füße bekommen und die Hochhaus-Anhängerin Vassilakou in die Knie gezwungen. ÖVP und Neos hingegen haben in Sachen Turm alles andere als eine rühmliche Rolle eingenommen, sodass man bei ihnen ähnliche üble Motivationen wie bei den beiden Rathausparteien vermuten musste (einige ÖVP-Bezirke ausgenommen). Nur die Freiheitlichen haben sich relativ klar dagegen ausgesprochen, wenngleich auch ihnen die Verhinderung des Baus nicht gerade oberstes Anliegen gewesen ist.
Auch bei vielen Wiener Medien ist kein Engagement zu finden gewesen. Sie sind in ihrer Positionierung offenbar fast nur noch durch Rathaus-Inserate und durch Erwartungen von Inseraten der Immobilienhaie gesteuert. Die Krone hat nun sogar die FPÖ wegen ihres Widerstands gegen das Hochhaus beschimpft (obwohl ganz Wien überzeugt ist, dass sich der verstorbene Hans Dichand ganz im Gegensatz dazu sogar an die Spitze des Kampfes gegen das Hochhaus gestellt hätte - so wie er einst etwa einst den viel niedrigeren "Leseturm" verhindern geholfen hat. Aber damals hatte die Krone noch eine hohe Auflage).
Besonders empörend war das Desinteresse der sogenannten Kulturszene. Diese ist ideologisch nur noch linksradikal und total von der Gier nach Subventionen beherrscht (wie auch gerade derzeit die peinlichen Unterschriftenaktionen für den Verbleib des Subventionsverteilers Ostermayer in der Regierung zeigen). An Kultur, Schönheit, dem historischen Erbe Wiens ist in dieser oberflächlich-eitlen Szene hingegen niemand mehr interessiert.
Umso mehr sind jene mutigen und unermüdlichen Wiener Kulturbürger vor den Vorhang zu holen, die tagtäglich gegen den schlimmsten Anschlag auf das Wiener Stadtbild seit Generationen gekämpft haben. An der Spitze sei der Name Waltraut Kupf genannt. Ein ganz klein wenig darf sich auch dieses Tagebuch den Erfolg zuguteschreiben, hat es doch als einziges Medium seit Jahren intensiv für die Verhinderung des Hochhauses gekämpft.
Freilich, höchste Vorsicht ist geboten: Jeder Sieg ist historisch gesehen nur ein Zwischenerfolg. Denn die profitgierigen Hochhaus-Haie werden nicht aufgeben. Und eine geldgierige Partei- und Rathauslandschaft wird auch weiterhin mit ihnen solange bei neuen Hochhausplänen „kooperieren“, bis der Bürgerprotest zu laut wird.
Es gibt nicht einmal eine Garantie, dass demnächst nicht für jene Grundstücke neben dem Konzerthaus wieder ein „neues“ Projekt eingereicht wird, das halt dann um fünf oder Zehn Meter niedriger ist. Das wäre ein ähnlicher Schmäh, wie wir ihn bei dem Türmen in Wien-Mitte miterleben mussten. Darauf deutet ja auch schon das merkwürdige Herumreden der grünen Vizebürgermeisterin bei der Absage an das vorliegende Projekt hin: Nun müsse eine "tragfähige Lösung" für das "hochsensible Areal" erarbeitet werden. Das ist im Politsprech alles andere als ein endgültiges Nein an eine Verschandelung der schon durch das Hotel beeinträchtigten Jugendstil-Umgebung Konzerthaus-Stadtpark. Sie redet auch in Zusammenhang mit dem Konzerthaus-Gelände gleich wieder davon, dass Wien Hotels bräuchte (obwohl in der Stadt ungefähr jede Woche ein neues eröffnet wird).
Wien bräuchte daher dringend ein Gesetz, am besten im Landesverfassungsrang, das jeden Hochhausbau innerhalb des Gürtels verbietet. So wie Ähnliches schon in fast allen wichtigen Metropolen Europas existiert.
Jenseits der Donau können sich die einschlägigen Geschäftemacher – zu denen ja auch die Architektenlobby zählt – ohnedies austoben, so viel sie wollen. Dort wollen sie nur viel weniger, weil dort keine so fetten Profite zu erzielen sind. Ästhetisch haben sie freilich noch überhaupt nichts zusammengebracht. Denn in ganz Wien gibt es mit internationalen Standards moderner Architektur nichts auch nur annähernd Vergleichbares. Lediglich die Wirtschafts-Universität im Prater ist da zu rühmen. Und die kommt ganz ohne Hochhäuser aus.